„Manchmal komme ich so euphorisch heim, als wäre ich frisch verknallt“ – Xenia Rosengart vom Interior-Concept-Store Minimarkt

Heute fragen wir eine Interior-Expertin, wie das eigentlich geht: ein eigener Shop in Hamburger Bestlage, eine Auswahl der coolsten Labels und... zwei kleine Kinder!

Ein Karriere-Interview mit Xenia Rosengart stand schon lange auf unserer Liste. Immerhin zählt ihr Concept Store Minimarkt im Schanzenviertel jedes Mal zu unseren Shopping-Highlights, wenn wir in Hamburg zu Besuch sind.

Aber: Gut Ding will Weile haben. In diesem Fall waren es zwei Jahre! Immer kam etwas dazwischen, zum Beispiel die Geburten von Xenias zwei kleinen Kindern, die in kurzen Abständen auf die Welt kamen.

Dass es kurz vor meiner Elternzeit dann doch noch mit unserem Gespräch geklappt hat, deute ich als Schicksalsfügung, denn ich werde nach diesem Interview in der Kinderabteilung des Onlineshops stöbern und Jessie alle Sachen nachkaufen, die sie für ihr Baby geshoppt hat.

Liebe Xenia, wie schön, dass es endlich geklappt hat mit uns beiden. Sag’ mal: Wann hast du eigentlich das erste Mal den Begriff "Concept Store" gehört?

Das war vor vielen Jahren in Paris …

Was verstehst du darunter?

Ein kompaktes, vielfältiges, aber ausgewähltes Sortiment.

Welcher Store war der erste dieser Art, den du dir angeschaut hast?

Das waren tatsächlich Colette und andere kleine feine Pariser Stores.

Warum gibt es überhaupt "Concept Stores"? Welches Bedürfnis befriedigen sie?

Weil Shoppen hier zum Erlebnis für kultur- und lifestyleorientierte Menschen, oft für die ganze Familie, wird.

Wann war der Moment oder Auslöser, dass du gedacht hast: "So, jetzt eröffne ich einen eigenen Laden!"?

Ich bin in einer kreativen Interior- und Fotografen-Familie groß geworden. Ich musste mich aber erst durch eine kaufmännische Ausbildung kämpfen, um am Ende zu wissen, dass sich meine Wurzeln doch nach ihrem angeborenen Freigeist sehnen.

Foto: Konstantin Eulenburg
Xenia Rosengart, Gründerin von Minimarkt (Foto: Peter Fehrentz)

Wie sah dein Plan aus und wie hast du das Projekt finanziell gewuppt?

Ehrlich gesagt hatte ich gar nicht Zeit, mir lange einen Plan oder Gedanken zu machen, plötzlich war der Laden in der Sternschanze da und somit die Frage im Raum: Machen oder nicht? Da mir der Standort mit seinem multikulturellen Einfluss so wichtig war, und die extrem vielfältige Nachbarschaft, musste es jetzt und gleich passieren.

Ich liebe es, Dinge kurzfristig und knackig umzusetzen, weil mir so am meisten Ideen kommen. Mein kaufmännischer Background war sicher hilfreich. Und eine gewisse Leichtigkeit, die ich von meiner Familie habe – wir handeln alle eher aus dem Bauch heraus. Daher konnte ich auch sofort auf deren kreative und finanzielle Unterstützung zählen.

So habe ich ganz mini gestartet – mit einer überschaubaren Ladenfläche, begrenzten finanziellen Mitteln und einem entsprechend minimalistischen Sortiment. Daher auch der Name: „Minimarkt“.

Bis heute verkaufe ich nur Produkte, von denen ich richtig überzeugt bin. Sowie Vintagestücke – das Faible für Nachhaltiges liegt bei uns in der Familie. Seit klein auf hat mich mein Vater auf Flohmärkte mitgenommen, genauso wie es im Urlaub immer mit dem Wohnmobil nach Dänemark und Frankreich ging.

Wie hat sich die Lage rund um deinen Standort in den letzten Jahren entwickelt? Wer sind deine Kunden?

Eine so umtriebige Ecke, wie das Hamburger Schanzenviertel, ist natürlich im stetigen Wandel, aber dank unserer Lage in einer ruhigen Seitenstraße wachsen wir langsam mit dem Viertel mit.

