Josephine Gaede ist mit einer Cape-Kollektion vor gut einem Jahr ein kleiner Coup gelungen: Quasi über Nacht wurde ihr Label Das Cape Mädchen bekannt, zur gleichen Zeit sorgten Chloe und Etro für das Comeback des ärmellosen Umhangs auf dem Laufsteg. Seitdem sind wir im Poncho-Fieber.
Für Herbst/Winter 2015 gibt es die Bestseller-Kollektion „La Plus Belle du Quartier“ jetzt in vielen neuen Farben zu kaufen – der beste Beweis, dass es sich bei dem Cape Mädchen nicht um ein modisches One-Hit-Wonder handelt. Denn was als Verkauf eines besonders schönen Urlaub-Souvenirs aus Italien unter Freunden begann, ist inzwischen zu einem kleinen Business gewachsen.
Höchste Zeit für uns, der 28-Jährigen Quereinsteigerin ein paar Fragen zu stellen. Damit passt dieses Karriere-Interview auch in unsere Newcomer-Reihe, für die wir zuvor Interviews mit Malaika Raiss, Chen Jerusalem, Marcus Luft und Herbert Hofmann geführt haben.
Liebe Josephine, bitte fass für uns einmal kurz deine Ausbildung zusammen…
Ich bin in Göttingen geboren und danach x-mal umgezogen, u.a. nach Wien, Toronto und Tübingen. Nach der Schule habe ich ein Jurastudium bis zum 1. Staatsexamen, inklusive Zwischenstationen bei Sotheby’s und Tim Taylor in London, gemacht. Damals sollte es noch in Richtung Kunstrecht gehen. Seit zwei Jahren mache ich Das Cape Mädchen hauptamtlich.
Du bist mit deinem Label innerhalb von kurzer Zeit sehr erfolgreich geworden. Da wollen natürlich alle wissen: Wie hast du das gemacht? Was zeichnet Das Cape Mädchen aus?
Das Cape Mädchen legt viel Wert auf einen persönlichen Kundenkontakt – ich arbeite noch mit Vorkasse – und der nette Emailverkehr bereitet mir große Freude an der Arbeit. Den Kunden gefällt es ebenfalls. So erhalte ich nicht nur Bedanke-mich-Emails und werde mit Cape-Fotos versorgt, sondern kann mich auch über tolle Anregungen – Farben, Größe, Läden-Empfehlungen, pipapo – oder konstruktive Kritik freuen. Ich springe notfalls auch mal abends noch zur Post, wenn jemand den Hochzeitstag vergessen hat, und kann Anfragen unkonventionell und kreativ beantworten. Oftmals helfe ich bei der Farbwahl mit und berate bei der Stickerei, mit der man ein Cape personalisieren kann. Auf diese Weise gleicht kein Tag dem anderen und ich bekomme ständig Feedback, was großartig ist. Mittlerweile ist schon so eine Art „Cape Mädchen Community“ entstanden.
Glaubst du, dass vor allem dieser persönliche Touch das Erfolgsrezept ausmacht?
Das Cape Mädchen auch mein „Baby“, das ich drei Jahre neben dem Studium „großgezogen“ habe und dabei ganz organisch gewachsen ist. Es ist also das Gegenteil eines Reißbrettentwurfs. Ich habe nie weiter als übermorgen gedacht – und mache das eigentlich immer noch nicht anders. Insbesondere anfangs war es einfach Vergnügen, eine Website zu kreieren und mir die ganze Welt drum herum auszudenken. Dass ich davon nun leben kann, ist der Wahnsinn.
Woher beziehst du die Capes?
Die Lammwollcapes werden aus australischer Lammwolle in Italien gefertigt, die „Großstadtindianer“ in Bulgarien: aus Tiroler Walkloden und deutschen Schweinsvelourfransen.
Capes und Ponchos liegen nach wie vor im Trend und man kann sie überall und in jeder Qualität kaufen. Was ist das Alleinstellungsmerkmal deiner Produkte?
