Bye bye Pelz! Warum auch große Labels endlich begreifen, dass Fake Fur die bessere Alternative ist

Halleluja, die Nachricht ist endlich angekommen: Wir wollen keinen Pelz mehr sehen!

Puh, erleichtertes Aufatmen in der Modebranche und ein lautes Halleluja. Als vergangene Woche diese Nachricht ihren Weg in unsere Email-Eingänge fand, war es eine Mischung aus Erstaunen und Jubel: Gucci verzichtet ab der nächsten Frühjahr-/Sommerkollektion auf die Verwendung von Pelz. Das verkündete die internationale Tierschutzvereinigung Vier Pfoten, zusammen mit der Humane Society of the United States (HSUS), der italienischen Tierschutzorganisation Lega Anti Vivisezione (LAV) und der Fur Free Alliance (FFA).

Ziemlich viele Organisationen, die es da brauchte, um Gucci von seiner jahrelangen Tradition des Pelzhandels abzubringen, aber das Ergebnis ist schließlich das, was zählt. Die Entscheidung des Luxusriesen ist dabei ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, zeigt aber, dass noch ein langer Weg vor der Luxusbranche liegt.

Soziale Verantwortung zu tragen gehört zu den zentralen Werten von Gucci, und wir werden uns weiterhin darum bemühen, Umwelt- und Tierschutz in unserer Strategie zu integrieren. Gucci freut sich, mit Unterstützung von HSUS und LAV diesen nächsten Schritt zu gehen und wir hoffen, dass wir dazu beitragen werden, Innovationen anzuregen und Bewusstsein zu schaffen, um die Luxusmodeindustrie zum Besseren zu verändern.

Marco Bizzarri, Guccis Präsident & CEO

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Diese Selbstverpflichtung des Unternehmens folgt langjährigen Verhandlungen mit Mitgliedern der Fur Free Alliance, einer internationalen Koalition von 40 Tierschutzprogrammen, die gemeinsam ein Ende des Pelzhandels erwirken wollen. Guccis pelzfreie Strategie beinhaltet Nerz, Kojote, Marderhund, Fuchs, Kaninchen und Karakulschaf, sowie alle weiteren Spezies, die speziell für die Pelzproduktion gezüchtet oder gefangen werden müssen.

Seit Jahrzehnten sind Tiere in der Pelzindustrie unglaublicher Grausamkeit ausgesetzt und verbringen ihr ganzes Leben kläglich in schmutzigen Käfigen. Guccis neue, pelzfreie Strategie setzt nun einen Meilenstein für die gesamte Luxusmodeindustrie. Gucci nimmt eine klare Haltung für das Wohl der Tiere ein und zeigt der Welt, dass die Zukunft der Mode pelzfrei ist.

Joh Vinding, Vorstandsvorsitzender der Fur Free Alliance

Die ersten Schritte sind gemacht und die Branche wacht auf. Erst am 20. September hatte die Yoox Net-A-Porter Group (YNAP) verkündet, auf Pelze zu verzichten und war damit die 750 Marke, die dem Fur Free Retailer Programm beitrat, welches 2002 gegründet worden war. Künftig sollen auf den Websites wie Net-A-Porter, Mr Porter, Yoox oder The Outnet keine Ware mehr verkauft werden, die echten Pelz enthält. Ein schwerer Schlag für den Pelzhandel, denn damit wird ihnen eine riesige Verkaufsplattform genommen, aber auch eine Entscheidung, die Druck auf Luxusmarken wie Prada, Burberry und Michael Kors macht, die immer noch Pelz verwenden.

Erschreckend ist bei genauem Betrachten aber nicht die Zahl der Unternehmen, die noch Pelz verkaufen, sondern die Zahl, warum sie dies tun. Weil die Nachfrage in der Modebranche nach Pelz stetig wächst. Über 75 Millionen Nerzfelle und 15,25 Millionen Fuchspelze wurden 2016 laut des Internationalen Pelzverbandes (IFF) weltweit produziert. Der weltweite Pelzhandel hat derzeit ein geschätztes Volumen von 30 Milliarden US-Dollar. IFF-Geschäftsführer Mark Oaten sagt dazu: „Diese Zahlen zeigen, dass der Pelzhandel trotz eines schwierigen Markts in Russland und China weiterhin einer der erfolgreichsten weltweit bleibt.“

Auch in der Modebranche gibt es weiterhin vehemente Verfechter der Pelzpolitik. So erkläre Karl Lagerfeld, der für Fendi eine gesamte Kollektion mit dem umstrittenen Material unter dem Namen „Haute Fourrure“ designt, in einem Interview mit der New York Times: „So lange die Menschen Fleisch essen und Leder tragen, verstehe ich die Botschaft einfach nicht.“ Es sei einfach zu sagen, dass man gegen Pelz sein. Aber dahinter stecke ja auch eine ganze Industrie. Kein Pelz hieße auch: keine Arbeitsplätze. „Und Pelz ist Fendi und Fendi ist Pelz.“

