„Wir versuchen stets Welten zu erschaffen, die atmosphärisch gut funktionieren und dabei so fotogen sind, dass sie zum Posten anregen“ – So funktioniert das Event-Styling von Mrs Brown and Sons

"Der Erfolg einer Kampagne oder eines Events wird heute viel stärker an Reichweiten und Likezahlen gemessen."

Kaum eine Frage wurde uns während und nach dem Journelles Marché häufiger gestellt: Ohhh myyyy, woher kommt diese Wahnsinnsballoninstallation? Ein knappes Jahr später (wie die Zeit fliegt!) gehen wir darauf zu gern noch mal konkreter ein und möchten euch Sibylle und Anna, die mit ihrer Firma Mrs. Brown and sons Event-Styling in Berlin machen, vorstellen. Auch die Blumen im Flower Shop unseres Marchés haben sie immer frisch vom Wochenmarkt geholt und ihren fantastischen Geschmack immer wieder unter Beweis gestellt.

Weil wir restlos überzeugt von ihrem Können sind, haben wir sie zum Karriere-Interview gebeten. Wie ihr Arbeitsalltag konkret aussieht, wie man auch als Quereinsteiger in der Branche Fuß fassen kann und wie viel Einfluss heute Instagram auf den Erfolg eines Events hat?

Hallo ihr beiden! Schön, dass es endlich geklappt hat. Kurz vorab: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, eure Eventagentur zu gründen?

Anna: Wie so oft im Leben war es eigentlich Zufall, oder besser gesagt eine Fügung des Schicksals. Ich hatte schon immer den Wunsch, selbstständig zu sein. Als Sibylle und ich uns kennengelernt haben, schien der Zeitpunkt perfekt, es einfach mal zu probieren und gemeinsam neue Wege zu gehen. Wir wollten mit unserer Agentur möglichst viele Bereiche in puncto Set Design abdecken und den Kunden alles aus einer Hand liefern – von der Möblierung, Set-Bau bis hin zur Floristik.

Alles aus einer Hand also.

Anna: Genau! Wir sind eine Agentur für Set Design und bieten die gesamte Bandbreite im Bereich Eventausstattung. Auch wenn temporäre Projekte und Events bei uns überwiegen, statten wir auch Hotels, Restaurants und Showrooms aus. Außerdem entwerfen wir Messestände und dekorieren ganz selten auch mal eine Hochzeit. Kürzlich haben wir dann noch ein kleines Ballonbusiness namens Konfettiklub gestartet.

Wie seid ihr auf den Namen gekommen? Event, Flower oder Design wären doch passender gewesen.

Sibylle: Ich habe früher unter dem Namen Mrs Brown and sons gearbeitet. Als wir vergangenes Jahr einen kleinen Relaunch unserer Firma und Website planten – die ersten Jahre nannten wir uns noch „The Style Lab“ – fanden wir ihn wieder passend.

Wir sind eben nicht nur „Flower“ oder „Event“, sondern zwei kreative Köpfe, die mit der Unterstützung toller Handwerker, Stylisten und Setbauer (the sons) nahezu jedes Projekt im Bereich Interior umsetzen können.

Unser Flowershop im Journelles Marché

Wer hat euch bei der Gründung geholfen?

Sibylle: Wir würden uns nicht unbedingt als klassische Gründerinnen bezeichnen. Ich arbeite ja bereits seit vielen Jahren in dem Bereich. Als ich Anna kennengelernt und wir beschlossen haben, gemeinsame Sache zu machen, haben wir einfach losgelegt. Es gab im Vorfeld keinen ausgeklügelten Business Plan; wir haben alles step by step aufgebaut und uns mit jedem Projekt ein Stückchen weiterentwickelt.

Netflix Dark Setting
SIBYLLE OELLERICH

Und wo habt ihr euch kennengelernt?

Anna: Bei einem gemeinsamen Projekt. Sibylle hat damals mit ihrem Team, das Set Design für ein Event übernommen, das ich als PR Managerin betreut habe. Ich war beeindruckt, weil sie nicht nur unser Konzept zu 100% verstanden, sondern die Umsetzung alle Erwartungen übertroffen hat. Am Ende sah das Event besser als unser Moodboard aus.

