„Ich bin Schauspielerin geworden, um Schauspielerin zu sein und nicht, um auf Instagram berühmt zu werden“ – Hannah Herzsprung im Interview über ihren Weg in der Filmbranche

In ihrem neuen Kinofilm steht sie gemeinsam mit Karoline Herfurth und Frederick Lau vor der Kamera

Es dauert genau zwei Sekunden, bis wir uns duzen. Es geht auch nicht anders. Hannah Herzsprung ist kein Mensch, den man lange siezen kann, weil alles an ihr so herzlich und vertraut wirkt. Ein zartes Persönchen mit einer weniger überraschend zarten Stimme. Es dauert keine weitere Minute, bis wir kichernd auf dem Sofa sitzen, über Hannahs Geschichten lachen und sich eine halbe Stunde wie fünf Minuten anfühlen. Als sei man mit einer guten Bekannten zum Kaffee verabredet.

Wir treffen Hannah in Berlin zum Start ihres neuen Kinofilms „Sweethearts“ – eine romantische Action-Komödie, in der sie eine allein erziehende Mutter spielt, die einen Raubüberfall begeht. Mel ist hart, forsch und kriminell – völlig anders, als man sich Hannah im echten Leben vorstellt. Die deutsche Schauspielerin ist 37 Jahre alt, und es ist viel passiert, seit sie mit ihrem ersten großen Film „Vier Minuten“ 2007 ihren Durchbruch erlangt hat.

Hannah ist die Tochter von Bernd Herzsprung, dem berühmten Schauspieler. Aber nicht dank ihm, ist sie es ebenfalls geworden. Im Interview erzählt sie uns von ihrem Weg in der Filmbranche.

Hi Hannah, herzlichen Glückwunsch zu deinem neuen Kinofilm „Sweethearts“! Alle sprechen von der männerdominierten Filmszene. In „Sweethearts“ stehen vor allem Frauen im Vordergrund – über die Regie bis zu den Hauptrollen. Klingt nach Frauenpower.

Stimmt. Wobei das gar nicht entscheidend war. Wir wollten einen tollen Film machen – und da ist das Geschlecht unwichtig.

Karoline Herfurth hat neben dir und Frederick Lau die Hauptrolle gespielt und dabei die Regie übernommen. Multitasking pur, oder?

Das war irre. Ich hatte nie das Gefühl, während ich mit Karo gespielt habe, dass sie mich als Regisseurin beobachtet. Sie hat die Szene beendet und mir dann ganz klare Regieanweisungen gegeben. Karo ist eine aufmerksame, herzliche Person, schätzt das Team und alle, die sie unterstützen. Wahnsinn, wie sie das alles gewuppt hat.

Ihr beide kennt euch schon länger; habt gemeinsam im Film „Traumfrauen“ mitgespielt.

Ja, es ist toll, mit jemanden zusammenzuarbeiten, den man seit Jahren bewundert und kennt. Es war wahnsinnig schön, aber auch sehr konzentriert und professionell – da sind sich Karo und ich ähnlich.

Was hat dich an dem Film besonders gereizt?

Der Aspekt der Freundschaft: dass Menschen mit verschiedenen Charakteren Freunde werden. Denn so spielt das Leben. Die absurdesten Situation führen zu einzigartigen Begegnungen und eben auch Freundschaften.

Deine Rolle, die allein erziehende Mutter Mel, begeht einen Raubüberfall, um sich und ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen. Hast du auch mal etwas „Falsches“ gemacht?

Ich habe damals gelogen, um meine erste große Rolle zu bekommen. Die Voraussetzung war, Klavierspielen zu können. Ich habe beim Casting knallhart gesagt: Jaja, ich gehe an keinem Klavier vorbei, ohne zu spielen (lacht). Und ich konnte es einfach gar nicht. Ich wollte nicht lügen, aber in der Situation habe ich es einfach gesagt. Ich wollte diese Rolle unbedingt.

Bereust du es?

