„Am Tag von Angela Merkels Rede haben die Deutschen das erste Mal gemerkt, wie ernst die Lage ist.“ – Luisa Dames von Aeyde

Im Gespräch mit Luisa Dames von Aeyde

Journelles TV geht diese Woche in die  zweite Runde und den Auftakt hat Luisa Dames, Mitbegründerin von Aeyde, gemacht. Im Frühjahr 2015 von ihr und Constantin Langholz-Baikousis lanciert, hat sich das Berliner Schuh-Label innerhalb kürzester Zeit zum Liebling der Modeszene und darüber hinaus entwickelt. Kein Wunder, denn die Marke verfolgt ein klares Ziel: Jede Frau soll sich Luxus in Form von Qualität leisten können – und zwar zu einem fairen Preis. Das geht, indem jede Kollektion von Aeyde lokal in einer kleinen italienischen Familienmanufaktur produziert und somit an den Transportkosten gespart wird. Handgefertigte Schuhe der Marke kosten so ab 155 Euro.

Von Berlin in die Welt: Die Design-DNA von Aeyde ist klassisch, aber modern – und das kommt an! Mittlerweile sind die Modelle der Brand auch über den eigenen Onlineshop hinaus bei global bekannten e-Tailern wie Net-a-Porter und Mytheresa erhältlich.

Trotz des Erfolgs zieht die Corona-Krise auch an Luisa Dames und ihrem Team nicht spurlos vorbei. Zum Beginn der Woche hat Jessie sie deshalb im Live-Talk auf Instagram gefragt: Wie launcth man eigentlich eine neue Kollektion inmitten einer weltweiten Krise? Und was sind die Learnings? Außerdem werfen wir einen Blick auf die neuen Frühling/Sommer 2020 Modelle und sprechen über die Veränderungen und Chancen, die Corona mit sich bringt.

Unsere Lieblings-Picks aus der Frühling/Sommer 2020 Kollektion von Aeyde:

Insights aus unserem Live-Talk

Über die Anfänge von Aeyde

Damals habe ich bei Zalando gearbeitet und konnte nirgends schönen Schuhe finden, die preislich und optisch meinen Vorstellungen entsprachen. Ich habe Constantin meine Idee vorgeschlagen, die wir dann zusammen weiterentwickelt haben. Seitdem war keine Woche in meinem Leben gleich. Qualität und Komfort stehen bei Aeyde an erster Stelle. Alle Kollektionen werden in kleinen Familienmanufakturen in Italien gefertigt. Die Nähe zu unseren Produzenten gibt uns die Möglichkeit, unser Sortiment zu einem vergleichsweise günstigeren Preis anzubieten.

So läuft es für das Label während der Corona-Krise

Von einem unserer Retail-Partner in Shanghai habe ich im Januar das erste Mal von Corona gehört. Wir haben dann schon versucht, Lösungen zu finden, obwohl das Ganze für uns noch sehr weit weg schien. Wir mussten mit unseren Produzenten, Retail-Partnern und dem Team, das seit dem 13. März im Homeoffice arbeitet, umdenken und alles neu koordinieren. Kurz davor waren wir in Italien zur Ledermesse. Das war genau die Woche, bevor Mailand dicht gemacht und die Fashion Week abgesagt wurde. Eine unserer Mitarbeiterinnen, die schwanger ist, haben wir daraufhin direkt ins Homeoffice geschickt. Es dauerte anschließen noch ein bis zwei Wochen bis die Lage in Deutschland etwas konkreter wurde. Wir sind flexibel mit der Sache umgegangen und ließen jeden von Zuhause arbeiten, der wollte. Technisch war das für uns gar kein Problem.

Wie es mit der Ware jetzt aussieht

Wir hatten Glück im Unglück. Unsere Ware für die Hochsommer-Saison, darunter auch jede Menge Sandalen, kam gerade noch pünktlich aus Italien an. Wir haben alles in Berlin und konnten die Produkte online stellen. Für unsere Retail-Partner war es allerdings schon zu spät. Die Kollektion konnte nicht mehr verschickt werden. Mit dem Verkauf ist es deshalb gerade schwierig.

