Mode-Mythen: Ist ein Kleidungsstück aus 100% Baumwolle die beste Wahl, weil das Material natürlich ist?

Oft stand ich in letzter Zeit in einem Geschäft und habe mich darüber geärgert, dass viele Blusen und Tops aus 100% Polyester bestehen. Ich achte beim Kauf auf Naturfasern oder Seide. Wie denken unsere Experten: Ist ein Kleidungsstück aus Baumwolle die beste Wahl, weil es natürlichen Ursprungs ist? „Wenn Sie und Ihr Geist noch im

Oft stand ich in letzter Zeit in einem Geschäft und habe mich darüber geärgert, dass viele Blusen und Tops aus 100% Polyester bestehen. Ich achte beim Kauf auf Naturfasern oder Seide. Wie denken unsere Experten: Ist ein Kleidungsstück aus Baumwolle die beste Wahl, weil es natürlichen Ursprungs ist?

„Wenn Sie und Ihr Geist noch im 19. Jahrhundert leben, träfe das zu, aber Baumwolle in der heutigen Zeit kann perfekt mit Modal und Lyocell ergänzt werden und das sind auch Naturprodukte. (Anm. d. Red. Modal und Lyocell bestehen aus Zellulose/Holz). Leider sind die Kunden in ihrem Denken und Verstehen um zirka 50 Jahre zurück, das ist wie mit dem Verständnis für moderne Kunst. Die Chemiefaser ist weit besser als ihr Ruf, der Mensch besteht doch auch überwiegend aus Chemie!“ Thomas Meyer zu Capellen, Prof. für Textilkunde, Akademie Mode und Design (AMD)

„Nein, das kann man leider so nicht sagen. Konventionelle Baumwolle hat eine schlechtere Ökobilanz als manche Synthetikfasern und andere Naturfasern. Über Schadstoffe, die in der Produktion ins Produkt gelangen oder Sozialstandards sagt die Faserwahl nichts aus. Die beste Wahl ist immer ein Produkt, das ein Bio-Zertifikat hat.“ Heike Scheuer, Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.

„Man sieht der Baumwolle nicht an, ob sie ‚natürlich’ großgezogen wurde, also auf Gentechnik verzichtet wurde, sowie auf übermäßigen Pestizid- und Wassereinsatz. Gentechnik ist in der Baumwolle weit verbreitet. Wer sicher gehen will, Gentechnik-freie Baumwolle zu tragen, sollte auf das Fairtrade-certified Cotton Siegel achten und auf Bio-Baumwoll-Siegel, wie beispielsweise GOTS. Auch bei der Weiterverarbeitung kann z.B. durch den Färbungsprozess viel ‚Unnatürliches’ in den Rohstoff hineinkommen. Daher geht die Gleichung nicht auf.“ Edith Gmeiner, Fairtrade Deutschland

„Nein, denn beim konventionellen Baumwollanbau wird unter Einsatz von Gentechnik ungeschützt mit Pestiziden umgegangen und extrem viel Wasser verbraucht. Zertifizierte Biobaumwolle ist frei von Pestiziden, aber auch hier muss die Färbung und Weiterverarbeitung betrachtet werden, um von einem ‚Naturtextil’ zu sprechen. Hanf und Leinen sind eine gute Alternative, aber auch Kunstfasern, Regeneratfasern wie Lyocell und Recycling-Fasern lassen sich heutzutage schonend für Mensch und Umwelt produzieren.“ Julia Knüpfer, Designerin Ica Watermelon

Fazit: Gerade bei Baumwolle sollte man auf Textilsiegel und Bio-Qualität achten. In der Galerie seht ihr die besten zwölf Basic T-Shirts aus Organic Cotton, die wir in den Onlineshops gefunden haben. Ergänzungen? Wir freuen uns auf euer Feedback!

