Unsere Highlights der Resort Kollektionen 2017 und die Frage, warum Zwischenkollektionen überhaupt existieren (müssen)

Resort-, Cruise-, Zwischenkollektion – viele Namen für ein Phänomen. Doch warum sind diese Mini-Kollektionen überhaupt so wichtig für die Modebranche? Wir zeigen unsere bisherigen Highlights.

Hunderte Streetstyle-Fotografen streifen vor den Fashion Week-Zelten auf und ab, auf der Suche nach dem besten Motiv, Promis präsentieren sich vor Modenschauen in Looks, die eigentlich erst eine halbe Stunde später auf dem Laufsteg gezeigt werden, unsere Instagram-Feeds werden von den Hashtags #pfw oder #fashionweek überschüttet. Dass bei dei den Modewochen eigentlich die neuen Designs für die kommende Saison gezeigt werden sollen – eigentlich doch Nebensache, oder?

Schon 2013 schrieb Suzy Menkes ihren heiß diskutierten Artikel „The Circus of Fashion„. Darin ging es vor allem um die Frage, wohin sich die Priorität in der Modebranche verschiebt: nämlich vor das Modezelt anstatt hinein:

The fuss around the shows now seems as important as what goes on inside the carefully guarded tents.

Was ohne all diesen „Fuss“ passiert, sieht man gerade anhand der Resort Kollektionen. Ohne Streetstyle-Getümmel, Instagram-Fotos, exzentrische Runway-Shows und herumreisende Fashion Influencer scheint auch die Mode fast nicht mehr zu existieren. Denn auf kaum einem Blog, einem Magazin oder online liest oder sieht man etwas von den sogenannten Zwischenkollektionen der Labels, die gerade still und fast schon etwas zu leise präsentiert werden.

Schade eigentlich, denn gerade diese scheinbaren Mini-Kollektionen, sind Entwürfe, nach der sich die ganze Modebranche für mehrere Monate richtet. Gerade diese kleine aber feine Auswahl überdauert in den Shops der Labels gut und gerne mal acht Monate und damit länger, als so manche Spring/Summer oder Fall/Winter Kollektion. Gerade diese Designs sind im Gegensatz zu den exzentrischen, kaum tragbaren Runway-Entwürfen, für den Endkonsumenten gemacht und zeigen daher das „wahre Gesicht“ eines Labels. Und gerade die Resort-Kollektionen zahlen die Gehälter der ganz großen Modelabels.

Doch Resort, was soll das eigentlich heißen? Zu Deutsch bedeutet das Wort „Zuflucht“. Und diese suchen die Reichen, Schönen und Adligen vor dem kalten Winter im warmen Süden. Die gezeigte Wintergarderobe von den Pariser Schauen? Unpassend an einem Ort wie St. Barth, den Seychellen oder den Malediven. Was soll man dort schließlich mit einem Pelzmantel? Die Designer – oder wahrscheinlich eher die finanziellen Berater der Luxuskonzerne – erkannten das Potenzial und die ersten Zwischenkollektionen, auch Cruise Collections (Cruise = Kreuzfahrt) waren geboren. Die begeisterten Kundinnen kauften die schon fast saisonunabhängige Mode (ich sage nur Bikini plus Trenchcoat, wenn das mal nicht wetterunabhängig ist, dann weiß ich auch nicht…) und die Kassen der Labels klingelten.

Auch, wenn es uns hier im kalten Deutschland nicht unpassender erscheinen könnte, sich jetzt die Resort Kollektionen (das Wort Cruise ist anscheinend nicht mehr hip in der Branche, man nennt das ganze jetzt Resort) mit flatternden Sommerkleidern, knappen Bikinis und offenen Sandalen anzuschauen, so darf man nicht vergessen, dass sich der Kundenstamm der Luxuslabels seit Jahrzehnten nicht verändert hat – bei den Preisen auch kein Wunder. Bedeutet also: Heute sind die Zwischenkollektionen noch genauso wichtig wie früher, denn die Leute, die das passende Kleingeld für die gezeigte Mode mitbringen, gehören anscheinend immer noch zum Jetset – und verbringen ihre Winter nicht wie wir, vor Kälte bibbernd, sondern mal auf dieser Yacht, mal auf der Insel, mal in der Großstadt. Und brauchen dafür eben eine vielseitige Garderobe.

Doch nur durch diesen Kundenstamm wäre der Erfolg der Nebensaison-Kollektionen immer noch nicht zu rechtfertigen. Wie schon oben angedeutet, finanzieren sich auch die Labels nicht durch die ausgefallenen Entwürfe, die wir bei den Runway-Highlights mit leuchtenden Augen anschmachten, sondern mit tragbarer Kleidung. Fragt ihr mich, dann kann ich das absolut verstehen: Hätte ich mal eben 1000 Euro zum Shoppen, ich würde mir eher einen klassischen Mantel kaufen als die Glitzer-Pumps. Das funkelnde Brimborium der Labels? Nur fürs Prestige. Geld wird eben mit der Kreuzfahrt, der Zuflucht oder auch dem Dazwischen verdient – und hier zeigen die Designer ihre Visionen, wie wir im Alltag ihre Mode trägen sollen/dürfen/müssen/können.

