„Vintage ist etwas, was man findet und nicht sucht“ – Stilikone Maria Bernad im Interview

Wer von Maria bis dato noch nichts gehört hat, der wird sie spätestens jetzt genauer verfolgen. Versprochen!

Ist es möglich, ein Kleidungsstück über Jahre oder sogar Jahrzehnte zu tragen? Was für manche im unaufhaltsamen Trendrad unmöglich erscheint, ist für einige Realität – und auch das beste Zeichen für einen ganz eigenen Stil. So auch für die Stylistin und Designerin Maria Bernad, die sagt, dass fast alle wertvollen Kleidungsstücke in ihrem Kleiderschrank einst ihrer Mutter oder Großmutter gehörten.

Die Spanierin versteht sich auf Mode: coole, feminine Looks, die sie lässig mit Vintage-Teilen in Szene setzt und damit den Nerv der Zeit trifft. Mit über 342.000 Followern auf Instagram entwickelt sie sich gerade zu einer international gefeierten Streetstyle-Ikone. Wer von ihr bis dato noch nichts gehört hat, der wird sie spätestens jetzt genauer verfolgen, versprochen! Dazu hat die 24-Jährige 2017 ihren eigenen Vintage-Shop Les Fleurs gegründet.

Im Interview verrät uns Maria mehr über ihre Leidenschaft für Vintagemode und wie sie diese ganz besonderen Modeschätze findet:

Hii Maria! Für diejenigen, die dich nicht kennen, erzähl uns doch ein bisschen von dir.

Ich bin in Elche (Alicante) geboren und habe Modedesign studiert – einen Teil in Valencia, den anderen in Madrid. Ich arbeite zur Zeit als Stylistin und Designerin und habe 2017 den Onlineshop Les Fleurs gegründet, wo ich Vintagemode und einige zeitgenössische Stücke sowie meine eigene Kollektion verkaufe.

Du wolltest lange Zeit Archäologin werden. Wieso hast du dich für Modedesign entschieden?

Nach meinem Abi wusste ich bloß: Ich möchte etwas Künstlerisches studieren. Ich habe mich aus dem Bauchgefühl heraus für Mode entschieden.

Und woher kommt deine Leidenschaft für Mode?

Die habe ich, seit ich klein bin. Meine Großmutter ist Schneiderin und hat meine Kleider genäht. Daher konnte ich früh entscheiden, was für Farben, Muster und Stoffe ich tragen wollte. In meiner Familie war Mode immer ein Thema. Zum Beispiel liebt meine Mutter Vintagemode.

Du bist nicht nur Stylistin, Designerin und Shopbesitzerin, sondern bist auch auf Instagram dank deinem Stil sehr bekannt geworden. Hast du jemals daran gedacht, ein Streetstyle-Star zu werden?

Nein, niemals! Ich bin sehr schüchtern. Ich hätte also nie geglaubt, dass ich irgendwann so in der Öffentlichkeit stehen würde. Instagram ist eine tolle Plattform – vor allem für Künstler, Fotografen, eigentlich für jeden, der seine Arbeit mehr Menschen zeigen möchte, – aber auch für Normalos wie mich, die durch Instagram bekannter werden können.

Ich behaupte mal, dass sich viele fragen, wie du deine Looks zusammenstellst. Was kannst du ihnen als Stylistin raten?

Ich lasse meinen Charakter durch die Mode sprechen. Ich glaube, man muss in sich selbst hineinhorchen und fragen: Was möchte ich mit meiner Kleidung aussagen? Aber generell achte ich vor allem auf die Farbe und Qualität der Kleidung. Ich kombiniere feminine Teile mit maskulinen und moderne mit Vintage-Stücken.

Ein Look, der nie versagt?

Ein lockerer Anzug, ein weites Hemd, bequeme Schuhe und als Accessoires sicherlich eine Sonnenbrille, eine Vintage-Tasche und große Ohrringe.


Du bist für deine Vorliebe für Vintage berühmt. Was magst du daran?

Wenn man so viel Mode konsumiert und so viele verschiedene Dinge sieht, ist man immer auf der Suche nach etwas Besonderen. Und für mich sind Vintage-Stücke mit einer guten Qualität einzigartig. Die Kollektionen der Designer können mich schnell langweilen. Das passiert mir bei Vintage nicht!

Wann begann deine Leidenschaft für dieses Thema?

Als ich als Teenager den Kleiderschrank meiner Großmutter und den meiner Mutter entdeckt habe. Meine Großmutter hatte so schöne Jacken mit Pailletten aus den 80er Jahren und Seidentaschentücher.

Erinnerst du dich an dein erstes Vintage-Stück?

Es war tatsächlich aus dem Kleiderschrank meiner Oma: ein gold-beigefarbenes Taschentuch von Chanel. Es ist aus Seide und mein absolutes Schmuckstück.

Oft werden die Begriffe Secondhand und Vintage als Synonyme verwendet. Das ist aber eigentlich nicht richtig. Wie definierst du Vintage?

Stimmt, das ist schwierig. Ich betrachte hauptsächlich all das als Vintage, was älter ist als ich. Aber vor allem jene Stücke mit einer Geschichte und damit einem Mehrwert. Für mich können das Teile aus den 30er bis 90er Jahren sein.

Du hast vor über einem Jahr den Vintage-Onlinestore Les Fleur gegründet. Wie kam es dazu?

Ich kam mit meiner Mutter darauf. Ich liebe es, neue Vintage-Teile an jedem Ort, wo ich gerade bin, zu finden. Also dachte ich mir: Wieso nicht das mit anderen Menschen teilen? Es ist inzwischen zu einem Herzensprojekt geworden.

Les Fleurs hat sich also vom Hobby zu einem professionellen Projekt entwickelt.

