Geständnisse einer Modepraktikantin: Tipps für Designpraktika bei großen Labels (Teil 4)

Unsere kleine Serie geht in die letzte Runde! Unsere Modepraktikantin verrät, was sie heute macht – und gibt hilfreiche Tipps, wie man in der Modebranche an Praktikumsstellen herankommt

Wie geht es unserer Modepraktikantin jetzt? Und wie geht es weiter für sie? Es sind die zwei großen Fragen, denen sie sich im vierten Teil unserer Serie „Geständnisse einer Modepraktikantin“ widmet.

Nachdem sich unsere anonyme Praktikantin im ersten und zweiten Teil näher vorgestellt und von ihren ersten Erfahrungen in der Modebranche berichtet hat, ging es im dritten Teil bei Praktikum Nummer 3 und 4 noch einmal richtig rund. Im letzten Teil unserer Serie berichtet sie nun von ihrem aktuellen Job und liefert uns einige Tipps, wie man Praktikumsstellen in der Modebranche bekommt.

Gründerin Journelles

Tatsächlich habe ich die meisten meiner Jobs durch Initiativbewerbungen – oder über das gute, alte „Vitamin B“ bekommen. Aber keine Sorge! Auch ohne Kontakte kann man in der Branche Fuß fassen. Zum Beispiel habe ich mit dem Onlineportal LinkedIn, viele wichtige E-Mail-Adressen herausgefunden. Eine Bewerbung an E-Mail-Adressen, die mit hello@ oder info@ beginnen, finden in den seltensten Fällen den Weg zu den richtigen Personen.

 

Einige gute Internetseiten für Job- und Praktika-Angebote in der Modebranche sind:

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Mein erstes großes Praktikum bekam ich tatsächlich nicht durch Kontakte und auch nicht auf klassische Weise. Ich lief damals durch die Straßen von Paris und klopfte an die Türen der großen Modehäuser. Es war gar nicht so leicht an die Adressen zu gelangen und nur selten kam ich überhaupt bis zur Rezeption. Wenn ich es bis dahin geschafft hatte, wurde mir mein Portfolio abgenommen und versichert, dass es an die richtige Person weitergegeben würde. Ein direktes Gespräch mit dem Head of Design ist mir nur einmal gelungen. Es mag an der guten Laune des Rezeptionisten gelegen haben oder an der Tatsache, dass ich ihn an seine Enkelin erinnerte. Jedenfalls schloss er mich ins Herz und rief gleich den Chefdesigner an. So durfte ich ihn kennenlernen und bekam den Job!

Ich wünschte, ich könnte euch zehn Tipps geben, die euch einen Job oder ein Praktikum in der Modebranche garantieren. Aber so etwas gibt es nicht. Ich habe viele Absagen bekommen. Sehr viele! Viele Labels ließen nach einem Bewerbungsgespräch erst gar nicht von sich hören. Keine nette E-Mail, in der man sich für meine Zeit, die Reise oder die selbstgetragenen Kosten bedankt. 

Ein guter Tipp ist einfach mal nachzuhaken – und sich – im schlimmsten Fall – eine Absage persönlich abzuholen. Anfangs war ich zwar noch schüchtern, auf keinen Fall wollte ich „lästig“ oder „nervig“ sein. Doch ich merkte schnell, dass es in Modeunternehmen oft sehr hektisch und unorganisiert abläuft. Daher ist eine Follow-up-E-Mail oder noch viel besser ein Anruf wichtig. 

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Ist die Bewerbung erst einmal abgeschickt, sollte man der Person einige Tage Zeit lassen, die Unterlagen zu lesen. Danach kann man ruhig nachhaken. Beharrliches, aber höfliches Nachfragen per Telefon wird nicht als penetrant empfunden, sondern als professionell. Es zeigt, dass man wirklich ein großes Interesse an der Stelle hat. Und glaubt mir: Hartnäckigkeit zahlt sich aus! 

Natürlich kommt es am Ende immer auch auf die Laune der jeweiligen Person und auf den persönlichen Geschmack an.

Zwei wichtige Tipps habe ich dann noch für angehende Modedesigner: Haltet eure Arbeiten während des Praktikums immer fest! Auch wenn einige Unternehmen es nicht gerne sehen, wenn ihre Praktikanten jede Drapierung mit dem Handy fotografieren. Es ist das Recht eines jeden Assistenten, seine Mitarbeit an den Kollektionen nachweisen zu können.

Zudem würde ich euch immer empfehlen, ein Notizbuch bei sich zu haben. So könnt ihr gute Ideen festhalten. Denn die meisten Unternehmen prüfen die Kreativität eines Praktikanten gerne spontan. In diesen stressigen Augenblicken wäre es für mich ein Segen gewesen, hätte ich damals ein paar gute Ideen griffbereit gehabt.