Sibylle: Oh ja, es war eines meiner Lieblingsprojekte! Als Anna vorgeschlagen hat, zusammenzuarbeiten war ich dafür.

Wart ihr Quereinsteiger oder hattet ihr Vorkenntnisse, was die Eventausstattung betrifft?

Anna: Mit Anfang 20 habe ich wie wahrscheinlich die Meisten noch keine konkrete Vorstellung davon gehabt, was für einen beruflichen Weg ich später mal einschlagen möchte. Klar war nur, dass ich gerne im Ausland studieren will und die Studienzeit auch mit dem Reisen verbinden möchte. Daher habe ich mich für den eher „sicheren“ Studiengang entschieden und in England meinen Bachelor in International Business gemacht.

Ich bin also eher ein Quereinsteiger, da ich aus der klassischen PR komme. Ich hatte aber schon immer eine Leidenschaft für Eventkonzepte, cleveres und subtiles Branding etc. Wie man solche Konzepte dann umsetzt, habe ich vor allem von Sibylle gelernt und durch die Arbeit selbst. Anfangs habe ich auch eher assistiert und viel gelernt.

Sibylle: Ach, Anna ist ein Naturtalent! Ich habe vor vielen Jahren als Filmausstatterin angefangen und bin dann nach und nach in den Interior- und Event-Bereich reingeschlittert.

Ihr habt also auch unterschiedliche Vorkenntnisse. Gibt es denn auch eine klare Aufgabenverteilung?

Anna: Ich kümmere mich unter anderem um das Back Office und den gesamten Papierkram. Den Rest der Aufgaben teilen wir uns je nach Job und persönlichen Präferenzen und Stärken auf. Die meisten Aufgaben bearbeiten wir aber gemeinsam, da es mehr Spaß macht und die Kreativität so eine ganz andere Dynamik entwickelt.

Zalando Summerhouse
Studio C Cookies Party

Wie kann man sich euren Arbeitsalltag vorstellen?

Sibylle: Das variiert stark je nach Projekt. Nach einem ersten Gespräch mit dem Kunden und einer Locationbegehung setzen wir uns gemeinsam an das Konzept und die Kalkulation. Nach einigen Abstimmungsrunden mit unserem Kunden beginnen wir mit der Planung der einzelnen Designelemente. Wir suchen Möbel aus, schauen uns in den Fundussen um, briefen andere Dienstleister für bestimmte Bauten, organisieren unser Team für den Aufbau und planen die gesamte Logistik. Wir sind viel unterwegs und durchforsten Einrichtungs- und Dekoläden, Flohmärkte und natürlich den Blumengroßmarkt. Dabei besprechen wir meistens auch die einzelnen Planungsschritte und Ideen.

ANNA KRAY

Vor und während der Events ist es bestimmt sehr stressig. Wie gelingt es euch, unter Hochdruck zu arbeiten?

Anna: Der Stress setzt beim Aufbau des Events ein – sogar kurz vorher, wenn beispielsweise etwas schief läuft und man sehr kurzfristig noch gefühlt eine Million Sachen organisieren muss. Es gibt immer viel zu koordinieren, da wir eng mit anderen wie den Veranstaltungstechnikern, Caterern usw. zusammenarbeiten. Die Tage am Set können sehr lang und körperlich anstrengend sein. Aber wenn am Ende alle Fäden zusammenlaufen und man vor dem finalen Ergebnis steht, ist es toll und immer ein Gänsehaut-Moment.

Habt ihr euch bei einem Event mal verkalkuliert und musstet spontan umdenken?

Anna: Spontan umdenken zu können ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für unseren Job. Egal wie sehr man sich bemüht, im Vorfeld alles zu planen und zu kalkulieren, müssen wir immer mit kurzfristigen Änderungen rechnen. Sei es seitens des Kunden oder weil etwas in der Produktion doch aufwändiger ist, mehr Zeit und damit auch mehr Geld kostet.

