Grüne Smoothies, Chia-Samen-Pudding oder Acai-Bowls: Es gibt wohl kaum ein größeres Trendthema als gesunde, vitaminreiche Ernährung und die so genannten „Super Foods“, mit denen man Müsli & Co. pimpt. Instagram ist voll mit schönen, bunten Salat-Bildern, die sofort Appetit auf mehr machen und überall entstehen Restaurants und Cafés, die sich mit frischen Säften und Körnerkost ein gutes Geschäft erhoffen. Eine Vorreiterin in Sachen Pflanzenkost ist die Foodbloggerin Ella Woodward – als die Britin vor fünf Jahren anfing, als glutenfreie Veganerin zu leben wurde sie allerdings noch als Spinnerin belächelt.
Dabei hat ihre Geschichte einen ernsten Hintergrund: Als sie 19 Jahre alt war, wurde bei Ella die Nervenkrankheit POTS diagnostiziert. Es ging ihr so schlecht, dass sie nur noch im Bett liegen konnte. Als kein Medikament half, begann das Ex-Model sich mit dem Thema Essen auseinander zu setzen und stellte ihre Ernährung über Nacht auf fleisch-, milch-, zucker- und weißmehlfreie Lebensmittel um.
Mit durchschlagendem Erfolg: Die Symptome ihrer Krankheit ließen nach. Ella holte sich ihr Leben zurück und beschloss sowohl ihre Geschichte als auch ihre Rezepte mit der Öffentlichkeit zu teilen. Heute zählt ihr Blog „Deliciously Ella“ monatlich zwischen vier und sechs Millionen Views, gerade ist ihr Kochbuch – in ihrer Heimat Großbritannien das erfolgreichste Kochbuch des Jahres – auf Deutsch erschienen.
Zu diesem Anlaß haben wir die inzwischen 24-Jährige in Berlin für ein Interview getroffen und sie nicht nur nach ihren Lieblingsrezepten gefragt, sondern natürlich auch, wie man das schafft: Innerhalb von zwei Jahren eine super erfolgreiche Foodbloggerin zu werden? Ihre Medikamente hat Ella inzwischen übrigens inzwischen längst abgesetzt.
Liebe Ella, wie schön dich kennenzulernen! Erst kürzlich hat bei uns jemand im Büro angerufen und gefragt, wie man Foodblogger wird. Fragen dich das die Leute auch die ganze Zeit?
Oh ja, ich bekomme wirklich viele solcher Anfragen! Die Antwort ist schwer, finde ich, denn die Frage ist so allgemein. Meiner Meinung nach sollte man seiner Leidenschaft für eine spezielle Art von Essen folgen: Sei es Backen, gesundes Essen, Frittieren, Grillen oder Essen für Kinder.
Wirklich wichtig für einen Foodblog sind schöne Fotos. Das Rezept noch so gut sein – wenn das Foto nicht schön ist, wird sich keiner deinen Foodblog anschauen oder das Rezept nachkochen, dafür gibt es mittlerweile einfach zu viele Blogs. Meine ersten Fotos waren grauenhaft!
Würdest du sagen, dass es einfach ist als Blogger, egal ob man über Essen oder Mode schreibt, Karriere zu machen?
Bloggen ist alles andere als einfach. Ich weiß nicht, wie das mit Mode ist, aber so manch einer unterschätzt vielleicht, wie lange es dauert, ein Rezept zu testen, die Fotos zu schießen und zu bearbeiten. Das ist nur ein Aspekt meiner Arbeit: Ich mache Youtube-Videos, beantworte die Kommentare meiner Leser und kümmere mich um meine Social Media Seiten, beantworte auch hier die Kommentare oder like andere Beiträge. Allein damit bin ich manchmal einen ganzen Tag beschäftigt! All das macht man Monate oder Jahre lang, bevor man ein Buch schreibt, für Fotoshootings angefragt wird oder Interviews gibt. Abgesehen von den Meetings, in denen ich den ganzen Tag sitze und die unheimlich viel Zeit kosten. Bloggen macht Spaß, aber es ist alles andere als ein easy Job.
Was hast du eigentlich das erste Mal festgestellt, dass du ein „Foodie“ bist?
Lange Zeit gar nicht! Wenn man mir ein leckeres Gericht aufgetischt hat, habe ich es gegessen, aber ich hatte kein großes Interesse an gesunder Ernährung oder Kochen. Bis ich 2011 sehr krank geworden bin und sechs Monate im Bett lag. Ich habe Unmengen an Tabletten geschluckt, aber nichts half. Irgendwann hatte ich die Nase voll. Die einzige Möglichkeit, die mir noch blieb, war meine Ernährung umzustellen und selber zu kochen. Ich konnte nur Pasta und Rührei machen. Auf einmal war ich von gesunder Ernährung und Kochen besessen. Aber es hat mir nicht nur Spaß gemacht – auch gesundheitlich ging es wieder bergauf.