Durch meine Praktika wurde mir bewusst, ob ich ein solches Leben führen möchte – oder nicht. Seht euer Praktikum als Chance an, zu erkennen, ob ihr so arbeiten möchtet. Zu wissen, was man NICHT will, ist auch viel wert. Wenn ein Praktikum oder Job unerträglich wird, wägt ab, ob es die Qual wert ist. Denkt daran: Der Weg ist das Ziel!

Wie es mit mir weiterging? Ich machte noch ein fünftes Praktikum. Alle guten Dinge sind schließlich fünf ;-). Danach kam ein tolles Jobangebot. Mittlerweile bin ich Designerin bei einem Label, das seine Kollektion auf der Pariser Fashion Week präsentiert. Trotz eines sehr kleinen Teams habe ich viel Zeit für den kreativen Prozess und die Ideenfindung. Montags werde ich gefragt, wie mein Wochenende war. Und tatsächlich wird auch eine Antwort erwartet. Das war ich so nicht gewohnt. Denn in all meinen Praktika ließ die Zeit lediglich ein Kopfnicken oder ein gezwungenes Lächeln zu.

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Also – es wird irgendwann besser. Es gibt auch gute Jobs in der Modebranche. Ich arbeite zwar immer noch viel, habe mich aber bereits beim Bikram Yoga angemeldet, sämtliche Cafés in Paris auf ihre Brownies getestet und meine Freunde sehe ich auch öfter. Ich genieße es, endlich meinen Vornamen wiederzuhaben sowie nicht mehr die Mandelmilch-Beauftragte zu sein. Ich führe mit Praktikanten konstruktive Feedback-Gespräche und gebe mein Wissen an sie weiter. Nun ist es für mich an der Zeit, die nächste Generation auf diese Erfahrungen vorzubereiten – ohne dabei Stecknadeln in deren Richtung zu werfen.

Wo ich mich in fünf Jahren sehe? Das weiß ich nicht. Aber ich zerbreche mir darüber nicht den Kopf. Ich bin stolz auf die Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe und heute noch immer machen darf. Zu der Entscheidung, mein Leben der Modewelt zu widmen, kann ich es daher nur Alice im Wunderland zitieren: „This is my dream, I’ll decide where it goes from here.“

 

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Von Jessie

Ich bin Jessie Weiß, 32 Jahre jung, lebe verheiratet in Berlin, bin Mama von Levi (1), schwanger mit dem zweiten Kind sowie Gründerin von Journelles. Ich liebe Phoebe Philo, Stella McCartney und Isabel Marant, kann aus anatomischen Gründen nicht auf hohen Schuhen laufen, habe einen Céline-Taschentick, tanze und höre leidenschaftlich gern Hip Hop, kann mir selten Ironie verkneifen, leider immer noch kein Französisch sprechen, obwohl ich Paris für die schönste Modestadt der Welt halte, gucke am liebsten Jimmy Fallon, Jan Böhmermann, Game of Thrones oder entspanne beim Serienmarathon auf Netflix, bin ein kleiner Workaholic mit Multitaskingtalent, professionelle Instagram-Durchscrollerin, in jeder Lebenslage tollpatschig, habe ein Faible für skandinavisches Interior und einen Kissen-Tick, bin groß im Wellness machen und wäre daher noch lieber professionelle Hoteltesterin. Mode ist meine grosse Liebe, aber meine Kohle investiere ich eher in Reisen und Essen – und neuerdings fast ausschliesslich in mein Kind.

Als alter Bloghase – 2007 habe ich LesMads mitbegründet – ging im Oktober 2012 mein persönlicher Traum in Erfüllung: Ich habe mich mit "Journelles" selbstständig gemacht. Das Blogazine ist mein digitales Zuhause, News-Plattform, Modetagebuch und tägliche Anlaufstelle für spannenden Content rund um die Themengebiete Interior, Reisen, Beauty und sowohl High Fashion als auch Contemporary Labels und Highstreetmode.

Nebenbei habe ich die Modesendung It's Fashion auf EinsPlus von der ARD moderiert, berate Firmen im Social-Media-Bereich, halte Vorträge und reise um die Welt, um euch täglich den schönsten Content zu präsentieren. Im Juni 2015 habe ich mein eigenes Modelabel JOUUR. gegründet.

2016 ist mein Sohn Levi auf die Welt gekommen. Baby-Themen werden seither auf Mini Journelles behandelt und das nun auch wieder intensiver, da unser zweites Kind unterwegs ist.

Journelles ist inzwischen gewachsen: Wir sind ein sechsköpfiges Redaktionsteam im Berliner Prenzlauer Berg und haben im Sommer 2018 unseren ersten temporären Concept-Store, den Journelles Marché, eröffnet.

Mein Credo: Mode muss Spaß machen, auf Augenhöhe funktionieren und sollte sich nicht so ernst nehmen.

Mehr über mich findet ihr im Presse-Bereich, auf Instagram und ab und an auf YouTube. Subscribe!

Aktuelles Presse-Feature:

VOGUE.DE: "Influencer im Portrait: Jessica Weiß - Alles, nur kein Stillstand"

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.