Unsere Kunden sind uns zum größten Teil seit Anfang an treu – stilsichere Leute, darunter auch inzwischen viele Mütter und Väter, die sich für schöne und langlebige Stücke interessieren.

Wie bist du an die Labels herangetreten? Wie schwer war der Einkauf für deinen neuen Laden, den damals noch keiner kannte?

Das war doch schwieriger, als anfangs gedacht. Bestimmte Regeln wie Gebietsschutz oder Mindestabnahmemengen waren mir völlig fremd, das musste ich alles erst lernen. Genauso, dass man sich um Kontakte regelrecht bewirbt.

Wie hebt sich das Sortiment von Minimarkt im Gegensatz zur Konkurrenz ab?

Bei uns gibt es ausgewählte und besondere Produkte für jeden Geldbeutel von lokalen wie internationalen Design-Marken – von Schlüsselbänder aus Bergsteigerseil vom Hamburger Label WNZL, über Hausschuhe für Groß und Klein vom dänischen Hersteller Glerups, Kosmetik & Duftkerzen vom New Yorker Label Malin & Goetz, Wolldecken von Tina Ratzer, Wohnaccessoires von House Doctor, Schmuck von Trois Petits Points bis hin zu Parfüms und coolen Wallets von Comme des Garcons oder Designklassikern von Gubi.

Und natürlich unser Kids-Department, das vor ein paar Jahren neu dazu gekommen ist und immer weiter wächst.

Wie kann man sich den Einkauf von Möbel und Deko generell vorstellen?

Ich kaufe in Online- oder Händlershops, teilweise auf Reisen, halte Ausschau nach kleinen lokalen Labels und durchstöbere internationale Zeitschriften und Blogs.

Gibt es wie in der Mode auch im Bereich Interior-Trends, auf die alle aufspringen oder Labels, die alle haben wollen?

Klar, gibt es Farbtrends oder ähnliches, aber wir versuchen immer unsere eigenen Trends zu kreieren, Themenwelten zu erschaffen und wie ein Showroom inspirieren.

Erinnerst du dich noch an den 1. Kunden im Laden? Was hat sie/er gekauft?

Oh ja, damals bin ich noch mit Papier und Stift hinter unserem selbstgezimmerten Holztresen gestanden und habe tolle Nachbarschaftsgespräche geführt – daran hat sich nichts geändert, auch wenn wir mittlerweile eine digitale Buchhaltung haben.

Wie kann man sich deinen Arbeitsalltag heute vorstellen? Wie wichtig ist es, dass du persönlich im Laden stehst?

Vom ersten Tag bis heute sind schon 5 Jahre ins Land gegangen. Dadurch hat sich ein ganz besonderes, persönliches Team gebildet, das die Kunden mittlerweile sehr gut kennt. Ich selbst bin 2-fache Mutter geworden in der Zeit, arbeite trotzdem täglich, auch im Laden, allerdings die meiste Zeit im Back-Office.

Was macht dir die größte Freude? Und was manchmal Sorgen?

Ganz eindeutig das Gesamtpaket! Der Einkauf, Neuheiten eintreffen sehen, Kundengespräche führen, mein Team, das schon so lange mit vollem Herzen dabei ist – all das zusammen macht mir so viel Spaß wie am ersten Tag. Auch wenn es vielleicht kitschig klingt: Manchmal komme ich so euphorisch heim, als wäre ich frisch verknallt. (lacht) Neulich zum Beispiel war so ein Tag.

Etwas Lampenfieber dagegen habe ich immer kurz vorm Weihnachtsgeschäft, weil das immer noch ein Ausnahmezustand ist und ich bin hibbelig, wenn es im Sommer generell etwas ruhiger wird.

Deine 3 goldenen Regeln, wie man einen Laden erfolgreich führt?

  1. Intensive Kundenbetreuung
  2. Trendgespür
  3. schöne Events oder Kooperationen, diese lieber in größeren Abstanden, dann aber richtig durchdacht und liebevoll umgesetzt, wie bei der Love-Tassenkollektion, die wir mit der Firma Playtype aus Kopenhagen kürzlich realisiert haben

Wie lebt Xenia Rosengart privat - wie kann man sich also deine Wohnung vorstellen? Wie oft räumst du um, welche Lieblingsteile hast du von Minimarkt selbst zuhause und welche müssen unbedingt noch rein?

