Interview mit Jakob von Dandy Diary zu dem brisanten „Fair Trade Fashion“ Video

H&M-Designkollaborationen haben wir in den letzten Jahren immer unterstützt und für gut befunden – ich möchte da nur an letztes Jahr mit Lieblingsdesignerin Isabel Marant erinnern. In diesem Jahr ist mein Interesse so schwindend gering, weil ich die Kollektion von Alexander Wang schlichtweg nicht mag und er sich mit seinem plakativen WANG-Geprolle in meinen Augen

H&M-Designkollaborationen haben wir in den letzten Jahren immer unterstützt und für gut befunden – ich möchte da nur an letztes Jahr mit Lieblingsdesignerin Isabel Marant erinnern. In diesem Jahr ist mein Interesse so schwindend gering, weil ich die Kollektion von Alexander Wang schlichtweg nicht mag und er sich mit seinem plakativen WANG-Geprolle in meinen Augen keinen Gefallen tut. Das ist reine Subjektivität und deshalb lest ihr hier sehr wenig darüber.

Heute Morgen haben die Jungs von Dandy Diary ein brisantes Video anlässlich der Kollaboration gepostet, das Kinderarbeit in einer Fabrik in Indien recht eindeutig mit Wang und H&M verbindet. Das ist ein brisantes Thema, auch für uns bei Journelles – schliesslich berichten wir immer wieder von H&M und anderen Highstreet-Ketten, sind Freunde des Hauses. Einfach die Augen verschliessen kann man angesichts dieses Videos namens „H&M Fair Trade Fashion“ jedoch nicht:

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Ich habe daher Jakob von Dandy Diary um ein schnelles (Messenger-)Interview gebeten, um die oben gesehenen Bilder zu hinterfragen.

Hallo Jakob, danke für deine Zeit! Was hat es mit der Fabrik in Indien auf sich, wie habt ihr den Produktionsort gefunden?

Jakob: Wir hatten vor Ort einen Fixer. Besser gesagt: eine Fixerin. Eine spanische Kriegsjournalistin, die aktuell in Mumbai lebt. Die kannte sich sehr gut aus, hat uns den richtigen Leuten vorgestellt, wusste, wie man in Indien Geschäfte macht und hat uns verschiedene Fabriken gezeigt.

Die Idee für das Video hatten wir schon seit Monaten. Erste Recherchen und konkrete Absprachen mit der Fixerin begannen etwa acht Wochen bevor wir nach Mumbai geflogen sind. Vor Ort haben wir uns dann verschiedene Locations angeschaut und uns letztlich für die jetzt zu sehende entschieden.

Unzählige Reportagen wurden bereits zu dem Thema gedreht, aber nie gab es einen solch konkreten Einblick. Woher kommt die Drehgenehmigung und wie sind die Zustände vor Ort?

Eine Drehgenehmigung hatten wir nicht. Wir haben keine Journalisten-Visa bekommen. Indien scheint nicht sonderlich interessiert zu sein, an ausländischer Presse. Also haben wir uns Touristen-Visa für unser Team besorgt. Einen Großteil des Kamera-Equipments haben wir uns dann über Mittelsmänner vor Ort besorgt. Beim Dreh selbst hatten wir immer wieder mit lokalen Chefs, Offiziellen und Polizisten zu kämpfen. Die mussten wir bestechen, schmieren, irgendwie belohnen, damit es weitergehen konnte.
Die Zustände vor Ort, z.B. in der Fabrik in der wir gedreht haben, sind ganz anders, als man sich das vorstellt. Das ist keine riesige Fabrik gewesen, sondern ein kleines, runtergekommenes Gebäude, mitten in einem Slum. Nebenan wurden Hühner geschlachtet, ein kleiner Laden verkaufte Tee, eine Straße gab es nicht, nur einen staubigen Trampelpfad.