Resort-Kollektionen gibt es also schon lange und sie gehören mittlerweile zum festen und wichtigen Bestandteil der Modebranche. Was jedoch neu und eine bemerkenswerte Entwicklung der letzten beiden Saisons ist, ist das Timing. Warum werden die Kollektionen der verschiedenen Labels nicht auf einen Schlag in guter alter Fashion-Week-Manier präsentiert? Ganz einfach: Die Luxuslabels halten mittlerweile die produzierten Kollektionsfotos so lange wie möglich vor der Presse und der Öffentlichkeit geheim. Nur wenige Tage bevor die Teile dann auch wirklich in den Shops hängen, veröffentlichen die Labels die Resort-Kollektionen – das bringt vielleicht weniger mediale Präsenz, hat aber einen ganz großen Vorteil: Die Fast-Fashion Labels können die Entwürfe nicht kopieren, die Kunden sie dennoch gleich kaufen. Ein Schritt in Richtung „See Now Buy Now“.

Wenn wir uns jetzt also die Resort Kollektionen anschauen, dann bitte mit einem anderen Blick, als der, mit dem wir die Hauptsaisons betrachten. Man könnte auch sagen, sonst schauen wir uns die Kollektionen bei einem verklärt-romantischen Schaufensterbummel an, bei den Resort Kollektionen betreten wir aber den Laden und überlegen, was wir uns wirklich leisten würden.

Hier kommen sie also, unsere bisherigen Highlights der letzten Wochen:

Balenciaga

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Über die Bazar-Bag kann man sich streiten so viel man will, so ist das ja meist mit der Mode, sie ist sehr individuell und subjektiv. Worüber man allerdings nicht diskutieren kann, ist der enorme Erfolg der zwei Kollektionen, die Demna Gvasalia mittlerweile für das Label entworfen hat. Der Wiedererkennungswert bei seinen Designs ist groß: Akkurat geschnittene Anzüge mit Volumenspielen, ein bisschen Streetwear hier, klare Linien in Form von Streifen und Karo-Mustern da. Sehr gelungen, Monsieur Gvasalia, besonders die Taschen – Laundry Bag-Design hin oder her – haben mein Herz erobert. Und die Blazer – aber wem erzähle ich das hier, haben wir euch ja längst schon als Trend du JOUR vorgestellt. P.s. Vielleicht sind die Caps ja bald ein neuer Fall für unsere Trendwatch. Ich bin gespannt, welche Streetstyle-Ikone als erstes so eine Balenciaga-Kopfbedeckung trägt.

 

Céline

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Bien sûr, was wäre eine Favoritenliste ohne unser französisches Lieblingslabel Céline. Auch hier bekommt das Wort „Powerdressing“ eine ganz neue Bedeutung und irgendwie kann ich beim Anblick der Resort Kollektion den Ohrwurm „Dressed for Success“ von Roxette nicht mehr abstellen. Na, danke! Ansonsten zeigt Phoebe Philo aber mal wieder feinstes Gespür für den modernen Pariser Chic in Form von gerafften Ärmeln, perfekt platzierten Cut-Outs und zarten floralen Dessins. Auch cool: Overknees im Bikerboot-Design. Dagegen nicht ganz so mein Fall sind die nudefarbenen Pumps – obwohl Moment mal, den Trend kann man in Blau ganz leicht mit den berühmten Plastiküberziehern nachmachen. DIY gefällig?


Preen by Thornton Bregazzi

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Kommen wir zu meinem persönlichen Favoriten: Justin Thornton und Thea Bregazzi erfüllen aber auch sämtliche Träume in Sachen Rüschen, Rosa und Blumen. Besonders das pinke Kleid hat es mir angetan, da sehe ich mich doch glatt die Treppe von Schloss Sanssouci als Bundesprinzessin hinab schreiten. Der Posten ist schließlich noch frei, oder? Leider wäre ich aber nicht der erste Royal, der das Label für sich entdeckt hat, denn Herzogin Catherine trug letzten Monat ein rotes Kleid von Preen und löste damit einen echten Hype beim Label aus, dabei hatten die Designer selbst keine Ahnung vom königlichen Outfit. Aber jetzt mal ehrlich, wer will schon so ein „langweiliges“ rotes Kleid, wenn er die tollen transparenten und rüschigen Entwürfe der Resort Kollektion haben kann?


