Vergangene Woche feierte unsere Jessie ein kleines TV-Comeback. In der NDR Dokumentation „Hits, die an die Wäsche gehen – 70 Jahre Musik macht Mode” durfte die dienstälteste Modebloggerin Deutschlands natürlich nicht fehlen. Zwar stand (oder besser: saß) Jessie diesmal nur als Kommentatorin vor der Kamera, dass sie aber neben dem Schreiben durchaus auch Moderatorinnen-Potenzial hat, bewies sie bereits vor sage und schreibe fünf Jahren in ihrer eigenen Serie „It’s Fashion”. In insgesamt zwei Staffeln berichtete Jessie hier über die neuesten Trends, blickte hinter die Kulissen der Fashion Weeks und fühlte Designern und Promis auf den Zahn.
Jessie war mit ihrer kleinen, aber feinen ARD-Serie Vorreiterin eines Trends, der immer mehr Fahrt aufnimmt und über den wir auch im Office schon fleißig diskutiert haben. Zeit also, für eine neue Runde Gesprächsstoff! „Blogger goes TV“ ist zur Zeit nämlich in aller Munde und die schreibende und fotografierende Zunft für das wichtigste Informationsmedium der Deutschen von immer größerem Interesse. Aber auch auf sogenannte Vlogger, Youtube-Blogger, hat es die TV-Branche abgesehen. Nur, warum schießt sich ein Medium, das noch immer den größten Einfluss auf die Meinung der Gesellschaft hat, so auf einzelne Personen ein und möchte unbedingt mit ihnen zusammen arbeiten?
Das Zauberwort heißt Authentizität. Influencer, seien sie aus den Bereichen Fashion, Beauty, Fitness oder Technik, leben von ihrer Glaubwürdigkeit, ihrem Know-how, sowie ihrer Reichweite und sorgfältig abgesteckten Zielgruppe. Laut eines Artikels im Tagesspiegel, der sich wiederum auf den Social-Media-Atlas der Hamburger Kommunikationsberatung Faktenkontor und des Marktforschers Toluna bezieht, kauften 13 Prozent aller Internet-Nutzer im vergangenen Jahr ein Produkt oder nahmen eine Dienstleistung in Anspruch, weil sie von einem Youtuber empfohlen wurde. Schaut man auf die Blogger, haben immerhin fünf Prozent der Leser deren Einkaufstipps befolgt. Diese Zahlen mögen auf den ersten Blick nicht besonders hoch erscheinen, doch macht man sich klar, mit wie viel Werbung man selbst tagtäglich konfrontiert wird, sind fast 15 Prozent schon eine ordentliche Hausnummer. Und, Hand auf’s Herz: Wie oft habt ihr schon Artikel gekauft, weil ihr auf Blogs über sie gelesen oder auf sie Instagram-Accounts gesehen habt? Eben.
Gerade Privatsender bedienen sich gerne bei den von der jungen Bevölkerungsgruppe angehimmelten Influencern. Riccardo Simonetti bekam mit „Riccardo’s Dream Date” seine eigene Sendung auf dem Bezahlsender E! Entertainment. Shirin David, ihres Zeichens Beauty-, Fashion- und Lifestyle-Youtuberin mit über zwei Millionen Abonnenten, schaffte es sogar auf den Juryplatz neben Dieter Bohlen bei „Deutschland Sucht Den Superstar“. Eine schöne Youtuberin interessiert die Jugend eben mehr, als ein verstaubter Herr Bohlen. Das Ziel? Die junge Zielgruppe wieder zum Einschalten zu bewegen, nachdem die Castingshow in den vergangenen Jahren mit stetig sinkenden Einschaltquoten zu kämpfen hatte. Oft entstehen gar recht vielschichtige Konstellationen. So tat sich mit der InStyle Deutschland ein international erscheinender Printtitel mit dem Privatsender ProSieben zusammen. In der Serie „The Perfect Shot” trat die Modebloggerin Masha Sedgwick gegen einen Nachwuchsfotografen an. Ziel? Das perfekte Foto schießen. Masha bewaffnet mit ihrem Smartphone, der Fotograf mit einer professionellen Kamera. Masha, für die Leserinnen ein Vorbild ist, mit dem sie sich identifizieren können, ging als Siegerin der ersten Runde hervor. Das von ihr geschossene Foto wurde in der aktuellen Dezemberausgabe der InStyle abgedruckt. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Als erfolgreiche und etablierte Bloggerin ist der Mehrwert für Masha hier sicher geringer als der für InStyle und ProSieben. Mit Formaten wie diesen wird versucht, sich die schnell wachsende Nachwuchszielgruppe zu sichern. Denn Blogger und Youtuber sind als Influencer nicht nur Profis auf ihrem Gebiet, sondern überzeugen ihre Fans und Leser auch durch Nahbarkeit und mit einer großen Portion Sympathie – und erreichen sie dort, wo sie sich die meiste Zeit aufhalten: online und am Smartphone. Da können die klassischen Formate der Sendeanstalten nicht mithalten. Warum setzen sich Blogger wie Masha, Riccardo oder auch Jessie dann dennoch vor die Kamera? Fernsehen ist noch immer die wichtigste Informationsquelle in unserer Gesellschaft. Für Blogger bedeutet ein TV-Auftritt also auch schlicht: Reichweite vergrößern, klar. Dann kommt noch hinzu, dass natürlich jeder gerne ein mal vor einer Kamera stehen würde, oder? Zurechtgemacht, gut ausgeleuchtet uuund „Kamera läuft!”. Wenn sich dann auch noch die ganze Sendung oder der komplette Beitrag um die eigene Person dreht, da würde doch niemand Nein sagen. Gleiches gilt für die klassischen Printmedien. Wenn eine VOGUE oder InStyle anklopft ist es, als würden die Ikonen der Jugend anfragen und mal nicht nur über den Bildschirm zu flimmern, sondern sich in gedrucktem Bild und Wort zu sehen, ist für viele Blogger noch immer eine große Ehre. Nicht zuletzt, weil Printmagazine und Tageszeitungen sowas die Vorreiter des Onlinejournalismus sind und ihnen noch immer dieses Altehrwürdige und Mondäne anhaftet. Ist bei aller Nahbarkeit nämlich auch mal schön.
Doch Fakt ist: Das TV braucht die Blogger mehr, als andersherum. Doch noch ein weiterer Faktor spielt gerade im Bereich Mode eine Rolle. Wurden Blogger vor wenigen Jahren noch belächelt und nicht als echte Journalisten betrachtet, hat sich das Blatt nun gewendet. Durch Fleiß und Talent haben es Blogger und Bloggerinnen wie Chiara Ferragni oder Brian Boy geschafft, dass der Berufsstand ernst genommen wird und digitale Publikationen dene im Print bald den Rang abgelaufen haben. Nicht zuletzt, was den Einfluss auf die Leser angeht. Auch elitäre Sender wie Arte scheuen schon lange nicht mehr davor zurück, Blogger als Profis zu Rate zu ziehen und ihnen gar ganze Dokumenationen zu widmen. So geschehen bei „Wir sind Fashion – die Macht der Modeblogger”. Die Doku wurde vor zwei Jahren im Rahmen der Arte Fashion Week ausgestrahlt und widmet sich ohne Häme und mit Ernsthaftigkeit dem Berufsbild des Bloggers.
Die Mehrheit der Gesellschaft reguliert die Mechanismen vieler Bereiche unseres Lebens. Und auch wenn heute noch ein Gros der Menschen in Deutschland mit Youtube und Bloggen nicht wirklich etwas anfangen kann, so wird sich das Blatt in Zukunft langsam, aber stetig wenden. Wer weiß? Vielleicht beziehen wir schon in zehn Jahren sämtliche Informationen ausschließlich in Echzeit über Feeds? Bis dahin heißt es sicher noch etwas öfter Blogger goes TV, oder, wie wir es noch eher nennen sollten TV needs Blogger. Denn so sieht es doch aus.
Bilder im Header via It’s Fashion und imdb.com
3 Antworten auf „Gesprächsstoff: Blogger goes TV oder did Blogging kill the Video Star?“
Ich möchte an dieser Stelle sagen, ich vermisse It’s Fashion total! Das war eine so klasse Sendung. Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum das eingestellt wurde… ein echter Verlust fürs TV. Sowas sollte im Vorabendprogram der ARD laufen, anstatt irgendwelche dämlichen Quiz-Sendungen…
Was ist denn mit Deinem YouTube-Kanal? Würd ich da gerne mehr von Dir sehen… ?
bisschen arrogant. xD
Ich meine, niemand kennt die Blogger…. also was soll das Geschwafel 😀 … man ist in der Szene vllt. bekannt, aber zu sagen, das TV ist auf Blogger angewiesen.. puuuuuh.