Insgesamt haben in der Fabrik etwa 30 Arbeiter Platz. Ein Fabrik-Besitzer besitzt allerdings mehrere solcher Fabriken, in denen dann für verschiedene Marken produziert wird. In der Fabrik selbst müssen die Arbeiter ihre Schuhe ausziehen, damit der Stoff nicht schmutzig wird. Es darf nicht getrunken und nicht gegessen werden.

Die Arbeiter sind Kinder – ausschliesslich? Wie rechtfertigt der Fabrikbesitzer Kinderarbeit?

Die Kinder, die zu sehen sind, sind im Alter von 9 bis 11 Jahren. Mit dem Fabrikbesitzer haben wir nicht über Kinderarbeit diskutiert. Wir haben nur unseren Film gedreht. Eine punktuelle Diskussion über Arbeitsbedingungen mit jemandem vor Ort halten wir nicht für zielführend.

Was genau wird dort produziert – tatsächlich H&M und Alexander Wang? Und was noch?

Was in der Fabrik produziert wird, darf ich nicht sagen. Das ist Teil des Deals mit dem Besitzer, um ihn und die Arbeiter, die damit ja ihren mickrigen Lebensunterhalt bestreiten, zu schützen.

Das heisst, ihr dürft gar nicht bestätigen, dass dort wirklich Produkte der Kollaboration gefertigt wurden?

In welchen Produktionsstandorten H&M die Wang-Kollektion produziert, kann H&M sicherlich besser beantworten. Wir werden nicht sagen, in welcher Fabrik wir gedreht haben und was für Marken da produziert werden. Das würde das sofortige Ende aller Zusammenarbeiten für die Fabrik bedeuten. Da hängen mindestens 30 Jobs dran, die teilweise ganze Familien finanzieren.

Ohne den Namen des Standorts oder der Firma nennen zu müssen, impliziert ihr damit ja, dass die Kollektion dort gefertigt wird. Nur das müsst ihr ja bestätigen können, damit das Video rechtens ist (was nicht mal ansatzweise die Umstände mildert, dass dort wirklich Kinderarbeit verrichtet wird).

Wir schützen unsere Quellen, definitiv. Ob „das Video rechtens ist“ oder nicht. Das Video ist ja weniger Reportage als vielmehr Diskursanreger.

Das bedeutet aber auch, dass wir nicht konkret H&M und Alexander Wang beschuldigen können – weil ihr eure Quellen schützt. Was zieht ihr als Erfahrung aus diesem Indien-Besuch und wie schätzt du die Chancen ein, dass Kinderarbeit in den kommenden Jahren wirklich abgeschafft wird?

Wir können nicht einschätzen, ob Kinderarbeit abgeschafft wird. Bei der aktuellen Geilheit nach immer günstigeren T-Shirts und immer kürzer werdenden Saisons (bzw mehr Saisons pro Jahr) wird das wahrscheinlich nix. Wer ein T-Shirt für 5 Euro kauft, kann nicht allen Ernstes davon ausgehen, dass da jeder Beteiligte fair bezahlt wird. Das kann nicht funktionieren.

Man denke da nur an die Primark-Reportage. Gibt es noch mehr Filmmaterial?

Wir haben natürlich noch deutlich mehr gedreht. Aber wir werden nichts weiter veröffentlichen und haben uns bewusst für einen kurzen Film entschieden. Ist ja 2014, da schaut keiner mehr lange Movies.

Ihr habt das Video gerade auf eurer FB-Seite veröffentlicht – und schon kommen die ersten Fragen, wie viel ihr dem Jungen im gelben Shirt bezahlt habt.

Wir haben den Kindern 500 Euro bezahlt. 500 Euro für 20 Kinder für je 90 Minuten Arbeit. Höher als der Stundenlohn so mancher Modeblogger.

Weisst du den Stundenlohn eines einzelnen Kindes?

Nein. Aber H&M vielleicht.