Da bleibt nur zu hoffen, dass ein Claire Bass, Geschäftsführerin des Internationalen Tierschutzbundes UK, Recht behält: „YNAPs pelzfreie Politik wird ohne Zweifel als Katalysator für weitere Unternehmen handeln, die sich für tierfreundliche Alternativen entscheiden wollen. Dadurch wird die Qualität von Kunstpelzen steigen und Designer, die noch Pelz verwenden, werden noch überholter und isolierter dastehen. Wir erwarten, zukünftig viele weitere Luxusdesigner und Einzelhändler zu verzeichnen, die sich der pelzfreien Liste von HSI anschließen.“

FAKTEN ÜBER DIE PELZPRODUKTION

  • Am häufigsten werden Nerze und Füchse getötet, allein 2015 wurden über 55 Millionen Nerze für die Produktion gehäutet
  • Über 50 Prozent der weltweit gehandelten Pelze stammen aus Europa, bei Nerzen liegt der europäische Marktanteil sogar bei 85 Prozent
  • 85 Prozent aller Felle, die für die Pelzindustrie hergestellt werden, stammen von Tieren, die auf Farmen extra dafür gezüchtet werden
  • Die Tiere werden mit barbarischen Methoden getötet: dazu gehört Vergasung, Elektroschocks, Erschlagen und Häuten bei lebendigem Leib
  • In Deutschland gibt es noch 6 Pelzfarmen, die illegal betrieben werden. Im Mai 2017 beschloss der Bundestag eine weitere Verschärfung der Haltungsbedingungen auf Pelzfarmen. Ein Zuchtverbot gibt es jedoch nicht.
  • Nicht nur Tiere leiden für die Pelzproduktion. Die Haltung und Ernährung der fleischfressenden Wildtiere verschwendet eine Menge an Ressourcen. So benötigt die Herstellung von Echtpelz 300kg CO2 und die eines Fake Fur Mantels 50kg CO2

Quelle: Peta

Wichtig ist dabei aber nicht nur, dass Unternehmen keinen Pelz mehr herstellen, sondern das Konsumenten über die Umstände des Pelzgewinns aufgeklärt werden. Einen wichtigen, nicht zu unterschätzenden Part haben dabei Modemagazine, die jahrzehntelang Pelzmode bewarben – und Moderedakteure, die auf den Fashion Weeks stolz im neuesten Nerzmantel flanierten (und es heute auf Instagram und Co. immer noch fleißig tun).

Dabei scheint der Ruck schon durch die Reihen der Magazine zu gehen. Gerade erst wurden die niederländischen Magazine ELLE und Harper’s Bazaar mit dem „House of Animals Award“ ausgezeichnet, weil sie keine Pelze mehr in ihren Heften zeigen. Auch bei Werbekunden, die Anzeigen kaufen, wird vermehrt darauf geachtet, dass auch dort kein tierisches Fell promotet wird.

Bleibt eigentlich nur noch die Frage, wann die anderen Labels alle mitziehen und wir uns endlich keinen Pelz mehr auf den Laufstegen ansehen müssen. Mittlerweile gibt es doch so viele Labels, die tollen Fake Fur herstellen.

Eines davon ist Shrimps, ein Londoner Label, welches von Hannah Weiland gegründet wurde und sich darauf spezialisiert hat, bunte und leuchtend verspielte Mäntel aus Kunstfell zu fertigen und die Modebranche im Sturm eroberte. Fans sind unter anderem Alexa Chung, Susie Lau und Poppy Delevingne. „Die Technologie ist heute unglaublich weit fortgeschritten. Man kann Kunstpelz herstellen, der sich ebenso weich anfühlt und hochwertig aussieht wie echter Pelz“, sagt Hannah Weiland.

Noch einen Schritt weiter geht da Stella McCartney, die ich erst vor Kurzem in London zum Interview traf und dort für meine Ledertasche einen verachtenden Blick erntete. Die Tochter des Beatle-Stars wuchs von Tieren umgeben auf und ist wohl die vehementeste Veganerin der Modebranche, wie ich am eigenen Leib erfahren durfte. Sie verzichtet mit ihrem Label schon immer auf Leder und Pelz, setzte lange Zeit nicht einmal Faux Fur ein – aus Prinzip gegen den Look. Wer trotzdem nicht darauf verzichten mag, der findet bei uns die schönsten Modelle aus Modacryl, Polyacryl, Polyester, Synthetik. Materialien aus der Weltraumforschung – klingt doch wie schöne Zukunftsmusik, oder?

