Die Möbel-Trends 2017/18: „Das Wohndesign ist nicht so schnelllebig wie die Mode“

Lexi war früher ihre Praktikantin, inzwischen ist Sandra Piske eine gefragte Wohn- und Design-Expertin – und weiß alles, über die neuen Möbeltrends

Sandra Piske war eine der Ersten, die ich in Berlin kennengelernt habe: Damals war ich ihre Praktikantin bei einer inzwischen eingestellten Zeitschrift namens IQstyle. Sandy hatte eisblonde Haare und einen kerzengeraden Pony – ich fand sie so cool!

Im Laufe der letzten Jahre hat sich die gebürtige Bochumerin als eine der besten Wohn- und Design-Journalistinnen des Landes etabliert und zu einem der am meisten gelesenen Artikel auf Journelles beigetragen: Original vs. Replika – der Eames Plastic Chair.

Dieses Mal wollten wir von ihr wissen: Was sind die Trends von den Möbelmessen in Köln und Mailand? Keine weiß das besser, als sie!

Liebe Sandra, du warst vor kurzem erst wieder auf sämtlichen Möbelmessen unterwegs. Welcher Trend ist dir sofort ins Auge gestochen?

Das Design ist ein Spiegel von dem, was in der Welt los ist. Unsere Zeit wird von vielen als unsicher empfunden. Deswegen erhält das Zuhause einen besonderen Stellenwert. Es muss dort komfortabel und angenehm sein.

Das zeigt sich in natürlichen Materialien bzw. High-Tech-Stoffen, die im Look natürlicher Materialien daher kommen. Aber auch in Referenzen an ein „einfacheres“ Leben. An vielen Möbeln ist Flechtwerk, Strick oder der Einsatz von anspruchsvoller Handwerkskunst  zu sehen.

Welche internationale Möbelmesse ist für dich die am meisten spannende und warum?

Die wichtigste Messe ist der Mailänder Salone del Mobile. Die Designtradition der italienischen Labels reicht weit zurück. Hier gibt es ein unglaubliches Spektrum an Herstellern aus dem Bereich. Mailand ist einfach der internationale Szenetreff.

Welche Marken und Designer geben gerade deiner Meinung nach die wichtigsten Trends vor?

In den letzten Jahren haben die skandinavischen Labels mit ihrer freundlichen, unkomplizierten, hellen und naturverbundenen Art viele Fans gefunden. Nicht nur bei Möbeln, sondern auch in der Kulinarik und in der Mode. Dort gehören Marken wie &tradition, Muuto oder Hay zu den Pionieren, die die langjährige Designtradition des Landes auf ein neues Level gehoben und dafür viel Aufmerksamkeit erlangt haben.

Compile Shelving System Cecilie Manz für Muuto (Foto: muuto.com)
Palette Table JH6 by Jaime Hayon für &tradition (Foto: andtradition.com)

Was ist eigentlich mit Deutschland: An welchem deutschen Designer oder Marke kommt man deiner Meinung nicht vorbei?

Die größten Namen sind Konstantin Grcic und Stefan Diez aus München sowie Werner Aisslinger aus Berlin. Sie arbeiten für internationale Firmen, aber auch für deutsche Hersteller wie e15, COR und Interlübke. Auch Sebastian Herkner macht tolle Sachen – u.a. für ClassiCon.

Stefan Diez: Houdini Chair für e15 (Foto: diezoffice.com)
Sebastian Herkner: Caribe für Ames Sala (Foto: sebastianherkner.com)

Wie kaufst du am liebsten Möbel und warum: im Geschäft oder online? Was sind die Vor- und Nachteile?

Es kommt drauf an. Ein Sofa würde ich immer im Geschäft probesitzen wollen. Wie bequem ein Möbelstück ist, kann man im Internet einfach nicht erahnen. Ich würde auch immer wissen wollen, wie sich ein Stoff anfühlt. Ob er schön angenehm ist oder vielleicht ein bisschen kratzt.

Bei Leuchten wäre mir immer wichtig zu sehen, wie das Licht wirklich aussieht. Vor allem, wenn der Leuchtkörper integriert und nicht austauschbar ist.

Produkte, die man kennt oder Accessoires würde ich ohne Bedenken im Netz shoppen.

Samt, Roségold und Marmor waren die großen Interior-Themen in der letzten Zeit. Was kommt als nächstes?

Das Wohndesign ist nicht so schnelllebig wie die Mode. Alle diese Trends sind immer noch aktuell. Ich habe auf der Mailänder Messe viele ungewöhnliche Materialkombinationen entdeckt, etwa Kork mit Holz oder Kunststoff mit Polsterstoffen. Das ist ein großes Thema.