Indien geniesst, was Produktionsbedingungen angeht, einen deutlich besseren Ruf als beispielsweise Bangladesch. Ihr fangt sehr deutlich Kinderarbeit ein – Standard in Mumbai?

Wir waren nicht in Bangladesch, haben aber gehört, dass dort die Bedingungen noch schlechter sein sollen. Was aber nicht heißt, dass es in Indien besonders schön ist, in der Textilindustrie zu arbeiten. H&M hat, laut ZDF Reportage von neulich, jetzt angefangen auch in Afrika Produktionen aufzubauen. Dort sind die Lohnkosten noch geringer.

Was ist eure Konsequenz zu dem Video? Fast Fashion ist ja durchaus – genau wie bei uns – ein Thema auf Modeblogs.

Wir haben mit dem Video einen harten Aufschlag ins Feld gemacht. Den Ball können jetzt andere weiter spielen.

Danke für das Interview, Jakob.

UPDATE: Hier lest ihr die Stellungnahme von H&M bezüglich des Videos.

Von Jessie

Ich bin Jessie Weiß, 32 Jahre jung, lebe verheiratet in Berlin, bin Mama von Levi (1), schwanger mit dem zweiten Kind sowie Gründerin von Journelles. Ich liebe Phoebe Philo, Stella McCartney und Isabel Marant, kann aus anatomischen Gründen nicht auf hohen Schuhen laufen, habe einen Céline-Taschentick, tanze und höre leidenschaftlich gern Hip Hop, kann mir selten Ironie verkneifen, leider immer noch kein Französisch sprechen, obwohl ich Paris für die schönste Modestadt der Welt halte, gucke am liebsten Jimmy Fallon, Jan Böhmermann, Game of Thrones oder entspanne beim Serienmarathon auf Netflix, bin ein kleiner Workaholic mit Multitaskingtalent, professionelle Instagram-Durchscrollerin, in jeder Lebenslage tollpatschig, habe ein Faible für skandinavisches Interior und einen Kissen-Tick, bin groß im Wellness machen und wäre daher noch lieber professionelle Hoteltesterin. Mode ist meine grosse Liebe, aber meine Kohle investiere ich eher in Reisen und Essen – und neuerdings fast ausschliesslich in mein Kind.

Als alter Bloghase – 2007 habe ich LesMads mitbegründet – ging im Oktober 2012 mein persönlicher Traum in Erfüllung: Ich habe mich mit "Journelles" selbstständig gemacht. Das Blogazine ist mein digitales Zuhause, News-Plattform, Modetagebuch und tägliche Anlaufstelle für spannenden Content rund um die Themengebiete Interior, Reisen, Beauty und sowohl High Fashion als auch Contemporary Labels und Highstreetmode.

Nebenbei habe ich die Modesendung It's Fashion auf EinsPlus von der ARD moderiert, berate Firmen im Social-Media-Bereich, halte Vorträge und reise um die Welt, um euch täglich den schönsten Content zu präsentieren. Im Juni 2015 habe ich mein eigenes Modelabel JOUUR. gegründet.

2016 ist mein Sohn Levi auf die Welt gekommen. Baby-Themen werden seither auf Mini Journelles behandelt und das nun auch wieder intensiver, da unser zweites Kind unterwegs ist.

Journelles ist inzwischen gewachsen: Wir sind ein sechsköpfiges Redaktionsteam im Berliner Prenzlauer Berg und haben im Sommer 2018 unseren ersten temporären Concept-Store, den Journelles Marché, eröffnet.

Mein Credo: Mode muss Spaß machen, auf Augenhöhe funktionieren und sollte sich nicht so ernst nehmen.

Mehr über mich findet ihr im Presse-Bereich, auf Instagram und ab und an auf YouTube. Subscribe!