Die schönsten Fake-Fur-Modelle:

Header via Vogue Runway

Von Marie

Der erste Satz, wenn mich Leute kennenlernen ist: „Das ist aber selten.“ Ja, ich bin ein seltenes Exemplar: Berliner Eltern, Berliner Blut, Berliner Göre. Tatsächlich bin ich so sehr mit der Hauptstadt verbunden, dass ich meinem Kiez in Schöneberg seit über 20 Jahren die Treue halte und noch nie von hier weggezogen bin – und auch nicht dran denke. Und obwohl wir Schöneberger zwar sehr viel von Bio-Supermärkten und esoterischen Edelsteinläden halten, gibt es hier auch das ganz große Mode-Paradies: das KaDeWe. Der Tempel des Shoppings und der Ersatzkindergarten für meine Eltern, sozusagen das Småland bei Ikea für mich (andere Kinder haben dort ihren ersten Wutanfall, ich schmiss mich in voller Rage im Atrium des KaDeWe auf den Boden und weigerte mich zu gehen). Kein Wunder also, dass Mode und ich nie wirklich Berührungsängste hatten.

Spätestens seit der Oberstufe, in der ich – dank Blair Waldorfs Inspiration aus Gossip Girl (ja, das war meine Serie zusammen mit Gilmore Girls) – die Schule nie ohne Haarreif, Fascinator oder eine gemusterte Strumpfhose betrat, hatte auch mein Umfeld begriffen: Marie macht was mit Mode. Und weil ich damit in meinem katholischen "Elite-Gymnasium" so ziemlich die Einzige war, suchte ich meine Verbündeten 2011 woanders: im Internet. Auf meinem Blog Style by Marie. Und so begann meine modische Laufbahn.

Noch mehr Gleichgesinnte und vor allem Freunde fand ich auf der Akademie für Mode & Design in Berlin, bei der ich 2013 meine Ausbildung in Modejournalismus und Medienkommunikation startete. Was für mich seit der 1. Klasse klar war, nämlich das Schreiben mein Ding ist, wurde jetzt zu meinem Beruf: Journalistin. (Denn ja Oma, es gibt noch etwas anderes als Modedesignerin). Dank meines Blogs und einem Praktikum bei der Harper’s Bazaar Germany in der Online-Redaktion blieb ich auch dem Internet und dem Online-Journalismus treu. Und ratet mal, wo ich jetzt bin: Genau, bei Journelles, dem Blogazine, was alle meine Leidenschaften verbindet: Bloggen, Schreiben, online sein – zusammen mit euch!

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4 Antworten auf „Bye bye Pelz! Warum auch große Labels endlich begreifen, dass Fake Fur die bessere Alternative ist“

Verstehe nicht, warum ausgerechnet journelles so einen hype darum macht, wenn man bedenkt, dass ihre eigenen Mitglieder ganz gerne mal mit z. B. den geschmacklosen Känguruh- Fell Gucci Slippers rumrennen.
Doppelmoral hoch 10, natürlich ist ein (toller) Schritt, dass Gucci künftig auf Pelz verzichten, aber dass jetzt alle auf diesen Zug aufspringen wollen, ist sehr bedenklich.

Liebe Kim,

der Artikel spiegelt meine Meinung wider. Natürlich muss jeder diese Entscheidung für sich treffen. Ich springe damit auch auf keinen Zug auf, diese Haltung habe ich schon lange.

Hab einen schönen Tag!

Marie

MEGA!!! Danke für diesen Artikel und die tolle Auswahl an Kunstpelzjacken! Und Gucci macht es richtig – durch diese Entscheidung ist das Label noch verstärkter im Gespräch, als eh schon 🙂
lg
Esra

Danke für diesen Artikel! Für mich kam Gucci bisher nicht einmal second hand in Frage, weil ich keine Marke tragen möchte, die Echtpelz verwendet, gerade wenn es auch noch so sinnlos und absurd eingesetzt wird wie an offenen! Schuhen.
Ich kaufe Leder nur Second Hand, Pelz dagegen geht für mich nicht einmal aus 2. Hand. Auch nicht der Pelzmantel von Omi (ein sehr beliebtes Argument), denn heutzutage steht Pelz einfach nur für eine sinnlose, dekadente und unglaulich ignorante Grausamkeit und wenn ich ihn trage, signalisiere ich damit, dass diese für mich ok ist und bewerbe sie sogar noch. Egal ob es ein uralter Pelz ist oder neu, in Form eines Kapuzenkragens.
Es lässt sich durch nichts rechtfertigen. Hier in München ist es besonders schlimm – in den letzten Jahren ist Echtpelz wieder überall zu sehen, sogar Kinder tragen Parkas mit Echtpelz. Um so mehr graust es mir vor dem nahenden Winter – bis der Echtpelz hier verschwindet und endlich wieder (er war ja schon mal weg vom Fenster) zum No-Go wird, dauert es sicher noch einige Zeit.
Großes Danke nochmal für euren Artikel #mademyday!

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.