Das virtuelle Schaufenster: Wie wichtig ist ein erfolgreicher Instagram-Account für einen Shop? Interview mit Kerstin vom Hayashi Shop

Mehr Follower gleich mehr Umsatz?

Am Frankfurter Flughafen findet gerade ein Fotoshooting für Kerstins Hayashi Store statt. Das Model, Kerstin persönlich, steht mitten in einer gigantischen Flugzeugturbine, sie selbst wirkt darin ganz klein. Dabei trägt sie ein Kleid von Phillip Lim und Schuhe von Chanel. Erst einige Wochen zuvor war sie für ein Fotoshooting in der Sporthalle einer Grundschule und hat neue Looks für ihren Laden fotografiert, davor ging es mit Kerstin in den Wald und davor auf einen Rummel.

Wer dem Account Hayashi Shop auf Instagram folgt, ist live mit dabei. Er erfährt direkt von allen Neuigkeiten, schaut hinter die Kulissen des Stores, lernt Kerstin und das Team kennen. „Unser Instagram-Account ist sehr wichtig. Die Kunden schauen sich die Neuigkeiten in unseren Insta-Stories an, können unsere Outfits im Feed verfolgen. Instagram ersetzt nahezu eine Website. Es ist schneller, immer up to date und auch unsere Brands folgen uns, liken und bekommen so eine Vorstellung von unserem Store sowie der Idee dahinter“, sagt Kerstin. Sie hat es von Anfang an verstanden, sich selbst greifbar zu machen und über Social-Media ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen.

Text von Alexandra Kutek

 

Instagram als Marketing-Tool und Trendgenerator

Seitdem viel mehr Menschen ihren Tag überwiegend online statt offline verbringen, haben (Mode)Unternehmen ihre Prioritäten verschoben. Soziale Medien wie Facebook, Instagram und Co. sind längst nicht mehr nur eine Plattform für den persönlichen Austausch, Marken nutzen die sozialen Netzwerke, um auf sich aufmerksam zu machen und mit Kunden in Kontakt zu treten. Eine starke Social-Media-Präsenz ist eine essenzielle Komponente jeder erfolgreichen Marketingstrategie.

Dabei ist Instagram mit seinen 700 Millionen Nutzern, davon allein 15 Millionen in Deutschland, einer der wichtigsten Stimmungsbarometer der Mode. Was den Menschen hier gefällt, hat das Potenzial zu einem Hype zu werden, der sich auch in den Verkaufszahlen widerspiegelt. Ein Instagram-Account ist für ein (Mode-)Unternehmen also inzwischen ein Muss.

Gerade kleinere Unternehmen, Labels und Stores profitieren von der Plattform. Sie haben oft kein großes Budget für Marketing oder PR; Instagram ist da ein kostengünstige Alternative, um die Bekanntheit zu steigern und sich ein Image aufzubauen. Neu eingetroffene Ware wird zum Beispiel live vorgestellt, an Mitarbeitern fotografiert und dann hochgeladen. Selbst gedrehte Handyvideos zeigen die Mitarbeiter bei der Arbeit und geben einen Einblick hinter die Kulissen. Sowas wirkt authentischer als Werbung und generiert mehr Anhänger.

Und je inniger die Beziehung mit einem Designer, Label oder Store, desto wahrscheinlicher ist es auch, dass der Kunde ein Produkt erwerben wird.

Doch inzwischen ist es gar nicht mehr so leicht, auf Social Media erfolgreich zu werden; Produktbilder und Kampagnenfotos reichen allein nicht mehr aus. Die Unternehmen müssen sich etwas besonderes einfallen lassen, um in der Masse hervorzustechen. Auch Kerstin hat das Konzept ihres Instagram-Accounts in den vergangenen Woche völlig verändert. Wie sich das auf den Umsatz auswirkt? Das verrät sie uns in einem kleinen Interview:

Vor einigen Monaten hat sich der Look deines Instagram-Accounts völlig verändert. Wieso hast du alles umgeschmissen?

