Bestseller, Trends, Ladenhüter: Verantwortlich für den Erfolg von Kollektionen sind noch vor den Konsumenten die Einkäufer, die entscheiden, was jede Saison einen Platz im Laden findet. In Berlin gehört der Concept-Store voo zu den besten Adressen; skandinavisches Design und immer mehr französische Labels prägen das Bild. Seit Kurzem gibt es auch einen Onlineshop, zudem ist voo bei Farfetch vertreten (und hat im selben Zug den „Shop of the Year“-Award gewonnen).
Mit dem Einkäufer und Store-Manager Herbert Hofmann, der voo neben seinen Besitzern Kaan und Yasin Müjdeci seit anderthalb Jahren entscheidend mitprägt, habe ich über schnelllebige Trends, wichtige Marken für die kommende Saison und die Schwierigkeit des Orderns gesprochen – obendrauf gibt es einige Highlights aus den Kollektionen!
Mode einkaufen, die erst ein halbes Jahr später auf den Stangen hängt – wie schwierig ist das eigentlich?
Eigentlich ist es ein relativ einfacher Prozess, weil es im Grunde nichts anderes ist, als wenn ich für mich selbst einkaufen gehe. Wenn man sich für Mode interessiert und viele Kollektionen sieht erkennt man bestimmte Muster und Trends, die man als spannend oder kurzlebig einstufen kann. In die längerfristigen und spannenden Trends investiert man viel Zeit, um diese dem Kunden näher zubringen und in die kurzlebigen investiert man besser wenig Geld.
Es ist wie beim Modejournalismus oder Bloggen – man recherchiert viel und analysiert den Markt – mit dem Unterschied, dass unsere Analyse kostenintensiver ist. Mit jeder Saison erkennen wir natürlich mehr, welche Schnitte und Farben funktionieren und welche man besser ganz sein lässt. Das hat dann weniger mit Trendprognosen zu tun. Diese Blacklist an Styles wird jede Saison länger und dementsprechend sicherer unsere Entscheidungen.
Die Antwort auf die Frage „Würde ich mir dieses Teil zu dem Preis kaufen?“ erleichtert die Selektion auch! Man bleibt realistisch und so fallen viele Entscheidungen spontan – denn so macht es die Kundin auch eine Saison später.
Eine Auswahl der georderten Teile:
Du bist im Prinzip über Nacht Einkäufer und Store-Manager geworden, hast zuvor im PR-Bereich gearbeitet. Welche Voraussetzungen braucht es dafür und was hast du im letzten Jahr gelernt?
Mode hat mich immer schon unglaublich interessiert und fasziniert, dennoch habe ich ein ganz anderes Studium gewählt, bei dem es auch viel darum geht zu beobachten und Muster zu erkennen – Geographie.
Die ersten handfesten Erfahrungen in der Modeszene habe ich bei Agentur V gemacht, wo ich das Thema Mode aus Pressesicht kennengelernt habe. Dabei realisiert man, was beispielsweise in einem Magazin erscheint und im Endeffekt im Laden hängt. Als Voraussetzung für den Job würde ich natürlich ein sehr gutes Gespür und eine Begeisterung für Mode voraussetzen, jedoch ist es wichtig, bei aller Liebe auch pragmatisch zu bleiben und die Realität des Marktes zu verstehen und zu akzeptieren.
Auf die Frage, warum wir bestimmte Labels oder auch auffällige einzelne Styles aus den Modeschauen unsere Designer nicht im Laden haben, ist die Antwort meist die selbe: Das Teil wurde nicht produziert, weil die Bestellmenge zu niedrig war, oder es war nur ein Showteil. Der Markt ist übersättigt und die Designer und Buyer wollen auf Nummer sicher gehen.
Wir wollen mit Voo einen Mittelweg gehen und kaufen trendige, auffällige Teile ein, jedoch nicht so viel wie die Bestseller natürlich. Ich habe auch gelernt, dass der Onlinemarkt großes Potential hat und habe mich belehren lassen (nachdem ich selbst kein Onlineshopper bin). Leider ist der Markt etwas kaputt-gewirtschaftet, weil viele große Shoppingplattformen Gratisversand anbieten und so der uninformierte Kunde nicht versteht, warum wir nicht drei verschiedene Schuhe in jeweils 2 Größen kostenfrei verschicken können. Diese „Zalando-Mentalität“ mancher Kunden kann man jedoch durch intensiven Kundenservice vermeiden.