Aktuelles Presse-Feature:

VOGUE.DE: "Influencer im Portrait: Jessica Weiß - Alles, nur kein Stillstand"

Kommentare (39) anzeigen

39 Antworten auf „Interview mit Jakob von Dandy Diary zu dem brisanten „Fair Trade Fashion“ Video“

Ich kann gerade nicht fassen, dass unter dem Video bei Facebook sich Kommentatoren beschweren, dass sie die Teile nicht bekommen. H&M antwortet standardisiert, dass es Ihnen die Überlastung des Online Shops leid tue & sie an ihren Kundenservice verweisen – unter diesem Video!!! Wir schräg ist dass denn! Danke für das Video, danke für das Interview. Bei mir hat es ordentlich gesessen!

Immer wieder heftig, wie Bilder einen doch gleich ganz anders erreichen. Natürlich weiß man, dass dort auch Kinder an den Nähmaschinen sitzen, aber einen Saal voll ernster, zu Sklavenlöhnen schuftender Kinder zu sehen, die alle mehr oder weniger im Alter meiner großen Tochter sind, welche gerade fröhlich in der Schule sitzt und nachher beim Laternenumzug mitmachen wird … da wird mir echt anders.

Danke an Dandy Diary, dass sie es immer wieder schaffen, einen aufzurütteln. Und nur als Anregung: Es geht bei dieser Thematik nicht nur um diese Kollektion. Die ach so geliebte Isabel Marant x H&M Kollektion wird sicherlich unter den gleichen Bedingungen produziert worden sein. Wie alle Designerkollaborationen zuvor auch. Und wie die normale H&M Ware, die täglich über die Ladentheke geht.

Und es sind auch nicht nur die Highstreet-Ketten, kik, aldi, tchibo etc, die so und schlimmer produzieren lassen. Auch mittelpreisige und die teuren Luxuslabels lassen mitunter so produzieren, mit einer deutlich größeren Gewinnmarge für den Konzern. Das ist auch kein Geheimnis. Wir können nicht von heute auf morgen alles verändern und die Welt retten, aber wir müssen uns ernsthaft fragen in was für einer Welt wir heute, morgen und übermorgen leben wollen. Unser Kaufverhalten ist die Macht, die wir als Endverbraucher haben…

Ich finde es sehr gut, dass ihr das Thema auch (endlich) aufgreift. Das zeigt, dass ihr euch wirklich mit allen Facetten der Industrie auseinandersetzt und eure Leser informiert. Toll!

H&M hat es einfach bisher gut raus, sich geschickt als Big Player mit Gewissen zu inszenieren (Conscious Collections auf der einen Seite, Abkommen unterschreiben auf der anderen). Nichts davon rechtfertigt oder legitimiert aber die Massen, die sie produzieren und verkaufen.
Generell ist aber das hier meiner Ansicht nach das Kernproblem:
„(…)haben uns bewusst für einen kurzen Film entschieden. Ist ja 2014, da schaut keiner mehr lange Movies.“
Eben. Es guckt keiner lange hin, könnte man auch sagen. Diese – sehr gute – Aktion von den Dandys wird jetzt durch die Medien und das Netz wie die aktuelle Sau der Stunde gejagt. Und spätestens 1 Woche ist alles wie immer. DAS ist das Problem. Die Menschen wollen nichts verändern, solange es sie nicht direkt betrifft.
Ich bezweifle, dass sich H&M und Zara (!) und Co. nun auch auf Journelles verzwiebeln werden… ebensowenig werde vermutlich ich aufhören, dort zu kaufen. Nach einer gewissen Zeit rutscht eben alles wieder in die Routine ab. Sad world.

Man sieht doch wie anfangs ein h&m x Alexander Wang Schildchen in die Kleidung genäht wird… oder hab ich mich da verguckt?

Das stimmt. Daher die konkreten Rückfragen an Jakob, ob er das auch unabhängig von den Bildern bestätigen kann.