Die Auswirkungen der Krise auf das Geschäft

Für fast jede Modemarke ist der Zeitpunkt von Corona ungünstig. Die Ware für den Hochsommer ist komplett bezahlt und gleichzeitig hat man die Produkte für die Herbst-/Wintersaison vorfinanziert. Als Marke hat man also zwei große Ausgaben getätigt, ohne das Umsatz generiert wird bzw. überhaupt generiert werden kann. Unser größter Partner in Berlin ist das KaDeWe, das aktuell geschlossen ist. Und auch internationale Onlineshops wie Yoox Net-a-Porter haben ihre Lager vorerst dicht gemacht, um Mitarbeiter zu schützen (Vorbestellungen sind jetzt wieder möglich). Daraus resultiert natürlich, dass wir aktuell keinen Umsatz verzeichnen können.

Über den Umgang mit der Situation, beruflich wie auch privat

Am Tag von Angela Merkels Rede haben die Deutschen glaube ich das erste Mal gemerkt, wie ernst die Lage ist. Wir haben als Unternehmen sehr schnell reagiert und versucht, unser ganzes Geschäft umzuplanen. Wir haben über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen deutlich weniger Umsatz gemacht und sehr viele Nachrichten bekommen. Der Austausch mit unseren Kundinnen ist enorm gestiegen. Langsam geht es für uns wieder bergauf. Wir verstehen natürlich, dass die Menschen sich aktuell mit anderen Themen beschäftigen und in erster Linie nicht ans Shopping denken. Die Gesundheit steht bei allen im Vordergrund. Auch in meinem engsten Familienkreis gab es drei Corona-Fälle. Mittlerweile geht es allen wieder gut.

Darüber, dass die Zukunft derzeit ungewiss ist

Am Anfang kamen wir mit der Homeoffice-Situation sehr gut klar. In der zweiten Woche hatten wir dann plötzlich das Gefühl, wir sitzen vor einem Scherbenhaufen. Wir haben unterschätzt, wie unsicher das Retail- und Wholesale-Geschäft ist. Alles wurde abgesagt und Bestellungen massenweise storniert. Ich habe daraufhin mit vielen unserer Partner telefoniert und versucht, individuelle Lösungen zu finden. Es hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen. Wir sind insofern sicherer aufgestellt, als das wir keinen physischen Store oder Store-in-Store-Flächen haben und so Kosten sparen können. Trotzdem haben wir uns für staatliche Finanzierungshilfen beworben. Aber auch da ist unklar, ob wir die Unterstützung bekommen. In der dritten Woche mussten wir im Team Konsequenzen ziehen. Wir arbeiten mittlerweile alle in Kurzarbeit. Die Auswirkungen werden uns bis in die Frühling/Sommer 2021 Saison begleiten. Wir wissen jetzt schon, dass die Paris Fashion Week im Juni abgesagt wurde. Wir mussten unseren Plan für die nächsten eineinhalb Jahre deshalb komplett umstellen.

Learnings und neue Wege, die gefunden wurden

Wir versuchen, die Möglichkeiten im Digitalbereich vollends auszuschöpfen. Das war von Anfang an unser Ziel mit Aeyde. Wir haben so die Chance, unser Label weiter auszubauen. Man lernt natürlich auch, wer loyale Partner sind und wer einen in solchen Phasen unterstützt. In der ersten Woche waren wir sehr optimistisch gestimmt. Danach haben wir uns mit unserer Presseabteilung zusammengetan und überlegt, was wir tun können. Wir machen uns digitale Formate zunutze. Wir mussten unsere nächste Kampagne komplett umplanen. Das hat etwa zwei Wochen gedauert. Die Herbst/Winter 2020/2021 Saison bei Aeyde wird radikal anders.