Der Klassiker im Eventbusiness ist natürlich das Wetter. In den Sommermonaten müssen wir oft sehr spontan eine komplette Outdoordekoration nach innen verlegen und dafür sorgen, dass das Konzept trotzdem funktioniert und eine bestimmte Atmosphäre geschaffen wird.

Ist denn schon mal etwas arg schief gelaufen?

Zum Glück blieben wir bisher von Katastrophen verschont (touch wood), es gab hin und wieder mal schwierige Situationen. Wir hatten einen kleinen Unfall mit einem gemieteten LKW, der uns am Ende eine Menge Geld gekostet hat. Außerdem müssen wir, wie in jedem anderen Unternehmen auch, auf Ausfälle unserer Dienstleister oder innerhalb des Teams reagieren. Es kommt auch schon mal vor, dass Bestellungen nicht rechtzeitig ankommen und man Pakete und DHL-Boten durch die ganze Stadt verfolgen muss (lachen).

Last but not least, arbeiten wir mit extrem sensiblen Produkten, so kann an einem heißen Sommertag schon mal passieren, dass Blumen plötzlich eingehen. Mittlerweile haben wir aber genug Erfahrung gesammelt und planen solche Faktoren mit ein.

Apropos Blumen: Ich liebe eure Blumenarrangements. Welche Blumen sind momentan besonders beliebt?

Anna: Die gute alte Rose erlebt gerade ein echtes Revival. Mit dem einfachen Trick die Blüten bei besonders großköpfigen Sorten per Hand aufzufächern, bekommen sie einen ganz neuen modernen Look. Gerade arbeiten wir auch gern mit getrockneten Materialien und integrieren neben dem immer noch beliebten Pampasgras auch andere Trockenblumen und Gräser in unsere Bouquets.

Guhl Presselunch

Ihr habt die Eventausstattung für große Marken gemacht: Zalando, Amazon, Netflix – und vergangenes Jahr für unseren Journelles Marché. Wie lernt man die Kunden kennen und wie überzeugt man sie, euch für ihre Events zu buchen?

Anna: Die meisten Jobs bekommen wir über klassische Mund zu Mund-Propaganda. Wir arbeiten auch viel mit PR und Event-Agenturen zusammen, die meistens gleich mehrere Kunden betreuen. Natürlich passiert auch viel über Instagram und das eigene Netzwerk. Viele Anfragen kommen von Kunden, die selbst auf einem unserer Events waren und sich somit live von unserer Arbeit überzeugen konnten.

Wie kreativ könnt ihr bei eurer Arbeit sein? Der Druck ist bestimmt hoch, dass das Design eurem Kunden gefällt.

Anna: Wir bekommen oft nur eine grobe Idee oder Richtung und können relativ frei an das Konzept herangehen und uns total ausleben. Es kommt natürlich auch vor, dass es bereits ein sehr ausführliches Briefing vom Kunden gibt, aber auch da bleibt meist genug Raum für Ideen.

Sibylle: Wir haben einen hohen Anspruch und wollen unsere Kunden zu 110% begeistern. Wir wissen aber auch, dass Design subjektiv wahrgenommen wird und man nie jeden Geschmack treffen kann. Umso wichtiger ist es, sich im Vorfeld eng mit dem Kunden abzustimmen und zu verstehen, welche Erwartungen er hat.

Die Nähe zum Kunden ist unheimlich wichtig.

Anna: Auf jeden Fall. Wir müssen genau verstehen, was sich unser Kunde wünscht und welche Vorstellungen er in seinem Kopf hat. Das muss man manchmal zwischen den Zeilen herauslesen können, da nicht jeder Kunde mit einem klaren Konzept zu uns kommt.

Was war rückblickend die beste Lektion in Sachen Eventausstattung?

Anna: Immer einen Puffer einplanen.

Sibylle: Und genug Kabelbinder dabei haben (lachen).

Heutzutage muss jedes Event "instagrammable" sein.