Proenza Schouler

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Außergewöhnlich bunt präsentiert sich dagegen Proenza Schouler. Farbenfroher Block-Strick, florale Prints und Maxi-Pailetten – ja, so könnte ich mir auch einen Urlaub in der Karibik vorstellen, man darf ja wohl noch träumen. Zurück in der Realität würde ich dann aber eher auf den graumelierten Business-Anzug mit Crop Flare zurückgreifen. Besondere Aufmerksamkeit verdient aber auch die Tasche mit Color-Blocking und auffälligen Ziernähten.


Stella McCartney

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Der bunte Stella-Zoo geht weiter: Ob Schwäne, Katzen, Pferde oder jetzt eben Hunde – das Label ist, nicht nur aufgrund der veganen und fairen Produktionsweise – sehr tierlieb. Ansonsten bleibt sich die Designerin treu und präsentiert in der Resort Kollektion viele potenzielle Lieblingsstücke wie das Jeanskleid, der feine Strick-Overall und zarte Spitzenkleider.

T by Alexander Wang

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Was bei Proenza Schouler in die ungewohnt bunte Richtung verlief, wird bei Alexander Wang überraschend zart. Eigentlich kennen wir die Hauptlinie des Labels Alexander Wang doch momentan eher punkig und rebellisch, während die Zweitlinie T by Alexander Wang mit hochwertigen Basics aufwartet. Bei der Resort Kollektion verwischen die Grenzen der beiden Linien jetzt aber und die Zweitlinie wird unerwartet modisch, I like! Mit dabei sind einige Wardrobe-Staples, wie eine weiße Jeansjacke, ein Anzug im Casual Chic und eine wunderschöne Bomberjacke in zartem Rosé.

The Row

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Mary-Kate und Ashley-Olsen waren DIE Teenie-Idole der 90er-Jahre. Allerspätestens mit diesem Lookbook wollen sie dieses Image jedoch ablegen. Das zeigt sich zum einen an der Auswahl der Models – eine von ihnen ist Frederique van der Wal, in den 80er-Jahren ein bekanntes Victorias Secret Model, sieht aber auch als fast 50-Jährige noch umwerfend aus – und an der Mode: schlichte Designs, zarte Negligé-Kleider und strenge Rollkragenpullover. Der perfekte zeitlose Abschluss unserer bisherigen Highlights der Zwischenkollektionen und ein stilles Statement gegen Fast Fashion.

 

Fotos: via Vogue.com

Von Marie

Der erste Satz, wenn mich Leute kennenlernen ist: „Das ist aber selten.“ Ja, ich bin ein seltenes Exemplar: Berliner Eltern, Berliner Blut, Berliner Göre. Tatsächlich bin ich so sehr mit der Hauptstadt verbunden, dass ich meinem Kiez in Schöneberg seit über 20 Jahren die Treue halte und noch nie von hier weggezogen bin – und auch nicht dran denke. Und obwohl wir Schöneberger zwar sehr viel von Bio-Supermärkten und esoterischen Edelsteinläden halten, gibt es hier auch das ganz große Mode-Paradies: das KaDeWe. Der Tempel des Shoppings und der Ersatzkindergarten für meine Eltern, sozusagen das Småland bei Ikea für mich (andere Kinder haben dort ihren ersten Wutanfall, ich schmiss mich in voller Rage im Atrium des KaDeWe auf den Boden und weigerte mich zu gehen). Kein Wunder also, dass Mode und ich nie wirklich Berührungsängste hatten.

Spätestens seit der Oberstufe, in der ich – dank Blair Waldorfs Inspiration aus Gossip Girl (ja, das war meine Serie zusammen mit Gilmore Girls) – die Schule nie ohne Haarreif, Fascinator oder eine gemusterte Strumpfhose betrat, hatte auch mein Umfeld begriffen: Marie macht was mit Mode. Und weil ich damit in meinem katholischen "Elite-Gymnasium" so ziemlich die Einzige war, suchte ich meine Verbündeten 2011 woanders: im Internet. Auf meinem Blog Style by Marie. Und so begann meine modische Laufbahn.

Noch mehr Gleichgesinnte und vor allem Freunde fand ich auf der Akademie für Mode & Design in Berlin, bei der ich 2013 meine Ausbildung in Modejournalismus und Medienkommunikation startete. Was für mich seit der 1. Klasse klar war, nämlich das Schreiben mein Ding ist, wurde jetzt zu meinem Beruf: Journalistin. (Denn ja Oma, es gibt noch etwas anderes als Modedesignerin). Dank meines Blogs und einem Praktikum bei der Harper’s Bazaar Germany in der Online-Redaktion blieb ich auch dem Internet und dem Online-Journalismus treu. Und ratet mal, wo ich jetzt bin: Genau, bei Journelles, dem Blogazine, was alle meine Leidenschaften verbindet: Bloggen, Schreiben, online sein – zusammen mit euch!

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.