Na klar sieht man das. Aber offiziell bestätigen können / dürfen sie das eben nicht, soweit ich das verstanden habe. Aber jeder der Augen hat …

Ich habe das eher so verstanden, dass dieses Label komplett gefaked ist. So wie halt das ganze Video inszeniert ist. Es ist eben kein Beweis für irgendwas, sondern nur ein allgemeines gesellschaftskritisches Statement. Womit ich nicht sagen möchte, dass die H&M-Bekleidung unter besseren Bedingungen hergestellt wird, nur eben zeigt das Video NICHT, dass es exakt diese Kinder in exakt diesem Schuppen sind.

Liebe Jessie,

vielen Dank für das informative Kurz-Interview und dass ihr ebenfalls auf dieses Problem aufmerksam macht. Ich lese Journelles nun schon so lange, früher immer nur als stiller Begleiter, und finde es toll, dass ihr mittlerweile so viele Facetten zeigt. <3

Das Thema kochte ja auch in der Vergangenheit, z. B. durch einige ZDF-Reportagen, immer wieder leicht auf, aber bekanntlich wird ja nichts so heiß gegessen, wie es serviert wird.

Ich glaube, jeder ist erneut bei einem solchen Video geschockt und nimmt sich vor, nie wieder einen Fuß in eine H&M-/Zara-/Mango-/Und wie sie alle heißen-Filiale zu setzen. Das wird in der Regel ein paar Wochen durchgezogen, bis irgendein neues Lieblingsteil für akute Schockverliebtheit sorgt. Ich kann mich ja leider selbst nicht davon ausnehmen, habe aber den festen Vorsatz gefasst, ab sofort eindeutig bewusster und auch weniger zu kaufen. Wenn jeder einen kleinen Schritt in die richtige Richtung macht, wird es zusammen ein ganz großer.

Mich würde jetzt interessieren, wie ihr in Zukunft mit dem Thema Fast Fashion vs. Fair Fashion umgeht, insbesondere da ihr euch als "Freunde des Hauses" bezeichnet.

Alles Liebe aus Hamburg
Nori

Hallo Nori, ich weiss es ganz ehrlich nicht. Es ist ja nun nicht so, als hätte man das nicht irgendwo irgendwie schon gewusst. Wie du schon schreibst, nimmt man sich nun genau das vor – weniger einkaufen, die Ketten meiden – ich setze nun schon länger auf weniger Fast Fashion und mehr auf Designerware, aber auch da kann man nicht zu 100 Prozent sicher sein, dass die Arbeitsbedingungen fair sind. Gleichzeitig wird mir das übrigens vorgeworfen, dass die Kleider viel zu teuer seien. Mir wird dadurch einmal mehr aufgezeigt, dass bewussterer Konsum die Lösung ist.

Andererseits, und das schreibt auch Jakob, hängen hier die Existenzen von ganzen Familien dran. Man ist in Mumbai offenbar darauf angewiesen, dass die Kinder arbeiten gehen – und das ist doch das wirklich Schlimme. Dass es ein Teufelskreis ist.

Oh ja Jessie, in deinem Dilemma bezüglich Journelles möchte ich nicht stecken. Man sieht ja, dass die Posts, in denen günstigere Kettenware besprochen werden, riesigen Zulauf haben (zuletzt der Esprit-3-ways-to-wear). Ich bin ja auch Leserin und gebe zu, sehr oft (zu oft 😉 ) finde ich die Sachen, die du trägst, super – dann klicke ich auf die Verlinkung wie zuletzt bei MesDesmoiselles und der Preis lässt mich den Tab wieder schließen…

Ich finde deine Outfits toll und „inspirierend“, wie man immer so schön im Bloggerdeutsch sagt – aber zu was inspirieren sie mich, außer dazu, das Kleidungsstück auch kaufen zu wollen oder, und da sind wir dann wieder bei H&M und Co., es günstiger ähnlich nachzukaufen (Acne Jensen…)? Schwierig.

