JOURgarderobe: Closet Diary mit Julia Carevic, Modejournalistin

Zu kitschig? Zu ueppig? Gibts nicht bei Julia!

Auf der langen und steinigen Suche nach neuen tollen Closet-Diary-Kandidatinnen haben wir erst vor einigen Monaten Julia Carevic und ihr cooles Gespür für Mode entdeckt.

Die Frankfurterin ist nicht nur eine fleißige Multitaskerin, studiert Online-Journalismus, schreibt als freie Autorin über Mode, Beauty und Kultur und führt ihren eigenen Modeblog Deuxjournals, sondern hat bereits einen Bachelor in Buchwissenschaften und Kunstgeschichte in der Tasche. In der Vergangenheit absolvierte sie Praktika in den Redaktionen der Grazia sowie L’Officiel Germany und Achtung Mode.

Julia schafft es, Modernität zu transportieren, ohne dabei jedem Trend blind hinterher zu jagen. Sie liebt Mode, Geschichten und Kunst. Und genau das sieht man auch auf ihrem Instagram-Kanal und ihren Bildern, die zwar hauptsächlich Outfits zeigen, aber vor allem von einer großen Leidenschaft erzählen: dem Spiel mit verschiedenen Stilen und der eigenen Persönlichkeit.

Zu kitschig? Zu ulkig? Gibt’s nicht bei Julia! Ganz im Gegenteil:

Julia Carevic (@juliacarevic) auf Instagram:

MONTAG

Neulich habe ich mir meine alten Fotos angeschaut und fand ein Bild, auf dem ich eine rote Baskenmütze trug. Ich war mir ganz sicher, diese unbedingt auch heute tragen zu müssen, dieses Mal zur karierten Hose und weißen Spitzenbluse. Im Nachhinein weiß ich nicht, ob es eine gute Entscheidung war, aber so ist das nun ein mal mit der Mode: Manchmal ziehe ich etwas aus dem Kleiderschrank und fühle mich unfassbar wohl, wenige Zeit später hinterfrage ich meine modische Wahl. Ja, vielleicht hätte es auch ohne Mütze funktioniert, aber schließlich ist ja auch erst Montag und somit ist noch Luft nach oben. Ich treffe mich mit meiner Freundin und Bachelor-Arbeitspartnerin Anny, um einige Stunden an unserem Konzept zu tüfteln und gelegentlich Lebkuchen zu snacken (ja, im November!) bis wir die Schüssel beschämt an den Tischrand schieben.

Am späten Nachmittag setze ich mich in den Zug und besuche meinen Vater in Mainz. Während der Fahrt lese ich Benedict Wells‘ „Die Wahrheit über das Lügen“. Das Buch habe ich mir zuvor von Anny ausgeliehen und es ist dank Kurzgeschichten auch ein wunderbarer Zeitvertreib für weniger lange Zugfahrten.

Mantel: H&M, Bluse: Intropia (ähnlich hier), Hose: Asos, Schuhe: Vagabond

DIENSTAG

Mit 14 habe ich nie verstanden, wie Frauen eine Leidenschaft für Taschen entwickeln können. Ich besaß einen schwarzen Eastpak-Rucksack, auf dem ich die Fußballprofis meines Lieblingsvereins mit einem weißen Edding unterschreiben ließ. Zwei Jahre später folgte ein schwarzer Shopper, auf dem eine bunte Illustration einer sehr dünnen Frau in schicken Klamotten und einem Pudel an der Leine prangte. Ich ließ sie stolz am rechten Arm baumeln, unter den linken hatte ich einen dicken Aktenordner geklemmt. Mit Anfang 20 hatten sich bereits einige Taschen angesammelt und ich hatte mich zu so etwas wie einer selbst ernannten „Taschen-Lady“ entwickelt. Vor kurzem dann schaute ich mir meine Sammlung ernüchtert an und sortierte den Großteil aus. Das führte einerseits dazu, dass ich mich tatsächlich ziemlich befreit fühlte, andererseits eben auch dazu, dass ich ständig dieselben Taschen trage. Macht aber nichts, schließlich habe ich sie alle gern.

