Er war der König der Kurven und des Stretches, Bildhauer der Mode und für Naomi Campbell schlicht „Papa”. Am Samstag informierte die Fédération française de la couture in einer Mitteilung über den Tod des Pariser Designers mit tunesischen Wurzeln. Mit Azzedine Alaïa verlässt uns einer der letzten großen Couturiers.
Geboren 1940 in Tunesien, machte sich Alaïa bereits 1957, gerade einmal 17-jährig, auf den Weg ins Modemekka Paris. Er lernte bei den Modehäusern Dior, damals unter der Leitung von Yves Saint Laurent, Guy Laroche und schließlich bei Thierry Mugler, bevor er anfing, eigene Entwürfe zu schneidern. Für seine Kreationen, mit denen er in den Achtzigerjahren schließlich Weltruhm erlangte, hat Alaïa bei Dior die Liebe zu Frauen und bei Mugler die Lust zum Exzentrischen mitgenommen.
Unsere Lieblingslooks aus Azzedine Alaïas letzter Couture Kollektion für H/W 2017
Bei Azzedine Alaïa stand die Trägerin im Mittelpunkt seiner Entwürfe. Ihren Körper zu umgarnen war das Ziel seiner Mode – und traf in den hedonistischen Achtzigern auf eine Gesellschaft, die danach strebte, sich zu präsentieren. Es war außerdem die Zeit des Powerdressing und der starken Frauen. Mit seinen Entwürfen, die die Weiblichkeit und Stärke seiner Trägerinnen unterstrich, war Alaïa zur rechten Zeit mit den perfekten Entwürfen am rechten Ort. Seine hautengen, wie Schläuche die weiblichen Rundungen umschmeichelnden Kleider versteckten nichts. Wie angegossen schmiegten sich die stretchigen, ultrafemininen Entwürfe um die Körper der Frauen. Grace Jones wurde zu einem seiner ersten großen Fans und war gleichzeitig das beste Werbegesicht für Alaïas Kleider. Kaum eine Frau sorgte damals für mehr Aufsehen und hatte eine stärkere Aura als die androgyne Sängerin, Model und Schauspielerin aus Jamaika.
Diane von Fürstenberg
Eine besonders innige Beziehung hatte der Modeschöpfer allerdings bis zu seinem Tod mit dem Supermodel Naomi Campbell. Alaïa nahm sie zu Beginn ihrer Karriere unter seine Fittiche und ließ sie zeitweise sogar bei sich wohnen. Frauen, so scheint es, waren für Alaïa eine der wichtigsten Konstanten in seinem Leben und mit seiner Arbeit strebte er danach, sie noch begehrenswerter, noch schöner zu machen.
Gleichzeitig galt der gerade einmal 1,58 Meter kleine Mann als großer Rebel der Branche. Saisonkalender? Für ihn irrelevant. Trends? Folgte er nicht und setzte er keine. Marketingstrategien? Hatte ein Alaïa nicht nötig. Seine Kollektionen zeigte er in seinem Atelier, und zwar dann, wenn er sie für fertig erachtete. Seinem Stil blieb er bis zum Schluss treu und entwarf Mode abseits des Schauenkalenders und Modezirkus.
So trauerten Freunde und Wegbegleiter Alaïas in den sozialen Netzwerken:
Dem Erfolg tat dies keinen Abbruch. Zu seinen treuen Trägerinnen zählten Weltstars wie Madonna, Tina Turner, Lady Gaga und Rihanna, aber auch die ehemalige First Lady Michelle Obama, die Designerin Victoria Beckham und Skandalnudel Miley Cyrus. Seine Mode hatte kein Alter, sondern nur Klasse. Trotz des etwas kauzigen Verhaltens gegenüber der Industrie konnte man dem kleinen Mann mit dem Mao-Anzug jedoch eine große Portion Selbstironie und Witz nicht absprechen.
Nicht nur ein Mal inszenierte er seine geringe Körperhöhe neben den langgewachsenen Laufstegschönheiten und unterstrich mit diesen Bildern nicht zuletzt seine Bewunderung für tolle Frauen. Da können sich einige Männer eine ordentliche Portion von abschneiden. Zuviel Aufmerksamkeit war ohnehin etwas, auf das Alaïa gern verzichtete. Alle drei Ernennungen zum Ritter der französischen Ehrenlegion lehnte der Designer ab.
Er spielte eben nach seinen eigenen Regeln. Nur ein Ritual war Alaïa heilig: Das gemeinsame Mittagessen an einer großen Tafel, mit allen Mitarbeitern und Freunden in seinem Atelier in der Rue de Moussy im Marais. Wir werden diese zeitlose Konstante in der Modewelt, die Azzedine Alaïa war, sehr vermissen.
Wann, wenn nicht? In diese Lieblingsteile von Azzedine Alaïa würde ich investieren:
Bilder im Header: Instagram.com/azzedinealaiaofficial
Bilder im Artikel: via WWD