Blogs wie dieser wecken natürlich Begehrlichkeiten, dauernd Neues zu wollen. Das ist nicht eure „Schuld“, denn ich bin ja mündig und kann selber entscheiden, wann ich was kaufe. Das bewusstere Konsumieren ist auf jeden Fall die erste Lösung – aber nicht wirklich im Interesse, wenn man wie ihr von Klicks zu Produkten und Bannern lebt. Und mein Portemonnaie hat leider, seit ich 2 Kinder habe, auch nicht mehr so viel für meine Mode-Leidenschaft übrig.
Ich bin mal gespannt, was hieraus folgt. Ich hoffe, es folgt irgendwas. Denn wie du richtig sagst: Kompletter Boykott hilft den Familien vor Ort auch nicht. Aber was dann?! Nur sich zu beschweren bei den Unternehmen? Ich bezweifle es.

Das Problem ist das die Modewelt einfach zu untransparent ist. Man kann tausende Euro ausgeben und Designermode kaufen – das Zettelchen im Futter / Lining sagt aber leider trotzdem häufig ‚Made in China‘ etc.

Die großen Namen lachen sich ins Fäustchen weil sehr viel ihrer Verkaufswahre gar nicht mal so tolles Material benutzt (hallo Poly & Co) und eben auch unter ähnlichen Umständen produziert wird. Das gibt ganz fantastische Gewinne und damit kann man sich dann eben auch tolle Fashion Week Spektakel leisten.

Gewinnsucht auf der einen Seite, unwissende Kunden auf der andere. Und die, die es wissen, lassen sich doch von dem Aussehen blenden und verschließen schnell die Augen vor der Wahrheit. Und das passiert wirklich allen.

Deswegen ist es oft gut Jungdesigner zu unterstützen. Nicht nur, weil sie es brauchen um zu überleben / wachsen. Zum einen liegt vielen das Thema am Herzen, zum anderen heißt kleine Produktion, dass es sich nicht einmal lohnen würde im Ausland zu produzieren und es in fairen Situationen vor Ort produziert werden muss. Ganz oben auf der Liste: Christopher Raeburn aus London. Alles wird von seinem in-house team produziert und noch dazu beschäftigt er sich sehr mit dem Thema Abfall/Verschwendung. Seine Kollektion wird immer unter derm Motto 3x R produziert: recycle, reuse, Raeburn.

Liebe Jessie,

das kann ich mir gut vorstellen, es ist ein Teufelskreis und eine Zwickmühle: ich habe sehr wohl beobachtet, wie in den letzten Monaten Stimmen hier auf dem Blog laut wurden, deine Outfits seien zu teuer und so nicht mehr nachzukaufen. Bei günstigeren Artikeln von H&M, Zara & Co. war die Rückmeldung natürlich eine ganz andere.
Wie du es also machst – du machst es scheinbar falsch. Präsentierst du dich in günstiger Fast Fashion, meldet sich dein (zurecht) schlechtes Gewissen, zeigst du Fotos mit neuen Designerteilen, folgt der Aufschrei auf dem Blog. Herrje. :-/

Vielleicht ist der Weg, den Konsum grundsätzlich erstmal zu reduzieren und vermehrt Outfits aus bekannten Teilen zu zeigen, die du aber immer wieder neu und überraschend anders kombinierst, der richtige. Oder zumindest ein Mittelweg, der beide Seiten vorerst zufriedenstellt.
Schade, ich würde dir gerne die Master-Lösung präsentieren, aber an der feile ich für mein persönliches Shoppingverhalten auch noch. :-/

Alles Liebe!

hier muss ich mal einhaken: bei den designerteilen, die jessie präsentiert, wissen wir ja auch nicht, ob sie fair produziert werden. Es kann doch nicht die Lösung sein, ein teures Kleidungsstück aus schlechten Produktionsbedingungen zu kaufen, weil man dann aufgrund des Preises weniger nicht fair produzierte Teile unterstützt.