Heute führe ich also das hübsche Modell von Baum und Pferdgarten aus, das zu meinen herrlich kitschigen Ohrringen passt. An diesem Dienstag würde ich gerne Blumen kaufen, hole mir stattdessen aber nur eine Brezel auf die Hand und schleiche zurück an den Schreibtisch – natürlich nicht, ohne zu trödeln und doch nochmal auf die Blumen zu schielen.

Blazer (ähnlich hier), Hose und Schuhe (ähnlich hier): H&M, T-Shirt: Custommade (ähnlich hier), Tasche: Baum und Pferdgarten (ähnlich hier), Ohrringe: Etsy (ähnlich hier)

MITTWOCH

Ich habe nicht sonderlich viel Ahnung von Beauty, habe aber wohl gelernt, dass Augenringe etwas sind, das man im besten Falle mit kalten Löffeln und Masken behandelt oder aber einfach ganz versteckt. Ich habe mich für Letzteres entschieden und mein Hab und Gut nach der größten Sonnenbrille durchsucht. Dieses dunkelrote Exemplar erinnert ein wenig an eine Mischung aus schrulliger alter Dame und Gucci, ist dabei allerdings aus einem Asos-Sale des vergangenen Frühlings. Sollte ich die Sonnenbrille heute doch ein mal absetzen, lenkt mein grüner all-over Look bestimmt genügend ab – auf die Augenringe wird heute also ganz sicher niemand mehr achten.

Am Nachmittag fühle ich mich schließlich doch noch ein bisschen wichtig, denn ich verbringe nicht nur Zeit mit meiner Bachelorarbeit, sondern telefoniere auch mit einem eventuellen Auftraggeber und spreche mit ihm über kommende Aufgaben.

Mantel: Weekday (ähnlich hier), Hose (ähnlich hier) und Pulli (ähnlich hier): H&M, Sonnenbrille: Asos (ähnlich hier), Tasche: Zara (ähnlich hier), Schuhe: Selected (ähnlich hier)

DONNERSTAG

Der Sommer ist vorbei, natürlich! Ein bisschen möchte ich aber noch an ihm festhalten und hänge in Gedanken meinem Urlaub bei meiner kroatischen Familie hinterher. Als Hommage an meine Cousine, die in Kindheitstagen oftmals Blusen mit Spitze und Rüschen trug, trage ich heute eine ähnliche weiße Bluse, die ich in die Jeans stecke, da sie sonst wie ein Trapez absteht. Weil es aber eben doch ohne Jacke viel zu kalt ist, werfe ich mir meinen riesigen Mantel um (würde ich ihn nicht mit aller Kraft um meine Schultern werfen, würde ich ihn wohl kaum nach oben hieven können, so schwer ist er). Er erinnert mich an diese Tanten, die nach zu viel Parfüm riechen, und stelle fest, dass auch ich ein mal diese Tante sein werde, bei der Kinder ihre Nase rümpfen, wenn sie sie umarmen müssen.

Auch an diesem trüben Donnerstag verbringe ich meine Zeit, außer bei einer kurzen Kaffeepause, gemeinsam mit Anny und unserer Bachelorarbeit am Schreibtisch – langweilig, ich weiß, aber das Wochenende naht!

Mantel: Weekday (ähnlich hier), Bluse: H&M (ähnlich hier), Jeans: Levi’s, Loafer: Vagabond (ähnlich hier),Zara (ähnlich hier), Sonnenbrille: & Other Stories (ähnlich hier)

FREITAG

Als ich Anfang 20 war, habe ich sämtliche Hosen aus meinem Kleiderschrank verbannt und trug stattdessen jede Menge Kleider. Da wusste ich noch nicht, wie bequem Stoffhosen sind und dass es nicht immer gleich bedeutet, einen Nadelstreifenanzug tragen zu müssen. Nachdem mir also über viele Jahre vermutlich großartige Hosen durch die Lappen gingen, hole ich derzeit ein bisschen etwas auf und führe heute eines meiner aktuell liebsten Modelle in Frankfurt aus – quasi als Belohnung für die Arbeit, die ich auf den Nachmittag verschoben habe. In Frankfurt gibt es nicht nur Postkarten, auf denen in Großbuchstaben „Mainhatten“ prangt (wenn ich sie sehe, ist es mir immer ein bisschen peinlich), sondern auch 1A Kaffee und jede Menge Museen.