Wie wichtig der Austausch mit der Community jetzt ist

Ich finde es schwierig, in so einer Situation nur an den Verkauf zu denken. Im Endeffekt geht es darum, die Menschen und Kunden abzuholen. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, uns unserer Community zu widmen. Wir haben die 14-tägige Kampagne „Stay positive“ lanciert. Dazu gab es über einen Zeitraum von zwei Wochen jeden Tag spannende Inhalte, z.B. eine Live-Lesung, Meditation und Playlisten. Wir haben eh schon immer eine starke Content-Strategie gehabt und bauen darauf jetzt auf. Unsere Community war dafür sehr dankbar. Unser Projekt „Voices of the Globe“ ist sehr gut angekommen und wir haben viel Feedback auf Social Media und auch über unseren Kundenservice bekommen. Das Thema unserer neuen Kollektion haben wir zudem ganz auf den Kopf gestellt. Und wir mussten auch eine Kollaboration absagen, die wir für Mai geplant hatten.

So sieht die Zukunft für Aeyde aus 

Langfristig kann man gerade gar nicht planen. Wir wissen nicht, wann sich die Situation normalisiert. Nach fünf Wochen Homeoffice sind wir mittlerweile eingespielt und versuchen aktuell an digitalen, innovativen Formaten zu arbeiten. Wo vorher Panik herrschte, haben wir jetzt eine Routine entwickelt. Wir schauen, wie sich die Lage in Deutschland in den nächsten drei Wochen entwickelt und reagieren dementsprechend. Am Ende des Tages bin ich Unternehmerin und sehe in der Krise eine Chance. Es ist zum Beispiel toll zu sehen, wie viel man im Homeoffice schafft und daran kann man ansetzen. Man merkt, wie Kleinigkeiten den Alltag massiv verändern können.

Corona und Partnerschaft

Mein Mann ist für seinen Job normalerweise mehrmals in der Woche auf Reisen und bei Terminen. Da momentan alle Veranstaltungen abgesagt sind, haben wir viel mehr Zeit füreinander. Wir kochen zusammen, machen Sport und sind rundum viel entspannter.

Und die nächste Kollektion? 

Die Produktionsstätten machen erst am 5. Mai wieder auf, sodass die Lieferung für Herbst/Winter einen Monat Verzug hat. Es sieht aber so aus, als klappt trotzdem alles nach Plan und wir können im Juli ausliefern. Man muss dazu sagen, dass wir alle Teile eines Schuhs (insgesamt 40 bei einem Paar) aus je einer anderen Fabrik bekommen. Deshalb kann es hier und da auch noch etwas länger dauern. Wir sind abhängig von der Zusammenarbeit mit unseren Partnern.

Wichtige Infos zur Bestellung

Deine Bestellung kannst du ganz einfach über den Onlineshop von aeyde aufgeben.

Lieferung: Innerhalb der EU, in die USA und nach Kanada ist der Versand derzeit kostenlos.

Bitte habt Verständnis, dass es aufgrund der aktuellen Situationen zu Verzögerungen bei der Lieferung eurer Bestellung kommen kann!

Bilder via Jessie und Aeyde.

Text von Katharina Hogenkamp.

Kommentare (2) anzeigen

2 Antworten auf „„Am Tag von Angela Merkels Rede haben die Deutschen das erste Mal gemerkt, wie ernst die Lage ist.“ – Luisa Dames von Aeyde“

Es tut mir leid zu lesen, wie sehr dieses innovative Unternehmen kämpfen muss. Gleichzeitig gefällt mir aber der Optimismus und der Wille von Luisa, nicht aufzugeben und Alternativen zu finden. Wie sie sich engagiert und die Lage klug und ohne Pessimismus analysiert.
Deshalb wünsche ich ihr und ihrem Unternehmen von ganzem Herzen, dass sie mit einer kleinen Delle über die Zeit kommen und dann durchstarten können
Alles Gute
Nicole

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.