Anna: Ja, Instagram ist auf allen Ebenen enorm wichtig. Der Erfolg einer Kampagne oder eines Events wird heute viel stärker an Reichweiten und Likezahlen gemessen. Das merken wir an den Briefings und Vorgaben unserer Kunden. In erster Linie sollen sich die Gäste wohl fühlen und eine schöne Zeit haben, auf der anderen Seite muss dieses Gefühl auch durch zahlreiche Posts auf Instagram transportiert werden. Sonst hat das Event quasi nicht stattgefunden. Wir versuchen stets diese beiden Vorgaben zu erfüllen und Welten zu erschaffen, die atmosphärisch gut funktionieren und dabei so fotogen sind, dass sie zum Posten anregen.

Das ist nicht nur für den Kunden, sondern auch für euch wichtig.

Sibylle: Natürlich, wir haben als Ausstatter großes Interesse daran, dass unsere Arbeit auf Plattformen wie Instagram oder Pinterest geteilt wird, da dies unsere Sichtbarkeit steigert. Es ist zudem ein schönes Kompliment.

Amex

Gibt es Orte in Berlin, die euch von dem Design und der Ausstattung, besonders gut gefallen?

Anna: Puh, wo fängt man da nur an? Ich bin großer Fan vom The Stue Hotel, da man es hier geschafft hat, über das Interior Design eine ganz besondere Atmosphäre zu transportieren.

Sibylle: Gerade finde ich auch das Chenche Teahaus in der Rosenthaler Straße sehr toll.

Setdesign im Journelles Marché

Wie sieht es mit eurer Work-Life-Balance aus?

Anna: Da wir ein eingespieltes Team sind und uns gegenseitig vertrauen, kann einer von uns immer kürzer treten, wenn es gerade nötig ist. Ich nutze die freie Zeit meistens für Reisen und Zeit mit meiner Familie und Freunden. Ich habe auch einen kleinen Sohn, der ab und zu mal zu Meetings oder in den Filmfundus mitkommen muss.

Sibylle: Meine beiden Töchter sind schon etwas älter und beide sehr an Interior Design interessiert, daher kann ich oft private Family Zeit auch mit dem Job verbinden und meine Kinder an Projekten teilhaben lassen.

Netflix Dark Setting

Gibt es ein Projekt, das ihr gerne mal realisieren würdet?

Anna: Ich würde gern mal eine richtig gigantische Blumendeko machen à la Jeff Leatham. Aufwändige Konzepte für Fotoproduktionen finde ich auch sehr reizvoll – wenn man richtig viel Zeit hat, so lange zu arrangieren, bis alles perfekt inszeniert ist.

Sibylle: Ich habe nach dem Michelberger Hotel und 25hours im Bikini Berlin wieder so richtig Lust ein Hotel auszustatten.

 

Na dann wünschen wir euch viel Erfolg dabei! Und lieben Dank für das nette Interview!

Bilder via PR

Von Alexandra

Schreiben sollte mir eigentlich leicht fallen, könnte man meinen. Doch wenn es darum geht, etwas über mich selbst zu erzählen, bin ich – ja sagen wir mal – überfordert. Wo fange ich an? Ich habe bei Journelles als Praktikantin angefangen. Danach ging es weiter in die Moderedaktion vom Tagesspiegel und dann wieder zurück an die Uni und dann wieder zurück zu Journelles ;-)

Ich mag Mode und Beauty: Ich liebe neue Trends, spannende Outfits und (zugegeben) auch etwas Shopping. Doch fast noch mehr mag ich es, Mode als Phänomen zu betrachten: Wieso gibt es diesen Trend? Woher kommt er? Welchen Einfluss hat die Politik oder Gesellschaft auf die Mode? Und umgekehrt! Ebenso finde ich es spannend, über großartige Frauen und ihre noch so unterschiedliche Errungenschaften zu berichten, sie kennenzulernen, von ihnen zu lernen ...

Wenn ihr meine Texte lesen solltet: Dankeschön! Es gibt nichts Schöneres, als zu wissen, dass meine Artikel gelesen werden. Und bitte seid gnädig mit mir, wenn ich Fehler mache. Ich lerne noch ... das wird sich wohl auch nie ändern ;-)

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.