Nein, aber es hätte auch schlechter ausgehen können. Es ist natürlich aufgeflogen. Ich habe dann in kürzester Zeit sehr intensiv Klavierspielen gelernt.

Ich habe sogar gelesen: fünf Monate lang, jeden Tag knapp vier Stunden. Wahnsinn! Dazu bist du für die Rolle nach Berlin gezogen, hast dein Studium abgebrochen, Kickboxen trainiert und das Gefängnis besucht, in dem ihr drehen würdet. Du hast viel für den Film getan.

Du riskierst also auch was. Viel mehr hast du mit Mel nicht gemein. Dir ist beispielsweise Sicherheit sehr wichtig. Hast du deshalb statt Schauspiel Publizistik in Wien studiert?

Genau. Ich wusste schon immer, ich möchte Schauspielerin werden. Mit 15 habe ich angefangen zu schauspielern, aber die Voraussetzung meiner Eltern war, dass ich mein Abitur mache. Danach war mein Plan, erstmal zu studieren und es nebenbei als Schauspielerin zu versuchen.

Die Filmbranche ist alles andere als sicher. Plagen dich manchmal Existenzängste?

Die kenne ich nur zu gut. Aber ich bin auch jemand, der schnell etwas dagegen unternimmt. Zum Beispiel habe ich neben meinem Studium gekellnert und parallel eine Sendung moderiert.

Und lief es gut?

Nee, moderieren kann ich wirklich nicht (lacht). Aber ich habe alles gemacht, was ging, um mir mein Studium zu finanzieren.

Das hört sich so an, als wäre die Schauspielerei dein Traumberuf.

Absolut! Es macht mir riesigen Spaß, sich in neue Charaktere zu versetzen und neue Menschen kennenzulernen. Jeder inspiriert und berührt einen neu.

Du arbeitest seit mehr als 15 Jahren in der Filmbranche. Was war rückblickend die größte Herausforderung?

Ist es schon so lange? Irre. Man muss Geduld haben. Es gibt Rollen, die man sich so sehr wünscht und trotzdem nicht bekommt. Dran bleiben, sich neu motivieren und für jede Rolle kämpfen.

Mal etwas anderes: Du giltst als eine der stilsichersten Schauspielerinnen in Deutschland. Worin fühlst du dich auf dem roten Teppich am wohlsten?

Ich trage privat eher Hosen, deshalb liebe ich es, auf Events Kleider anzuziehen.

Sind Kleider im Alltag nicht so deins?

Ich finde sie mit einer Strumpfhose und Boots super schön. Doch ich liebe die gute Jeans, das gute T-Shirt oder den Pulli und variiere dann mit Accessoires und Mänteln. Auf dem roten Teppich arbeite ich mit der Stylistin Leena Zimmermann zusammen. Es ist schön, sich von ihr inspirieren zu lassen.

Und wie entscheidet ihr, was du anziehst?

Wir machen Fotos. Es ist irre, was es ausmacht, den Look getragen auf einem Bild zu sehen.

Guter Tipp. Kannst du uns noch einen verraten?

Ich liebe den Berliner Store Schwarzhogerzeil. Ich brauche zum Shoppen einen Laden, der gut kuratiert ist, sonst bin ich bei der Auswahl überfordert.

Also lieber offline statt online shoppen?

Ich schaue sehr gerne online, kaufe aber dann doch meistens offline ein. Ich muss die Kleidung live sehen und anfassen. Außerdem finde ich das Hin- und Zurückschicken lästig, dann mache ich lieber einen Spaziergang zu dem Geschäft und probiere gerne vor Ort an.

Welche Designer trägst du am liebsten?

Ich liebe Dries van NotenIsabel Marant, Acne und Perret Schaad. Deren Sachen trage ich immer noch am liebsten.

Was war das Letzte, was du dir gekauft hast?

Einen rostfarbenen Mantel von Dries van Noten.


Was steht auf deiner Wunschliste?