Genau. Ich habe mit meiner Mutter angefangen; heute habe ich ein größeres Team, unter anderem auch die Fotografin Inmaculada Mariscal. Les Fleurs begann vor einem Jahr als künstlerisches Moodboard auf Instagram, danach haben wir über Instagram verkauft und nun haben wir einen richtigen Onlineshop.

Wie war die Resonanz am Anfang?

Zu meiner Überraschung sehr gut! Viele Netzwerke und Magazine haben sich sehr dafür interessiert und über Les Fleurs geschrieben. Seit eineinhalb Jahren läuft der Shop sehr gut.

Du bist verantwortlich für die Suche und Auswahl der verschiedenen Teile, die wir dann auf Les Fleurs finden: Was sollte ein Kleidungsstück haben und wo findest du es normalerweise?

Ich finde sie meist auf Märkten, in Geschäften und sogar im Internet. Meine Lieblingsmärkte sind im Süden Frankreichs und in Paris. Die Qualität ist mir bei der Auswahl wichtig; und das Stück muss zur Ästhetik von Les Fleurs passen.

Gute Vintage-Teile zu finden, ist gar nicht so leicht.

Man sollte beim Vintage shoppen nicht nach etwas ganz Bestimmten suchen – wenn dann nach einer Farbe oder so. Vintage ist etwas, was man findet und nicht sucht!

Woran erkennt man, ob ein Kleidungsstück eine gute Investition ist?

Wenn es um den Kauf geht, muss man sich – wie bei jedem Kleidungsstück – direkt verlieben. Dann musst du unterscheiden, ob es, obwohl es schön ist und dir gefällt, zu dir und deinem Kleiderschrank passt.

Mit welchem Kleidungsstück oder Accessoire könnte jemand beginnen, der noch nie ein Vintage-Teil gekauft hat?

Ich kann ein Satinhemd empfehlen. Allgemein würde ich aber damit beginnen, nach speziellen Kleidungsstücken zu suchen. Zum Beispiel zur kommenden Hochzeitssaison ein schönes Vintage-Kleid.


Welches Vintage-Teil kann mehrere Jahre überdauern?

Es spielt keine Rolle, was es für ein Kleidungsstück ist. Wichtig ist die Zusammensetzung und das Material. Wolle, Jersey oder Seide können viele Jahre halten.

Und wenn wir nach einem Accessoire suchen?

Goldschmuck wie Ohrringe oder ein Anhänger. Juwelen sind eine gute Investition, weil sie sehr widerstandsfähig sind und ein Leben lang halten können.


Und was ist diese Saison beliebt?

Der Perlenbeutel und Teile aus Leinen für den Sommer. Wir sind auf der Suche nach Kleidungsstücken, die dank ihrer Materialien natürlich aussehen.

Die Boots sind von Isabel Marant.

Nach dem Boom durch Vintage bieten viele Geschäfte ihre Produkte zu exorbitanten Preisen an. Was hältst du davon?

Es gibt nicht so etwas wie den EINEN Vintage-Store. Man muss sich gut informieren, verschiedene Geschäfte besuchen und geduldig sein. Wenn es sich um ein besonderes Produkt handelt, das eine gute Qualität und einen besonderen Wert hat, kann der Preis ruhig höher sein. Dass Händler durch Trends ihre Preise anheben, ist eine ganz andere Debatte.

Und warum wird die Nachfrage nach Vintagemode immer größer?

Weil sich die Menschen wieder nach mehr Qualität und Einzelstücken sehnen. Sie beschäftigen sich stärker mit dem Thema Nachhaltigkeit und den negativen Auswirkungen, die Fast Fashion mit sich bringt. Vintage ist das Gegenteil davon und verändert auch die Sicht auf die Mode. Man denkt über die Produktion, den Transport, die Materialien und den dabei entstehenden Abfall nach. Es wird immer wichtiger und wird zunehmend berücksichtigt. Das ist schön, aber es ist noch ein langer langer Weg.

Letzte Frage: Was möchtest du in den nächsten Jahren erreichen?

Ich möchte weiter so arbeiten wie bisher – dabei in allen Aspekten ich selbst bleiben. Ich weiß: Es wird mich immer glücklich machen, zu wissen, dass ich mein Arbeitsleben dem gewidmet habe, wofür mein Herz schlägt.

Vielen Dank für deine Tipps! Wir wünschen dir weiterhin noch viel Erfolg auf deiner Reise, liebe Maria.

Bilder via PR

Von Alexandra

Schreiben sollte mir eigentlich leicht fallen, könnte man meinen. Doch wenn es darum geht, etwas über mich selbst zu erzählen, bin ich – ja sagen wir mal – überfordert. Wo fange ich an? Ich habe bei Journelles als Praktikantin angefangen. Danach ging es weiter in die Moderedaktion vom Tagesspiegel und dann wieder zurück an die Uni und dann wieder zurück zu Journelles ;-)

Ich mag Mode und Beauty: Ich liebe neue Trends, spannende Outfits und (zugegeben) auch etwas Shopping. Doch fast noch mehr mag ich es, Mode als Phänomen zu betrachten: Wieso gibt es diesen Trend? Woher kommt er? Welchen Einfluss hat die Politik oder Gesellschaft auf die Mode? Und umgekehrt! Ebenso finde ich es spannend, über großartige Frauen und ihre noch so unterschiedliche Errungenschaften zu berichten, sie kennenzulernen, von ihnen zu lernen ...

Wenn ihr meine Texte lesen solltet: Dankeschön! Es gibt nichts Schöneres, als zu wissen, dass meine Artikel gelesen werden. Und bitte seid gnädig mit mir, wenn ich Fehler mache. Ich lerne noch ... das wird sich wohl auch nie ändern ;-)

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.