  1. Shirt mit V-Ausschnitt in Weinrot oder Naturweiß von H&M, 14,95 Euro
  2. Halbarmshirt aus reiner Biobaumwolle von Hess Natur, 24,95 Euro
  3. Basic-Shirt weiß aus certified organic cotton via Trusted Fairtrade Clothing, 15 Euro
  4. Classic T-Shirt von EarthPositive via Mr & Mrs Green, 9,90 Euro
  5. Organic V-Neck T-Shirt aus Fairtrade Baumwolle via Grundstoff, 19 Euro
  6. Print-T-Shirt aus Biobaumwolle via Asos, ca. 54 Euro
  7. Slim Fit T-Shirt bio, fair und klimaneutral via Good Wear, 8 Euro
  8. Organic Fine Jersey Short Sleeve Women’s T von American Apparel, 18 Euro
  9. Organic T-Shirt Garance Doré für Marc O‘ Polo, ca. 49,90 Euro
  10. T-Shirt aus Bio-Baumwolle von C&A, 7 Euro
  11. T-Shirt aus Bio-Baumwolle mit tiefem Rundhals von Stella & Stanley via Shirt Foundation, 8,90 Euro
  12. Grace T-Shirt mit Fairtrade und GOTS-Siegel von Armed Angels, 19,90 Euro
Von Alexa

Ich liebe schreiben, bloggen und schöne Dinge zu entwerfen, also mache ich all das.

Als Journalistin habe ich für Magazine und Zeitungen wie Business Punk, Fräulein, Gala, FTD/how to spend it, Instyle, Lufthansa Magazin, Stern, Tagesspiegel, Vanity Fair und zitty gearbeitet. Meine Online-Erfahrungen habe ich u.a. Stylebook und styleproofed gesammelt. Mein Blog heißt Alexa Peng, mein Schmuck-Label vonhey. Ich komme aus dem Rheinland und bin in einem Dorf am Waldesrand aufgewachsen, wo nur einmal in der Stunde ein Bus fuhr. Da muss man sich was einfallen lassen, um sich nicht zu langweilen. Meine Tante hatte in der Stadt eine Boutique und einen Schrank voller Kleider, Schuhe und Taschen, mit denen wir Kinder verkleiden spielen durften. Wir haben Modenschauen im Hobbykeller veranstaltet und die ganze Nachbarschaft eingeladen. Dass ich mal was mit Mode machen würde, war also klar. Nach dem Abi habe ich an der AMD in Hamburg Mode-Journalismus studiert und später an der UdK in Berlin einen Master of Arts in Kulturjournalismus gemacht. In Zukunft will ich mein Label weiteraufbauen, die Welt sehen und gute Geschichten schreiben.

(Foto: Sandra Semburg)

Kommentare (11) anzeigen

11 Antworten auf „Mode-Mythen: Ist ein Kleidungsstück aus 100% Baumwolle die beste Wahl, weil das Material natürlich ist?“

Was mich an Polyester und Co. am Meisten stört, ist doch das Tragegefühl. Paah. Kann keine 2 Stunden in einer Polyester-Bluse oder einem 100%Acryl-Pullover verbringen 🙁

geht mir genauso, ich fühl mich meist überhitzt, als könnte ich nicht atmen in polyester und viskose, außerdem nimmt der Stoff schnell einen sehr unangenehmen Geruch an.. und wie manche Sache im Laden riechen, davon will ich gar nicht erst anfangen brrrrr :/

Das Problem an Baumwolle ist irgendwie, dass sie mich absolut nicht warmhält. (Frostbeule) Und meine Haut auf Wolle allergisch reagiert. Da gewöhnt man sich auch an Polyester : ) Und zum Beispiel beim Workout, kann ich mir nichts anderes als Kunstfasern vorstellen.

in einer kürzlich gesehenen doku über baumwollproduktion wurde betont, dass extrem schwer nachzuvollziehen ist, wo und unter welchen bedingungen ein baumwolllieferant im endeffekt seinen rohstoff pflücken lässt, selbst wenn der modekonzern transparenz garantiert. durch die vielen handelswege sind die usprünge oft nur noch auf länder oder bezirke zurückzuführen und schwerlich sogar auf einzelne felder. unter anderem h&m wurde angeprangert, da zwar mit organic cotton und fairen arbeitsbedingungen geworben wird, aber trotzdem U14 jährige ganze sommer lang auf pestizidbelasteten feldern ernten mussten, ganz gleich welches label später die ware zierte.