Schreibe ich doch selber oben in meinem Kommentar? Abgesehen davon trage auch ich Fast Fashion, das ist kein Geheimnis. Nicht nur von H&M, sondern auch allen anderen möglichen Ketten, die sich sicher genauso wenig wie ein Gros der Designerlabels „fair fashion“ auf die Fahne schreiben können. Deshalb sind all die Anregungen hier spannend, eine solche Diskussion wichtig.

Ich stimme den vorherigen Kommentaren zu, allerdings habe ich noch einen Punkt hinzuzufügen:
Nur weil ein Designerstück 500€ kostet, heißt das noch lange nicht, dass das fair produziert worden ist.
Sich nur noch auf diese Hersteller zu konzentrieren und zu glauben, dass die Sachen fair produziert worden sind, ist keine Lösung.
Ethisch als auch wirtschaftlich nicht!

Haha, das ist doch alles gehupft wie gesprungen.
Mein teurer Daunenparka ist made in China- nicht von Zara&Co-, meine rag&bone Boots handmade in China, eine italienische Vornehmtasche ist zwar made in italy, es ist aber bekannt, dass Asiaten die Taschen dort zu fiesen Arbeitsbedingungen nähen. Meine englische Designertasche: made in China. Und die sagenhaft dolle Veganer Designer-Göttin Schtella, deren Vater aus Mitleid mit den Tieren nichtmal in einem Raum mit einem Ledersofa sein kann, verwendet in ihren ach so veganen Kollektionen Angora, wo letztes Jahr sogar H&M das Zeug aus dem Sortiment genommen hat, weil die Produktionsbedingungen in diesem Fall der Tiere so grausam ist.

Ich sehe für mich als normalem Endkunden keinerlei Chance zu erkennen, wie das Zeug, das ich kaufe produziert wurde.
Es gibt z.B. Fabriken in der Türkei und in Spanien, da arbeitet kaum ein Mensch, alles läuft per Laser. Ist das sinnvoll?
Ich probiere ganz fies stinkende Klamotten zu vermeiden und das wars. Unterschiede bei den Produktionsbedingungen im Preis festzumachen, funktioniert schlicht und einfach nicht. Sieht man hier doch auch: bestimmte Marken sind einfach in bestimmten Kreisen top angesagt, da wird jeder Preis für gezahlt- auch wenn das Zeug hier vermutlich oft gesponsert ist. Man bezahlt die Marke. Aber nicht die Güte der Produktion.

Das trifft es für mich ziemlich genau. Ansonsten: Flohmarkt, selbst nähen und Tauschbörsen – macht Spaß, kostet nicht viel und kann extrem gut sein.

Liebe Jessi, ich würde mir wirklich wünschen, dass Journelles ernsthafte Alternativen aufzeigt. Natürlich ist es dein Blog, dein Geschmack, … aber diese kurzen Aufschreie, die dann in den nächsten Outfitsposts, egal ob Fast Fashion oder Designerteile, ignoriert werden, das kann es doch nicht sein. Es ist sicher eine Zwickmühle, eine Zwickmühle, die dich jobtechnisch wahrscheinlich besonders beutelt, die aber uns alle in unseren Alltag betrifft. Mode ist nicht nur Geschmack und Selbstfindung und -darstellung, Kreativität und schöne Nebensache, sondern irgendwo auch knallharte Politik. Ohne eine Antwort für mich auf all die sich aus dieser Thematik ergebenden Fragen gefunden zu haben, hoffe oder wünsche ich mir, bei Bloggern wie dir kritische Ansätze und Alternativen zu finden.

Ihr wisst aber schon alle dass es zwischen H&M und Céline auch noch etwas gibt? Dann bezahlt man halt nicht 15€ für das Oberteil sondern 80€ oder 150€. Aber eben auch keine 600€. Und bei bewusstem Konsum für viele H&M Gänger auch bezahlbar. Aber viele meiner Bekannten wollen einfach nicht so viel für ein Kleidungsstück ausgeben, einfach weil sie es von H&M und Ketten gewöhnt sind. Komisch, wo für das Handy alle 2 Jahre ohne Probleme 400€ hingeblättert werden und das findet jeder normal. Warum? Wo ist der Unterschied?