Genau, ich habe mein Instagram-Konzept komplett auf den Kopf gestellt. Seitdem man mehr auf den Instagram-Kanal einer Marke oder eines Ladens geht als auf seine Website, wollte ich meinen Feed so kreativ und so professionell wie möglich gestalten.

Auch die Reichweite hat sich seit einiger Zeit verändert. Mittlerweile gibt es unendlich viele Instagram-Accounts. Da wollte ich mich von meinen Wettbewerbern absetzen, mehr Mühe und einen strukturierten Kanal zeigen.

Kerstin trägt einen Mantel von Isabel Marant.

Welches Konzept verfolgst du dabei?

Wir shooten richtige Editorials, also immer neun Bilder an einer Location, die ich dann neun Tage lang hintereinander poste. Wir waren schon an so vielen Orte, zum Beispiel im Senckenbergmuseum, am Flughafen oder in einer Grundschule. Daraus ist ein richtiges Kunstprojekt geworden!

Und wie wählst du die Location aus? Ein Museum mit ausgestopften Tieren ist so schön untypisch.

Das stimmt. Ich suche immer nach Locations mit einem spannenden Look. Das Senckenbergmuseum war natürlich besonders aufregend. Die Location ist ebenso wichtig wie das Outfit. Wir wollen nicht nur Kleidung abbilden, sondern ein Gefühl vermitteln. Das macht das Bild zu einem Kunstwerk. Unsere Philosophie war seit Tag 1: Mode ist Kunst! Und das zeige ich mit meinem Account.

Ist denn dein Umsatz seit deinem neuen Konzept gestiegen?

Tatsächlich ja, der Umsatz ist gestiegen; das Image natürlich auch. Wer kreativen Aufwand betreibt, wird immer belohnt. Unsere Kunden und auch unsere Marken merken, wie sehr wir unsere Kollektionen lieben und sie mühevoll in Szene setzen. Das führt dann natürlich auch zu mehr Umsatz. Besonders sehen unsere Kunden und Lieferanten unsere Vision der Mode. Das ist sehr wichtig für unseren Store.

Du bist das Model bei deinen Shoots. Wie wichtig ist dein Gesicht als Marke für Hayashi?

Ich war die Erste in Deutschland, die einem Fashionstore ein Gesicht gegeben hat und somit der Store selbst zur Marke wurde. Marketingtechnisch war das vor elf Jahren neu und spannend! Ich hatte einen Blog zum Store, kreierte Kurzfilme und hatte die Social-Media-Kanäle. Da ich selbst nicht mehr im Verkauf bin, sondern den ganzen Tag vor dem Computer hänge oder für den Einkauf viel reise, bin ich durch die Fotos auf Instagram immer noch virtuell präsent. Das ist wichtig für die Marke Hayashi und auch für mich.

Inwiefern?

Ich will selbst auch noch Stylingtipps an meine Kunden mitgeben. Das schaffe ich nur noch durch die Bilder. Mein Team setzt das dann vor Ort im Store professionell und für den Kunden individuell um. Dafür brauche ich aber nicht mehr im Laden zu sein.

Kerstins Kleid ist von Kenzo und die Stiefel von Marni.

Kerstin trägt eine Jacke von Kenzo und das Kleid von MSGM.

Generell beurteile ich einen Post mittlerweile nicht mehr anhand der Likes, die er hat.

Welche Fotos kommen besser an und welche schlechter?

Bunt muss es sein! Das habe ich gemerkt. Und natürlich ausgefallen. Ich im pinken Outfit vor einem Privatjet auf dem Rollfeld am Flughafen fällt auf. Die Caption ist auch wichtig. Je persönlicher, desto besser. Manchmal entscheidet aber auch wirklich der Zufall. Es gibt mittlerweile so viele Accounts auf Instagram, da geht das beste Bild auch einfach mal verloren. Schade! Aber die qualitativen Follower sehen es ja und das reicht.