Du hast dich selbst als „Zuckermonster“ beschrieben und dann über Nacht deine Ernährung auf glutenfreie Veganerin umgestellt. Was hast du dir zuerst gekocht?
Berge von Vollkorn-Reis-Pasta mit Pesto, Gemüse und Porridge. Das erste Rezept, das mir die Augen geöffnet hat, waren rohe Brownies. Ein köstliches Rezept, für das man weder Mehl, noch Eier oder Zucker braucht und allen schmeckt, die so wie ich einen süßen Zahn haben. Allerdings ist beim ersten Mal einiges schief gelaufen: Eine Freundin hatte mir Datteln mitgebracht und ich habe ein bisschen damit experimentiert, sie in Kakaopulver getunkt usw. Dann habe ich alles in den Mixer geworfen, aber leider vergessen die Plastikverpackung zu entfernen. Als ich meinem Freund am Abend ein Stück zu Probieren gab, hat er alles wieder ausgespuckt. Das war einer meiner ersten Kochversuche…
Und deine Krankheit ist wirklich besser geworden?
Sie ist nicht weg, aber die Symptome sind fast alle weg. Aber ich bin sicher, wenn ich meinen gesunden Lebensstil aufgeben, jede Nacht feiern und wenig schlafen würde, käme alles wieder zurück. Alles was ich brauche, ist gesundes Essen, sieben Stunden Schlaf und Sport. Das ist alles machbar.
Wie ist dann deiner Blog „Deliciously Ella“ entstanden?
Ich war krank, lag im Bett und mir war langweilig. Ich habe wirklich nichts auf die Reihe bekommen, während meine Freunde auf Facebook Fotos von tollen Partys oder ihren Abenteuern posteten. Ich fühlte mich miserabel. Meine Patentante war auch einmal sehr krank und sie erzählte mir, dass es ihr damals geholfen hätte, ein Hobby zu finden. Sie begann zu fotografieren, ich kaufte mir Bücher über gesunde Ernährung. Ich bin ein „Alles-oder-nichts-Typ“. Also nahm ich mir vor, nicht nur meine Ernährung umzustellen und kochen zu lernen, sondern zwei bis drei Rezepte pro Woche auf einem Blog zu veröffentlichen. Ich konnte ich jeden Tag mit dem guten Gefühl etwas „geschafft“ zu haben abschließen und fühlte mich Stück für Stück besser. Endlich gab es wieder etwas Positives in meinem Leben.
Wann hast du festgestellt, dass du mehr und mehr Leser hast?
Die ersten Monate habe ich niemandem davon erzählt, es war mir irgendwie peinlich. Nach und nach habe ich meinen Freundinnen die Seite gezeigt. Nach sechs Monaten hatte ich 100.000 Klicks. Nochmal sechs Monate später waren es 900.000 und das konnten nicht mehr nur Freunde von Freunden sein. Im Sommer 2013 habe ich meinen Abschluss in Kunstgeschichte an der Uni gemacht und wollte ausprobieren, was ich aus dem Projekt rausholen kann. Als ich dann mit Facebook und Instagram anfing, ging das Blog durch die Decke und wurde schnell zu einem Fulltime-Job. Ich begann Kochkurse zu geben, eine App zu entwickeln und Ende 2014 hatte ich meinen Buchvertrag in der Tasche.
Wie erklärst du dir dieses riesige Interesse von jungen Menschen an gesunder Ernährung? Früher hat man Porridge gegessen, wenn man was mit dem Magen hatte. Jetzt ist es plötzlich das In-Frühstück schlechthin mit fast 700.000 Bildern auf Instagram.
Das Leben ist heutzutage so teuer: Junge Menschen können sich kein Haus leisten, aber wollen sich trotzdem etwas gönnen. Besonders Frauen haben ein kompliziertes Verhältnis zum Essen. Es geht immer um Diäten und Schuldgefühle. Es ist so eine Erleichterung, wenn man eine Ernährungsweise findet, die nicht nur schmeckt, sondern auch dafür sorgt, dass man sich gut fühlt.
Also geht es bei „Deliciously Ella“ nicht um Abnehmen oder streng vegan zu leben?
Überhaupt nicht, das sage ich immer wieder. Es geht nicht darum, Kalorien zu zählen oder auf etwas zu verzichten, sondern sich gut zu fühlen. Aber wenn man sich gut ernährt und Sport treibt, erreicht man automatisch sein natürliches Idealgewicht. Wenn man morgens einen Smoothie zum Frühstück, mittags Quinoa und abends einen Burger isst, ist das ok – es geht um Balance und bewusst zu essen. Wenn man Lust auf etwas Süßes hat, sollte man sich nicht irgendeine Packung Kekse verdrücken, sondern mit Genuss einen besonders guten Schokoladenkuchen essen. Und wenn dir mein Wintersalat oder Curry mit einem Stückchen Hühnchen, Lachs oder Ei noch besser schmeckt, dann genieß es.