Oh gar nicht mal so viele, wie man vielleicht meinen könnte. Ich bin erst frisch umgezogen. Einrichten gehe ich immer langsam, aber dafür nachhaltig an und mache nicht jeden Trend mit. Darum ist mein Zuhause auch eher minimalistisch. Umso mehr freue ich mich über ausgewählte Stücke, wie z.B. die langersehnte Mama-Vase von Georg Jensen, die ich von meinem Team zur Babyparty bekommen habe. Oder den handgemachten Kubus 4 von By Lassen aus Dänemark, den ich wie fast alle meine Mitarbeiter zuhause habe. Ansonsten liebe ich meine Love-Becher und die neuen Bilderrahmen von Georg Jensen, aus denen ich mir gerade ein neues Moodboard gebaut habe. Ah, und ganz neu habe ich mir den Korb von PI Project gekauft.

Foto: Brita Sönnichsen
Foto: Brita Sönnichsen

Wie stellst du dir deine - und die von Minimarkt - Zukunft vor – auch unter dem Aspekt einer „Working Mum“?

Bei Minimarkt machen alle mit, heißt die ganze Family packt mit an – vom Mann bis zu den Eltern. Selbst die Babysitterin hält sich oft im Laden auf, damit ich zwischendurch stillen kann. Man kann sogar sagen, der Laden wächst mit dem Leben mit: Gleichzeitig mit meinen eigenen Kids und neuem Know-how ist z.B. auch die Kinderecke dazugekommen.

Aktuell arbeiten wir voller Vorfreude am Relaunch des Onlineshops und schönen neuen Kooperationen.

Vielen Dank für das Interview und nur das Beste für dich, liebe Xenia!

(Fotos: Konstantin Eulenburg, Stefanie Luxat, Peter Fehrentz, Brita Sönnichsen)

Von Alexa

Ich liebe schreiben, bloggen und schöne Dinge zu entwerfen, also mache ich all das.

Als Journalistin habe ich für Magazine und Zeitungen wie Business Punk, Fräulein, Gala, FTD/how to spend it, Instyle, Lufthansa Magazin, Stern, Tagesspiegel, Vanity Fair und zitty gearbeitet. Meine Online-Erfahrungen habe ich u.a. Stylebook und styleproofed gesammelt. Mein Blog heißt Alexa Peng, mein Schmuck-Label vonhey. Ich komme aus dem Rheinland und bin in einem Dorf am Waldesrand aufgewachsen, wo nur einmal in der Stunde ein Bus fuhr. Da muss man sich was einfallen lassen, um sich nicht zu langweilen. Meine Tante hatte in der Stadt eine Boutique und einen Schrank voller Kleider, Schuhe und Taschen, mit denen wir Kinder verkleiden spielen durften. Wir haben Modenschauen im Hobbykeller veranstaltet und die ganze Nachbarschaft eingeladen. Dass ich mal was mit Mode machen würde, war also klar. Nach dem Abi habe ich an der AMD in Hamburg Mode-Journalismus studiert und später an der UdK in Berlin einen Master of Arts in Kulturjournalismus gemacht. In Zukunft will ich mein Label weiteraufbauen, die Welt sehen und gute Geschichten schreiben.

(Foto: Sandra Semburg)

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2 Antworten auf „„Manchmal komme ich so euphorisch heim, als wäre ich frisch verknallt“ – Xenia Rosengart vom Interior-Concept-Store Minimarkt“

Schöner Artikel über eine begabte frau! Interessant zu lesen, wer hinter dem tollen laden steckt, den ich für das beste Interieur-Geschäft der schanze, wenn nicht gar Hamburgs halte (ok, illums bolaget ist auch ganz vorne). Gehe fast täglich dran vorbei und erfreue mich an den schönen Dingen im Schaufenster, jedesmal wenn ich rein gehe, kaufe ich was tolles, die Auswahl ist so fein. Hoffe, ehrlich gesagt, dass die Kinderecke nicht größer wird, Erwachsenen-Interieur ist soviel spannender!

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.