Blazer: Zara (ähnlich hier), Pulli: H&M (ähnlich hier), Hose: Samsoe & Samsoe, Tasche: Loéil (ähnlich hier), Schuhe: Selected (ähnlich hier), Sonnenbrille: & Other Stories (ähnlich hier)

SAMSTAG

Mit dem lange Schlafen ist das ja immer so eine Sache: Einerseits finde ich es großartig, einfach mal ewig im Bett zu liegen und auszunutzen, dass die Krabbelstube neben unserem Schlafzimmer am Wochenende zu hat. Andererseits ärgere ich mich immer, dass dann schon so viel vom Tag weg ist. Egal, gleich gibt es erstmal etwas zu essen. Und weil aus mir partout kein Brunch-Mensch werden will, gibt es ein spätes Frühstück, klassisch mit Brötchen und Kaffee, natürlich im Schlafanzug. Den tausche ich am Mittag gegen Hose und kitschige Spitzenbluse, einfach so, weil ich Lust drauf habe und tatsächlich noch ein mal vor die Tür gehe. Abends schlüpfe ich in ein geblümtes Maxi-Kleid, das ich leider nicht bildlich festgehalten habe und fahre zu einer WG-Party. Um 01:30 Uhr stelle ich fest, dass Wein nicht nur betrunken, sondern auch ziemlich müde macht, und fahre nach Hause.

Bluse: Edited, Hose: H&M, Schuhe: Vagabond, Tasche: Baum und Pferdgarten (ähnlich hier)

SONNTAG

Manchmal hätte ich gerne mehr Drama. Natürlich nur in modischer Hinsicht, tatsächliche Dramen sind mir zu anstrengend. Bevor ich mich an knallige Farben wie Pink und Gelb wage, taste ich mich langsam mit Schulterpolstern an eine, mir noch etwas verborgene Welt, heran. Meine Vorliebe für wattierte Schultern reicht mittlerweile so weit, dass ich nur noch einen Blazer ohne Polster besitze und für die Exemplare des 80er Jahre Power Dressings schwärme. Meine Version ist wohl noch etwas zu spießig, vor allem in der merkwürdigen Pfadfinder-Business-Man-Kombination, dafür hat sie aber einen schönen langen Schnitt und ein leichtes Karomuster. Eigentlich hätte ich heute lieber ein Sonntagskleid getragen, weil es bequemer ist und somit mehr Kuchen zulässt, aber leider liegt es seit gestern im Wäschekorb. In Gedanken notiere ich mir, bei nächster Gelegenheit ein weiteres Maxikleid zuzulegen.

Blazer: Gestuz (ähnlich hier), Jeans: Levi’s, Hemd: & Other Stories, Schuhe: Vagabond (ähnlich hier), Tasche: Loéil (ähnlich hier), Bandana: Levi’s, Sonnenbrille: H&M (ähnlich hier)

Einleitung: Alexandra Kutek

Fotos: Angelika Watta

Kommentare (27) anzeigen

27 Antworten auf „JOURgarderobe: Closet Diary mit Julia Carevic, Modejournalistin“

Hinreißend geschrieben, bin sehr begeistert. Modisch spricht mich der Freitag an und natürlich die großartigen Kirschohrringe.

Großartig geschrieben, sie wirkt so sympathisch, dass man sofort mit ihr befreundet sein und einen Wein trinken möchte.
Outfits find ich auch super, auch wenn sie mir zum selber tragen etwas zu doll sind.

Wunderschöne Outfits an einer wunderschönen und noch viel wichtiger ganz großartigen Frau! Ich bin so unendlich stolz und erfreue mich jedes Mal wieder an deinem erfrischenden Schreibstil. Danke, dass du dein Leben auch auf diese Art mit mir teilst!
Kaffee mit Julia ist immer eine super Idee!!!

TOLL!
Ich liebe Closet Diarys von „normalen“ Frauen die einen guten Mix aus Designer und HighStreet machen.
Daraus kann ich immer mehr Inspiration ziehen wie bei Diarys deren Looks gesamt gefühlt ein kleiner Neuwagen sind.