Kann man behaupten: Mit mehr Followern steigt auch der Umsatz?

Das kann man so nicht sagen. Nur Reichweite macht noch keinen Umsatz. Wenn man 100 Follower hat und alle 100 wollen das Kleid vom Foto für 1000 Euro kaufen, klingelt es in der Kasse. Bei 100.000 Followern, die sich nur die Bildchen angucken, verkauft man kein Kleid. Daher ist die qualitative Followerzahl immer entscheidend und die kann auch klein sein.

Generell beurteile ich einen Post mittlerweile nicht mehr anhand der Likes, die er hat. Hauptsache, unsere wahren Follower mögen es und kommen zum Probieren vorbei. Oder freuen sich einfach über unser Bild, haben ein schönes Gefühl. Das ist, was zählt.

Kerstins Strickpullover ist von See By Chloé.

Der stationäre Handel verliert zunehmend Kunden, während der Onlinehandel wächst. Merkst du das auch?

Ja, der stationäre Handel hat sich stark verändert. Durch die breite Auswahl der Big Player im Onlinehandel muss man sein stationäres Angebot noch spezieller gestalten. Das machen wir auch. Und wir bieten eine Kombination aus stationärem Handel und Onlineshopping durch Farfetch an. Das ist ideal für uns. Außerdem verkaufen wir direkt übers Telefon. Zum Beispiel, wenn wir etwas in einer Instagram-Story zeigen, bekommen wir viele Anrufe.

Trotzdem bleibt die Frage, wie ein kleiner Laden an der Ecke mithalten soll, wenn die große Konkurrenz digital aufrüstet.

Es ist eine Herausforderung. Unsere Beratung in Kombination mit einem speziellen, „nischigen“ Einkauf ist unser Schlüssel zum Erfolg. Das Styling ist ebenfalls unser Stärke und die Schwäche der großen Onlinestores. Unsere Preise richten wir immer nach dem von der Marke empfohlenen Verkaufspreis. Ich denke, das Gesamtpaket überzeugt unsere Kunden. 

Also ist der stationäre Handel nicht vor dem Aussterben bedroht?

Nein! Mittlerweile merken wir, dass Kunden gelangweilt sind von den großen Onlinestores. Masse zu Luxuspreisen ohne Haptik und Einkaufserlebnis. Das will der leidenschaftliche Modefan nicht. In einem großen “Schmuckkästchen” mit kleinerer aber kuratierter Auswahl freundschaftlich und individuell beraten werden, macht doch viel mehr Spaß. Individualität setzt sich in diesem luxuriösen Modesegment letztendlich durch. Da bin ich sicher!

Der Denim-Overall ist von Ulla Johnson.

Vielen Dank für das Interview, liebe Kerstin!

Mehr zu Hayashi hier.

Kommentare (2) anzeigen

2 Antworten auf „Das virtuelle Schaufenster: Wie wichtig ist ein erfolgreicher Instagram-Account für einen Shop? Interview mit Kerstin vom Hayashi Shop“

Super interview & I agree. Online ist gut und schön und vor allem auch „convenient“ (das Zauberwort) aber der menschliche Aspekt, das Sinnliche an der Mode geht dabei völlig verloren. Man kann die Entwicklung aber auch nicht ignorieren. Ein Mix aus on- und offline = ideal. Hayashi / Kerstin macht das Süper und sie ist sicher ein großes Vorbild ! Rock on !

Wow! So ein frischer, inspirierender Post! Tolle Frau, kommt mega authentisch, straight, weiblich und klar rüber. Eine Frage muss ich an die großartige Autorin loswerden. Liebe Kerstin, deine Haare sitzen auf alle pics einfach grandios: hast du einen besonderen Styling Trick?? Sieht aus wie ein überlanger bob?? Hast du einen bestimmten Stylisten in Frankfurt, Berlin oder wo anders? danke schön 🙂 LG

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.