Ich hoffe, dass H&M endlich diesen hässlichen Dandy-Diary-Blog für immer vernichtet! Schließlich tragen die beiden Möchtegern-Skandal-Blogger genug vom schwedischen Großkonzern! Die beiden sind einfach nur widerlich. Sorry! Aber das ist meine persönliche Meinung. PS: Und lieber David und Jakob macht Euch weiterhin über Ebola-Opfer auf Eurem Blog lustig. Die Kommentare dürft ihr dann auch wieder alle löschen. Ich bleibe Journelles treu.

Erstens: Dieses Video wirkt nicht sehr authentisch auf mich.

Zweitens: Ich finde DD, deren Texte und Attitüde unangenehm. Hoffentlich sind nicht alles Typen da draußen so.

Drittens: Mich kotzt diese Inkonsequenz an. Jetzt reden wir hier wieder über die schrecklichen Arbeitsbedingungen, sind bestürzt und regen uns auf, aber nächste Woche rennen wieder alle zu H&M und Co., nächste Woche wird Journelles wieder H&M-Klamotten präsentieren oder sich auf H&M-Events herumtreiben oder schlicht mit Werbung für H&M auf dieser Site Geld verdienen.

Alle Jahre wieder diese Diskussionen. Es ist schrecklich, aber wir wissen das und letztendlich ist doch in unserer Gesellschaft nur das eigene Wohl wichtig. Jetzt ist es vielleicht gerade mal chic über die armen armen, verdammt armen Menschen 9.000 Kilometer entfernt von unserer Wohlstandsgesellschaft zu reden und uns mal fünf Minuten Gedanken darüber zu machen, dass wir, die Konsumenten, Schuld daran sind. Wir wollen doch alle schnel schnell und billig billig.

Also, entweder sich aufregen und nur noch Fair Trade-Kleidung tragen, etwas dagegen tun, oder den Mund halten und weitermachen wie bisher. Alles andere widert mich nur noch an, vor allem diese Scheinheiligkeit.

Ich warte auf den Tag, an dem Journelles auch mal nicht den bequemen Weg wählt, sondern couragiert Stellung zu Firmen bezieht, die unter katastrophalen Bedingungen produzieren, und vor allem die Macht, die dieser ja sicherlich gut besuchte Blog hat, zu nutzen, um etwas zu bewegen, und zwar konsequent und dauerthaft. Das ist wirklich etwas, das mir hier komplett fehlt, auch wenn ich sonst gerne die Berichte hier lese.

Wenn aber demnächst hier wieder ein H&M-Posting auftaucht, dann kann ich darüber nur noch den Kopf schütteln.

Manchmal bin ich nur noch bestürzt über unsere Gesellschaft. Bloß nicht über den Tellerrand gucken, immer nur in der eigenen Suppe schwimmen und bloß nur an sich denken.

Beste Grüße
Anna
http://stil-box.net/

P.S. Es sollte schlicht und einfach weniger und mit Bedacht konsumiert werden. Aber diese Ansicht können Journelles, DD und Co. ja nicht unterschreiben, denn dann fehlt ja jede Grundlage für diese Blogs, die ja letztendlich nur den Konsum anregen sollen. Es geht doch im Prinzip um nichts anderes, als dass die Leser angeregt werden sollen, immer wieder neue Dinge zu kaufen. Dann wird alles schön verpackt durch ein Event oder eine Pressreise – fertig. Begehrlichkeiten wurden geweckt, beide Seiten verdienen ihr Geld, der Leser kauft. Alle happy, nur leider nicht diejenigen, die das Zeug nähen müssen…

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.