Außerdem wird das Design immer individueller. So viele Optionen bei Stoffen, Farben, Ausführungen und Nutzungsmöglichkeiten wie jetzt gab es noch nie.

In welchen Designklassiker würdest du jetzt am liebsten investieren?

Eine der für mich schönsten Kollektionen der letzten Jahre ist die Neuauflage von Jean Prouvés „Standard“-Stühlen aus den Dreißiger bzw. Fünfziger Jahren durch Vitra. Auch hier spielt das Thema Materialkombination – nämlich Holz und Metall – eine Rolle. Außerdem sind die Stühle in einer unglaublich schönen Farbpalette erhältlich.

Standard Chair by Jean Prouvé, 1934/1950 (Foto: Vitra)

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Laut Pantone wird ja Grün die Trendfarbe 2017. Wie beurteilst du solche Farbtrends und kann sich Grün deiner Meinung nach wirklich durchsetzen? Wenn ja, in welchem Bereich?

Die Farbe des Jahres heißt „Greenery“ und ist schon ein ziemlich intensiver Ton. Das setzt sich wohl eher bei Accessoires durch, die nach einiger Zeit auch wieder in der Schublade verschwinden. Grundsätzlich sind helle, freundliche und auch farbenfrohe Töne aber überall zu sehen. Da ziehen sogar Aprikottöne ins Büro ein.

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Bei dem Stichwort "Interior" denken immer alle an ein schönes Wohnzimmer. Welcher Bereich im Haus oder in einer Wohnung wird deiner Meinung nach am meisten vernachlässigt?

Es gibt Designlösungen für das ganze Haus – sogar für den Keller und die Garage. Bereiche, in die kein Besuch gelangt, drohen aber wohl am meisten vernachlässigt zu werden. Mir ist es eigentlich ganz sympathisch wenn nicht alles bis in den letzten Winkel durchgestylt ist.

Welche Anschaffung oder Deko-Idee kommt dir persönlich 2017 ins Haus?

Ich habe von meiner Oma einen sehr schönen Armlehnenstul mit Wiener Geflecht geerbt, der bisher im Keller stand. Den würde ich mir in diesem Jahr gerne schön aufarbeiten und polstern lassen.

S 32 Chair Design Marcel Breuer, künstlerisches Urheberrecht Mart Stam, 1929/30 (Foto: Thonet)

Vielen Dank für das Interview, liebe Sandy!

(Fotos im Header: Sandra Piske, Sebastian Herkner, Kvadrat, & Tradition, Vitra)

Von Alexa

Ich liebe schreiben, bloggen und schöne Dinge zu entwerfen, also mache ich all das.

Als Journalistin habe ich für Magazine und Zeitungen wie Business Punk, Fräulein, Gala, FTD/how to spend it, Instyle, Lufthansa Magazin, Stern, Tagesspiegel, Vanity Fair und zitty gearbeitet. Meine Online-Erfahrungen habe ich u.a. Stylebook und styleproofed gesammelt. Mein Blog heißt Alexa Peng, mein Schmuck-Label vonhey. Ich komme aus dem Rheinland und bin in einem Dorf am Waldesrand aufgewachsen, wo nur einmal in der Stunde ein Bus fuhr. Da muss man sich was einfallen lassen, um sich nicht zu langweilen. Meine Tante hatte in der Stadt eine Boutique und einen Schrank voller Kleider, Schuhe und Taschen, mit denen wir Kinder verkleiden spielen durften. Wir haben Modenschauen im Hobbykeller veranstaltet und die ganze Nachbarschaft eingeladen. Dass ich mal was mit Mode machen würde, war also klar. Nach dem Abi habe ich an der AMD in Hamburg Mode-Journalismus studiert und später an der UdK in Berlin einen Master of Arts in Kulturjournalismus gemacht. In Zukunft will ich mein Label weiteraufbauen, die Welt sehen und gute Geschichten schreiben.

(Foto: Sandra Semburg)

Kommentare (6) anzeigen

6 Antworten auf „Die Möbel-Trends 2017/18: „Das Wohndesign ist nicht so schnelllebig wie die Mode““

Sorry…kann es mir auch nicht verkneifen aber es heißt doch nicht „die am meisten spannende“ sondern einfach „die spannendste“ oder ?

Vielen Dank für das Interview mit Sandra über Möbel Trends 2018. Ich habe auch von meiner Oma einen Armlehnenstuhl mit Wiener Geflecht geerbt. Ich denke, dass ich kenne, über welchen Stuhl Sandra gesprochen hat. Ich habe ihn in Polsterei polstern gelassen und er mischt jetzt wirklich gut mit meinem Minimalisch-Stil-Wohnzimmer.

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.