Ausserdem: Die Salestange am Ende der Saison ist der beste Lehrer für kommende Saisons!
Wie sieht der ultimative Trend für Frauenmode der Saison SS13 aus?
Große plakative (Logo-)Prints und Applikationen auf Sweatern und Blusen werden sich noch mehr durchsetzen – gesehen bei Carven, Acne, Opening Ceremony, Kenzo uvm.
Plateauschuhe (mit Glitzer an oder in der Sohle) und etwas grob aussehende Schuhe werden auch wieder zu den Lieblingsteilen gehören. Der Sneakertrend geht bei Frauen und Herren immer mehr weg vom Retromodel hin zum technischen Runningbereich (Anm.d.Redaktion: siehe Galerie!).
Was wir immer wieder gesehen haben waren Blusen, Jacken und Sweater mit einer Hülle aus Tüll – so z.B bei Acne oder Nhu Duong. Das gibt einen super Effekt, besonders wenn man wie Nhu Duong mit Jeans und neonfarbigem Tüll arbeitet.
Neunzig Prozent der schwedischen Damen trugen während der Stockholm Fashion Week Neonfarben! Das schwedische Label House of Dagmar zeigt mit gemütlichen Pullis, wie es nächste Saison weiter geht.

Was sollen euch eure Kunden wie heisse Semmeln aus den Händen reissen?
Leichte elegante Kleider, in welchen ich viele unserer Kundinnen sehe, diese aber oft denken, die seien zu chic für Berlin.
Welche Labels werdet ihr neu aufnehmen?
Für die kommende Saison wird es neben Carven und Kenzo drei weitere neue Labels geben. Ausserdem bestellen wir mehr Schmuck, Brillen und Schuhe.
Die Order für die Sommersaion 2013 in Stockholm und Copenhagen ist bereits abgeschlossen. Was sind deine Top3-Labels aus dem hohen Norden?
Favoriten für Frauen sind Acne, Henrik Vibskov, Stine Goya, Carin Wester, Minimarket…es gibt zu viele Top-Labels, als dass ich nur drei nennen könnte! Generell sind alle, die wir bestellen, sehr stark mit diversen Styles: Wir lieben Minimarket z.B. neben den starken Prints auch für ihre Schuhkollektionen.
Die skandinavischen Labels wissen sehr stark um ihr Image und kennen ihre Zielgruppe genau. Der große Vorteil ist, dass die Labels auch im eigenen Land gepusht und gefördert werden, was sie schnell wachsen lässt.
Welche 5 Stücke haben besonders dein Augenmerk bekommen, bzw. was wurde eingekauft?
Wie schon erwähnt gibt es tolle Drucke auf Oberteilen auf welche ich mich sehr freue: Opening Ceremony bestickt Pullis mit einem Oktopus, Carven arbeite mit Blumenmustern und Acne schreibt uns auf’s Shirt, was die SS13-Inspiration gewesen zu sein scheint, nämlich ein Mix aus allem: Collage! Damir Doma hat eine Bikerjacke mit einem Kleid vernäht und das sieht angezogen richtig flott aus.
Vielen Dank für den Einblick!
3 Antworten auf „Im Interview: Einkäufer Herbert Hofmann von voo – über Trends und Ordern“
Ich liebe den Mann. Ich hatte schon das Glück ihn persönlich kennen zu lernen. Tolles Interview! Danke! Korinna, golden cage-Blog
Ohhhhhh oh oh oh das Bikerkleid von Damir Doma und die Sandalen von Minimarket sind ein Traum! Ab wann darf man die Teile denn im Store bewundern? :))
Ja, liebe Einkäufer, ihr müsst auch mal begreifen, dass wir working-woman (also eure unbedingte Zielgruppe!) den ganzen Tag laufen müssen. Gern packen wir abends die High-heels aus, aber tagsüber bitte ich um mehr Auswahl. Ballerinas gehen gar nicht!!! Also Danke…