Meine Capes haben Fransen und man kann sie auf beiden Seiten tragen – dadurch stehen einem mitunter zwei Farben zur Auswahl. Außerdem sind natürlich keine anderen Capes so schöne und treue Begleiter in allen Situationen. (lacht)
In Interviews mit Einkäufern wie Herbert Hofmann hören wir immer wieder, dass sie jungen Designern empfehlen, von vornherein einen bezahlbaren Bestseller zu entwerfen, den es immer wieder zu kaufen gibt. Was ist dein Bestseller?
Aus der aktuellen Großstadtindianer-Kollektion ist es das dunkelblaue Walklodencape mit schlammfarbenen Fransen und im letzten Jahr ungeschlagen war das kanariengelbe Lammwollcape.
Wie bist du eigentlich auf den Namen „Das Cape Mädchen“ gekommen?
Der Name ist mir – wie vieles, toi,toi,toi – zugeflogen und passender hätte er gar nicht sein können.
Erinnerst du dich noch an den Verkauf des ersten Capes?
Auf einer Italienreise mit 20 habe ich am Comer See ein wunderschönes gelbes Capes im Schaufenster entdeckt, mich verliebt und es sofort gekauft. Zuhause habe ich gemerkt, wie viele Freundinnen davon begeistert waren, daraufhin 30 Stück einschiffen lassen und in Göttingen unter meinem Studentenbett gestapelt. Innerhalb von sechs Wochen waren alle verkauft und ich hatte ordentlich Taschengeld für mein halbes Jahr in London.
Wie ging es dann mit deinem Geschäft weiter?
Als ich 2010 nach Berlin ging, habe ich dann „richtig“ begonnen: ein Gewerbe angemeldet, die Domain und Marke „Das Cape Mädchen“ geschützt und los gelegt. Ohne BWL-Vorkenntnisse, sondern Learning by Doing, einen Schritt auf den anderen folgen lassend, mit einer Riesenportion Glück. Und natürlich mit der großen Hilfe vieler Freunde, die viel mehr Ahnung von Steuererklärungen, Fotografie, Illustration, Webdesign und Modeln hatten und haben als ich.
Die Geschichte hören wir immer: Ohne die Mütter, Männer, Freunde und Freundinnen, die beim Geschäftsaufbau helfen, ginge nichts!
Ja, ob beim Fotografieren, Logo ersinnen, Modeln oder im Weihnachtsstress Pakete packen – beim Geschäftsaufbau haben mir Freunde und Familie sehr geholfen.
Wie sieht dein typischer Arbeitstag inzwischen aus?
Er beginnt meist früh, so gegen 7 Uhr. Ich liebe es, den ganzen Tag vor mir liegen zu haben. Dann widme ich mich größeren Überlegungen, kann Wichtiges schnell entscheiden und genieße die Ruhe vor dem Sturm. Vormittags bis zum frühen Nachmittag sind die Emails dran, es werden neue Bestellungen abgearbeitet und zum Beispiel die Geschäfte mit Capes versorgt. Wenn die Post da war, weiß ich, dass das Gröbste erledigt ist. Dann habe ich häufig Showroom-Kunden, andere Termine oder flitze in die Stickerei.
Seit einigen Wochen habe ich eine Mitarbeiterin, die mir fabelhaft den Rücken freihält. So kann ich nun viel besser reisen, denn meine Geschäftspartner möchte ich in der Regel natürlich auch persönlich kennenlernen. Mit meinen Capes bin ich „krüsch“, die bekommt also nicht jeder.
Hast du nebenbei noch andere Projekte, um die du dich kümmerst?