danke für eure recherchen und die infowoche, auch wenn es sich einer gewissen ironie nicht entzieht und einen echten balanceakt darstellt (wie schon öfter in den kommentaren angemerkt wurde). mit empfehlungen wäre ich (in diesem fall) sehr vorsichtig. da ihr eine vorbildfunktion habt, kann ich mir gut vorstellen, dass nun einige leserinnen gern mit guten vorsätzen in das h&m shirt investieren, aber damit halt leider nicht den gewünschten effekt erzielen würden.
(sollte ich den link zur doku finden, stelle ich ihn gern online.)

einer meiner liebsten stoffe ist übrigens lyocell. pflegeleicht, weich, atmungsaktiv und er fällt gut (:

Es gibt viel zu wenig T-Shirts aus Modal und Lyocell! Finde ich viel angenehmer und weicher zu tragen als reine Baumwolle. Mit Polyester und Acryl kann man mich jagen, im Normalfall fühlt sich das sehr schnell unangenehm an.
Und wie das alles produziert wird is ja leider wieder eine andere Frage …

Es gibt super tolle Polyester Teile, die 1:1 so hergestellt sind wie Seide, inkl. Tragegefühl. Da kennst du keinen Unterschied!
Tencel (ist glaube ich Lyocell), Modal und Viskose werden umweltschonend mittels Lösungsmittelspinnverfahren aus Cellulosefasern hergestellt (Textiltechnologen können es sicher besser erklären). Super Tragekonfort und pflegeleicht.
Ich finde es gut, dass ihr über das Thema berichtet! Vielleicht könntet ihr es noch ein wenig ausbauen?! Gerade da Thema Kunstfaser bedarf an einer Aufklärung. Wie ihr schon schreibt, sind Endkonsumenten oft zu wenig aufgeklärt…

Hallo! Bin gerade auf dein Kommentar gestoßen und erkenn mich darin wieder. Vielleicht siehst du mein Kommentar und hast eine Idee auf folgende Frage: Hast du Ideen, wie ich beim Shoppen auf mehr Modal und Loycell treffen kann, derzeit krieg ich die Krise, weil ich noch keine Kleidermarke gefunden habe, die viel davon hat (oder halt auch von Baumwolle, Hauptsache nicht nur Polyester) und die mir auch noch gefällt. Vom Stil her mag ich tatsächlich gerne H und M oder Zara oder Mango, aber da kann man ja nicht hingehen. Leider muss ich auch ein bisschen auf´s Geld achten. Das heißt, Bio-Produkte müssten es noch nicht sein, das kommt, wenn ich mehr Geld besitze;)

Würde mich natürlich freuen, Ratschläge zu erhalten! Liebe Grüße Isa

Guter Ansatz, aber: Warum verweist ihr auf H&M und C&A und Co? Ja, diese Shirts sind aus Bio-Baumwolle und das ist löblich, aber kauft man dieses Shirt, subventioniert man fünf Euro Shirts aus Kinderarbeit mit Pestizid-Verwendung quer. Und welche Kriterien führen euch zu dem Schluss, dass dies die „besten“ Shirts sind?
Das ist ein bisschen so, als würde man Öko-Strom von Vattenfall empfehlen, die gerade dabei sind, neue Kohlekraftwerke zu bauen.

So true.. und doch finde ich hat das H&M T-Shirt aus Bio-Baumwolle in der Gallerie seine Berechtigung. Denn immerhin bezieht H&M Stellung. Viele andere Vertikel u. a. ZARA/Inditex tun dies nicht.

Doch: Musste das H&M T-Shirt in der Gallerie wirklich als Erstes erscheinen?!? (And don’t tell me it happened by accident) Hier hätte ein Unternehmen wie Armed Angels oder Hess Natur – die wirklich eine Vorreiterrolle hinsichtlich Bio-Baumwolle und Zertifikatwirrwarr einnehmen – weitaus dringender seine Berechtigung!

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.