Der Beruf des Stylisten ist einer der begehrtesten aber auch schwierigsten Jobs in der Modebranche. Wie bei vielen freiberuflichen Tätigkeiten gilt: Es gibt keine geregelte Ausbildung, geschweige denn regelmäßig Kohle aufs Konto, dafür viele schillernde Vorbilder (Nicolas Formichetti, Carine Roitfeld, Rachel Zoe) und Verlockungen aller Art (Reisen! Kleider! Schuhe!).
Fragt sich also: Wie wird man das? Muss man dafür studieren, ins Ausland gehen oder Kate Moss als beste Freundin haben, die einem alle Türen öffnet? Soo-Hi Song ist eine gefragte Stylistin (u.a. Chanel, Hermès, Alina Süggeler von Frida Gold) und bei der renommierten Agentur Shotview unter Vertrag. Journelles geht mir ihr die Karriere-Checkliste durch.
Vorurteile – Check
StylistIn ist ein Job, den man den Eltern erklären muss. Denn die können sich unter dieser Berufsbezeichnung nur wenig vorstellen oder denken, ein Stylist ist jemand, der anderen Menschen einfach schöne Klamotten anzieht. Da sagen viele: „Das kann ja jeder!“ Falsch. „Ein Stylist zieht Leute nicht an, denn das können sie ja selbst – wir kreieren einen Look oder Style“, erläutert Soo-Hi.
Studium – Check
Soo-Hi hat am Lette-Verein (Anm. d. Red: Nächster Info-Tag am 07. März 2014) in Berlin Modedesign studiert und ist seit 2007 im Geschäft. „Umso mehr man weiß, desto besser für den Job. Ich habe in diversen Fächern viel gelernt, sei es Zeichnen, Nähen und Schnitt, Design-Theorie oder Kunstgeschichte.“ Eine zweite Karriere als Modedesignerin schließt die Wahlberlinerin mit koreanischen Wurzeln nicht aus, ebenso wenig den Job des Fashion Directors bei einer Zeitschrift.
„Bei einem coolen Magazin könnte ich mir das schon vorstellen!“ Umgekehrt rümpft sie beim Thema „Quereinsteiger“ genauso wenig die Nase: Würde meine Wenigkeit im Alter von 35 Jahren auf Stylistin umsatteln wollen, fände Soo-Hi das nicht verwunderlich und nennt ein prominentes Beispiel: „Für nichts ist es zu spät. Es ist nie zu spät etwas anzufangen! Kate Moss fängt jetzt auch an und wird Stylistin.“ Kate Moss schreibt und produziert Texte und Modestrecken für die britische Vogue. Ihre erste Geschichte soll im Frühjahr 2014 erscheinen.
x Faktor – Check
Leider ist selbst der Abschluss an einer Kaderschmiede keine Garantie auf eine steile Karriere. „Der Styling-Job hat viel mit Erfahrung und persönlichem Stil, der außergewöhnlich sein muss, zu tun. Eine gewisse Sensibilität ist von Vorteil, ebenso das Verständnis von Modetrends.“
Auslandserfahrung – Check
Kann man in Deutschland als Stylist groß raus kommen? Schwierig, denn die Konkurrenz ist groß. Soo-Hi hat in New York, London und Paris gearbeitet, weil es nicht nur in ihren Augen nach wie vor die Fashion-Metropolen sind. Berlin will eine Modestadt werden, aber vorsorglich einmal über den Tellerrand zu schauen, ist immer von Vorteil.
- Fremdsprachen (Englisch, Französisch, ggf. Italienisch) sind in der Modebranche ein Muss
- Kann man nur so sein Netzwerk vergrößern
- Mehr Erfahrung bedeutet mehr Gelassenheit – man lernt zu improvisieren. In einem nervenaufreibenden Job wie dem des Stylisten sind solche soft skills unabdingbar.