Ich hätte gerne einen schwarzen Hut von Maison Michel.


Ich habe deinen Namen auf Instagram eingegeben und deinen Account mit 15.500 Followern gefunden. Du hast aber keinen einzigen Beitrag.

Ich weiß, ich weiß (lacht).

Ist Instagram nicht so deins?

Doch, ich lasse mich dort gerne inspirieren.

Du folgst auch knapp 300 Personen.

Ja eben, allen möglichen aus unterschiedlichen Bereichen, auch Journelles. Ich bin nur selbst nicht aktiv. Immer wenn ich etwas posten möchte, denke ich dann zehn Minuten später, wen interessiert’s?

Und dann sind schon wieder zwei Tage rum und man hat wieder nichts gepostet. Ich verstehe das gut.

Ja genau, man muss es am besten einfach machen und darf gar nicht so viel überlegen.

Man hört immer häufiger, dass manche Rollen nach der Zahl der Follower besetzt werden, die man als Schauspieler hat. Bekommst du das mit?

Ich beobachte das tatsächlich auch und finde die Entwicklung schwierig.

Hand aufs Herz: Glaubst du, du hast ein Angebot oder einen Job schon mal nicht bekommen, weil du in den Sozialen Netzwerken nicht so präsent bist?

Das hat mir so noch niemand gesagt. Es würde mir schwer fallen, das zu akzeptieren. Klar, ich weiß, wieso die Followerzahl für einen Filmemacher interessant ist; man möchte möglichst viele Menschen erreichen. Aber es wäre doch schade, nicht auf die Qualität des Schauspielers zu achten. Ich bin Schauspielerin geworden, um Schauspielerin zu sein und nicht, um auf Instagram berühmt zu werden.

Vielen lieben Dank für das schöne und lustige Interview, liebe Hannah!

Sweethearts“ läuft ab dem 14. Februar in den Kinos. Zum Trailer hier entlang.

Alle Fotos via PR (Fotograf: Mathias Bothor)

Von Alexandra

Schreiben sollte mir eigentlich leicht fallen, könnte man meinen. Doch wenn es darum geht, etwas über mich selbst zu erzählen, bin ich – ja sagen wir mal – überfordert. Wo fange ich an? Ich habe bei Journelles als Praktikantin angefangen. Danach ging es weiter in die Moderedaktion vom Tagesspiegel und dann wieder zurück an die Uni und dann wieder zurück zu Journelles ;-)

Ich mag Mode und Beauty: Ich liebe neue Trends, spannende Outfits und (zugegeben) auch etwas Shopping. Doch fast noch mehr mag ich es, Mode als Phänomen zu betrachten: Wieso gibt es diesen Trend? Woher kommt er? Welchen Einfluss hat die Politik oder Gesellschaft auf die Mode? Und umgekehrt! Ebenso finde ich es spannend, über großartige Frauen und ihre noch so unterschiedliche Errungenschaften zu berichten, sie kennenzulernen, von ihnen zu lernen ...

Wenn ihr meine Texte lesen solltet: Dankeschön! Es gibt nichts Schöneres, als zu wissen, dass meine Artikel gelesen werden. Und bitte seid gnädig mit mir, wenn ich Fehler mache. Ich lerne noch ... das wird sich wohl auch nie ändern ;-)

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2 Antworten auf „„Ich bin Schauspielerin geworden, um Schauspielerin zu sein und nicht, um auf Instagram berühmt zu werden“ – Hannah Herzsprung im Interview über ihren Weg in der Filmbranche“

Ein wirklich sympathisches Interview! Ich habe sie damals in „Traumfrauen“ das erste Mal vor der Kamera gesehen und war wirklich begeistert. „Sweethearts“ werde ich mir auf jeden Fall ansehen.
Liebe Grüße
Ruth

Ich liebe sie schon seit ich sie das erste Mal in der Serie „Aus heiterem Himmel“ gesehen habe. Mein Girls Crush

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.