Wie viele Leser hat dein Blog heute?
Zwischen vier bis sechs Millionen Views pro Monat.
Das ist der Wahnsinn, empfindest du da nicht immer mehr Druck?
Nein, denn der Erfolg ist peu à peu gekommen. Mit Kritik kann ich gut umgehen: Wenn dir mein Blog nicht gefällt, dann vielleicht morgen. Wenn man ein Buch auf den Markt bringt, fühlt es sich anders an – da gehen die Leute raus, kaufen es und ich hoffe so sehr, dass es ihnen gefällt! Je größer das Blog wurde, desto mehr musste ich mich persönlich verändern: Der Business-Aspekt ist viel größer geworden. Ich habe jetzt vier Angestellte, ein Büro und bin jetzt Chefin und muss die Buchhaltung machen. Ich habe ja nie irgendwo gearbeitet, sondern bin damals direkt von der Uni gekommen. Es war alles Learning by Doing.
Hast du eigentlich ein Lieblingsrezept?
Die Mandel und Chia-Samen Energy Bites – sie sind perfekt, wenn man am Nachmittag einen Durchhänger hat und auf der Suche nach einem Schokoriegel ist. Man kann sie auch nach dem Sport oder Abendessen naschen.
Du studierst nebenbei jetzt auch noch Ernährung, um deinem Blog noch mehr Fundament zu geben. Was kannst du mir über Avocados sagen?
Sie sind SO gesund! Sie haben viele Vitamine und gesunde Fett und machen wunderschöne Haut.
Dein nächstes Buch „Deliciously Ella Every Day“ steht auch schon in der Pipeline und erscheint im Januar 2016. Darin geht es um unkomplizierte Rezepte für jeden Tag und wie man sie am besten zur Arbeit oder auf Parties mitnehmen kann. Was steht außerdem auf deiner Agenda?
Mein Verlobter und ich eröffnen im November in London eine Reihe von „gesunden“ Cafés. Er liebt Essen und isst gerne auch mal eine Pizza, aber zu Hause essen wir immer meine Gerichte.
Macht er eigentlich auch immer die Fotos von dir? Viele Modeblogs würden ohne die Hilfe der Freunde, Verlobten oder Ehemänner gar nicht existieren!
Mein Freund? Niemals! Der würde mir einen Vogel zeigen!
(Headerfoto: Tommy Clarke)
10 Antworten auf „Karriere-Interview: Ella Woodward, Foodbloggerin und Bestsellerautorin“
Sie ist meine absolute Lieblings-Foodbloggerin! Die rohen Brownies sind einfach der Hammer!!! Vielen Dank für das tolle Interview und liebe Grüße
Oh,wie toll!!! Vielen Dank für das Interview! Ihre Geschichte ist echt beeindruckend. Ich selbst habe eine Reihe veganer Kochbücher, aber das von Ella ist mein absoluter Liebling. Einer meiner ersten Posts auf meinem noch sehr jungen Blog ist die Vorstellungen ihres Buches und sie, oder einer ihrer Mitarbeiter, hat tatsächlich mein Foto auf Instagram geliked. Seeeehr sympathisch.
Danke noch mal und liebe Grüße
Sist eine mega Inspiration! Ich liebe sie dafür, das ihre Rezepte jetzt schon einfach und leicht umzusetzen sind…ich freu emich auf das nächste Buch!
Liebe Grüße
Jenny
Ella ist toll, danke für das Interview! Ich glaube es gibt niemanden, der sie nicht mag. Ich lebe zwar nicht vegan, koche aber gerne ab und an ihre Rezepte nach. Und ich muss ihr zustimmen: Gesundes Essen macht Spaß und man fühlt sich wirklich besser. Meine Allergie habe ich seid meiner Ernährungsumstellung auch besser im Griff.
Danke für das tolle Interview. Ella ist toll. Habe auch schon einige Rezepte nachgekocht 🙂
Tolles Interview mit einer tollen Frau die einen interessanten Weg gegangen ist. Ein so großes Food Blog ist für mich fast unvorstellbar. Wow!
Mach weiter so Ella
xoxo
Elena
Ella ist wirklich bezaubernd <3
Ich liebe ihre Rezepte
[…] und Kochbuchautorin Ella Wooward alias Deliciously Ella treffen. Das Interview könnt ihr hier […]
tolles und super sympathisches Interview!
Liebe Grüße
Hella
Vielen Dank für das tolle Interview. Ihr Buch liegt bei mir auch schon zu Hause. Ich mag es sehr sehr gerne und ihren Blog sowieso.
Beste Grüße
Anne von Frisch Verliebt