Agentur – Check
Wie bei Models gibt es auch auf Fotografen, Visagisten und/oder Stylisten spezialisierte Agenturen. Die helfen jungen Talenten beim Aufbau eines Portfolios und etablierten Stylisten bei der Abwicklung ihrer Aufträge (Reiseplanung, Honorare, Rechnungen, Buchhaltung), damit sich der Kreative ganz auf die Arbeit konzentrieren kann. Soo-Hi ist bei Shotview unter Vertrag, eine Agentur mit Sitz in Berlin und Wien, die international arbeitet und sowohl viele gute Fotografen (Horst Diekgerdes, Erwin Wurm, Sandra Semburg) als auch bekannte Stylisten wie Klaus Stockhausen oder Niki Pauls vertritt. Wie kamen Soo-Hi und Shotview zusammen? „Ich habe die Agenturchefin Kozva Rigaud durch eine gemeinsame Bekannte kennen gelernt. Von Anfang an war eine Sympathie zwischen uns. Das ist mir sehr wichtig. Die Agentur ist wie eine Beziehung“, so Soo-Hi. Weitere Agenturen in Deutschland heißen Ballsaal, Bigoudi, Blossom Management, Liga Nord, Nina Klein und Nude.
Vielseitigkeit – Check
„Das Tolle an unserem Job ist das weite Spektrum. Wir arbeiten auf Shows und Foto-Shoots, für Werbung oder Magazine und sogar an Produkten“, sagt Soo-Hi. Sie kreierte zum Beispiel auch Schaufenster des Berliner Luxus-Kaufhaus Departmentstore im Quartier 206.
Teamwork – Check
“Fashion-Shoots sind Teamwork. Das beste Ergebnis bekommt man, wenn alle im Team gut sind und zusammen arbeiten. Du brauchst einen guten Fotografen, einen kompetenten Art Director, ein cooles Model und einen kreativen sowie fähigen Hair & Make-up Artist – es hängt von allen ab. Das heißt du bist immer so gut, wie die anderen sind bzw. was sie geben können“, sagt Soo-Hi. Die Einstellung ist wichtig.
Look – Check
Ein gutes Netzwerk ist für einen Stylisten überlebenswichtig, nicht zu vergessen das dicke Portfolio und eine möglichst lange Liste bekannter Labels, Fotografen, Magazine und Prominenter, mit denen man schon gearbeitet hat. Trotzdem alledem gilt aber auch: In kaum einer Branche wird man so nach Äußerlichkeiten beurteilt wie in der Mode. Vorteil an dem Job ist, dass man die eine oder andere Rechnung für Klamotten ans Finanzamt weiterreichen kann. Das verführt zum Shoppen von teuren Handtaschen und Schuhen als „Arbeitskleidung“. Aber wie wichtig ist der persönliche Look des Stylisten hinter den Kulissen der großen Jobs tatsächlich? Soo-Hi winkt ab: „Ich liebe bequeme Klamotten und flache Schuhe bei der Arbeit. Es wäre etwas lächerlich mit Super-Heels auf einer Location im Wald herum zu hopsen. Außerdem geht es bei Shoots und bei der Arbeit nicht um mich.“
Stars – Check
Namedropping gehört zum Handwerk. Letztendlich muss man den Job eines Stylisten aber als Dienstleistung verstehen, was auch schon Hair- & Make-up Artist Philipp Koch Verheyen in seinem Karriere-Interview erwähnte. Persönliche Vorlieben wie „Oh, ich liiiiiebe Beyoncé!“ spielen also keine Rolle. Man muss sich auch in einen Mario Gomez oder in Schauspielerinnen wie Lavinia Wilson oder Karoline Herfurth hinein versetzen können. Mit all ihnen hat Soo-Hi gearbeitet – ansonsten zählen ihre Klienten vornehmlich aus dem Musik-Bereich, denn Mode und Musik gehören für Soo-Hi zusammen. Man denke an Rufus Wainwright, The Drums, Kim Wilde, die Newcomer-Band Haim, Alina Süggeler von Frida Gold oder Max Herre.
„Ich habe nur gute Erfahrung mit Celebrities gemacht. Gerade Musiker sind meistens easy going. Wenn ich jemanden style, müssen wir auf einer Wellenlänge sein. Alle, die ich gestylt habe, waren glücklicherweise offen für meine Ideen.“
Erfolgsformel – Check
Gibt es nicht! „Drei Dinge spielen sowohl im Leben als auch in der Karriere eine wichtige Rolle: Talent, Glück und Erfahrung“, sagt Soo-Hi.
Zum Schluß noch ein kleiner Auszug aus Soo-Hi Songs Portfolio:
3 Antworten auf „Karriere-Checklist: Soo-Hi Song, Stylistin aus Berlin“
Ihr Stil: schön kreativ und speziell! Aber auch: der Beruf hört sich nach harter Arbeit an!
Cooles und interessantes Interview!
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