Das letzte Jahr ließ mir wirklich wenig Zeit für anderes, dafür war zu viel beim Cape Mädchen los. Aber nun steht ein langgehegter Traum in den Startlöchern, ein Online Concept Store, den ich zusammen mit meiner Mutter bestücke. Es wird Ikat-Kissen aus Tschadschikistan geben, Schmuck den ein Istanbuler Goldschmied für uns macht, Keramik aus Porto etc. Ein Kabinett besonders schöner Dinge in kleinen Auflagen. Alles klein und fein und handverlesen und besonders schön. Soviel kann ich noch nicht verraten, aber im September geht es los!
Das klingt gut – und schön, dass du so viel zu tun hast. Was war denn bislang dein schönster Erfolgsmoment?
Als ich das erste Mal ein (mir fremdes) Mädchen in einem meiner Capes in der U8 sah. Davor trugen nur Freundinnen und deren Mütter, Tanten, Cousinen die Capes. Das war irre.
Und was mich auch total gefreut hat, war die erste Weihnachtssaison des Cape Mädchens. Ich war so unfassbar stolz, dass meine Capes echt bei Leuten auf dem Wunschzettel stehen!
Wo siehst du Das Cape Mädchen in fünf Jahren, sprich wie willst du dich und dein Label nachhaltig auf dem Markt etablieren?
Mir gefallen Läden, die sich auf ein Produkt konzentrieren, damit in die Tiefe gehen und ihr Sortiment nicht verwässern. So möchte ich mich peu à peu an neue Capemodelle heranwagen und eine schöne Farben-, Formen- und Textilienvielfalt anbieten. Allein was die Modegeschichte für tolle Capeschnitte bereit hält, ist grandios. Es gibt also noch viel zu tun. Das Cape Mädchen als Capespezialist. Und obendrein können Cape-Mädchen doch ruhig die ganze Welt bevölkern!
Ja, wir sind auf jeden Fall auch große Cape-Fans. Was liebst du persönlich an deinen Entwürfen?
Capes sind wahre Allrounder für jede Situation; ein Kleidungsstück, das eigentlich jeder Frau steht; es ist unprätentiös und umschmeichelt die Trägerin ohne dass es sie dominiert; jedes Cape Mädchen kann das Cape auf seine eigene Weise interpretieren – diesen Gedanken mag ich sehr.
Und wie trägst du das Cape am liebsten?
Auf nackter Haut im Sommer, als letzte Schicht überm Mantel bei Kälte, zum Ballkleid, zur Jeans, als dicken Schal oder einfach locker übergeworfen. Eine Freundin trug das Cape erst als Schwangerschaftsmode und trägt nun ihre Tochter vorm Bauch und das Cape oben drüber. Man kann damit im Grunde alles anstellen. Und zur Not kann man auch mal darauf picknicken!
Vielen Dank für das Interview!
Die Capes kann man entweder direkt über Josephine per Email oder in ausgewählten Laden wie dem KaDeWe, in München bei Nicole Mohrmann, in Düsseldorf beim La Parisienne Store und online bei Reyer Looks kaufen.
Die Highlights aus den Kollektionen Das Cape Mädchen (Nachschub kommt im August!) und La Plus Belle du Quartier Herbst/Winter 2015 seht ihr in der Galerie:
(Fotos: Christoph Hillekamps)
5 Antworten auf „Karriere-Interview: Josephine Gaede von Das Cape Mädchen“
huhu, in Köln gibt es die Capes übrigens bei Mand&Kvinde!!!
Glückwunsch Fini! Und ich spreche aus Erfahrung. Die Capes sind suuuuuper toll!
Fabelhaft, Fini! Meine absoluten Favoriten sind die Indianercapes ….
Ist das ein kleiner Freud’scher Versprecher? Tim Taylor – gemeint war wohl eher Tom Tailor :-))
ich habe das Capemädchen in diesem Jahr entdeckt und bin so begeistert über meins in Taubenblau/Denim. Ewig habe ich nach dem „ultimativen Überwurf“ gesucht – jetzt habe ich ihn gefunden. Viel Erfolg weiterhin!