Danke dafür <3

Allerliebsten Dank liebe Julia! Ich freue mich gerade riesig über deinen Kommentar (und darüber, dass es hoffentlich ein bisschen inspirierend ist, das kann ich nämlich manchmal selbst gar nicht glauben, wenn es jemand sagt 😀 )

Total schön, ich verliebt!Würde ich alles so tragen und natürlich brauche ich jetzt sofort weiße Schuhe.

Kann mich nur anschließen:
Vielen Dank für dieses tolle Closed Diary! Authentische, coole Outfits von einer ebenso authentisch coolen Frau! Für mich das absolute Gegenteil zur Hermès-Katastrophe vor zwei Wochen, gerade auch weil Julia in ihren Texten so eine sympathische Selbstironie zeigt 🙂

Wow was für ein sympathisches Diary! Mir gefällt (wie den anderen auch) der Mix aus Designer und HighStreet und auch der Text ist super ansprechend! Für mich „Normalo-Frau“ total inspirierend, wie man auch ohne ein Vermögen auszugeben, toll und inspirierend gekleidet sein kann. Deinen Blog, liebe Julia, habe ich auch mit Freuden angeklickt und beim Artikel vom Sommer in Berlin hast du mich richtig gepackt! Mach so weiter! 🙂

Liebste Celeste, da ist mir gerade ganz warm ums Herz geworden, als du schriebst, dass du etwas auf meinem Blog gelesen hast. Tausend Dank für deine wunderbaren Worte :))

Super sympathisch geschrieben und tolle inspirierende Outfits. Ich motte direkt wieder meine weiße Spitzenbluse aus den Sommersachen raus.

„Um 01:30 Uhr stelle ich fest, dass Wein nicht nur betrunken, sondern auch ziemlich müde macht, und fahre nach Hause.“
– relatable !

Ich kommentiere hier zum ersten Mal aber bei so einem wunderbaren Closet Diary kann ich gar nichts anders. Ich freue mich über so elegante, aber gleichzeitig einfache und wandelbare Kombinationen. Und es ist so erfrischend zu sehen, dass einzelne Stücke (wie Taschen und Schuhe) wiederholt auftauchen.
Dann noch der sympathische Schreibstil dazu – ach ich bin ganz begeistert!

Oh, wie wunderbar sympathisch geschrieben. Obwohl es vielleicht etwas weniger durchgestylte Outfits sind, war dies eines der besten CD! Super!

Ich kann mich nur anschließen! Tolle Frau, super Style und großartige Schreibe! Grüße aus FFm!

Ihr Lieben,
ich würde furchtbar gerne jedem einzelnen antworten und mit ellenlangen Dankesreden überschütten, weil ihr einfach alle so unfassbar lieb seid. Damit habe ich wirklich gar nicht gerechnet – um ehrlich zu sein, war ich sogar ganz schön nervös. Weil ich aber das liebe Journelles-Team nicht mit meinen ewigen Kommentaren nerven mag, versuche ich mich hier an einem längeren Kommentar und hoffe, dass ihn vielleicht noch jemand von euch sieht. Ich freue mich noch immer riesig und bin ganz überwältigt <3

Liebe Julia, danke für dieses tolle Closet Diary. Ich war seit langem wieder sehr begeistert, sowohl was die Auswahl der Bilder als auch der Outfitwahl angeht. Dein Text ist äusserst sympatisch und hinreisend geschrieben.
Deinen Blog habe ich abonniert und bei Instagram hast du jetzt auch einen follower mehr
Ganz viel Liebe

Liebste Julia. Kann mich allen nur anschließen. Mega sypmathisch, du und dein CD und klasse Outfits… JA, auch die rote Baskenmütze am Montag!!! Ohne die wäre es längst nicht so aufregend schön. 🙂 Bitte noch eine Frage: Woher stammen die goldenen Ohrringe vom Freitag? Die hätte ich ja auch furchtbar gern. <3 LG, Elli

Das erste was mir einfällt ist: autentisch.
Das zweite: erfrischend.
Das dritte: Gott sei Dank, es gibt noch „echte Frauen“ in der Modewelt.
Ich iebe dieses CD.
Dankeeee liebe Julia 🙂

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.