Label to watch: Im Interview mit Estelle Orilland von Stée über die It-Bags von morgen

Es gibt unzählige Designerhandtaschen auf dem Markt – und dennoch haben wir ein neues Brand entdeckt, das es wert ist, einen genaueren Blick auf die Geschichte dahinter zu werfen

Handtaschen und It-Bags gibt es wie Sand am Meer: Ob die Faye von Chloé, die Dionysus von Gucci oder die Pierce-Bag von J.W.Anderson – wer die Wahl hat (und das Geld), der hat die Qual.

Trotzdem fehlte Estelle Orilland etwas auf dem Accessoire-Markt: etwas „Anderes“, etwas „Neues“. Deshalb wagte die Französin den Schritt und gründete ihr eigenes Taschenlabel Stée. Erfahrungen sammelte sie bei großen Namen wie Marni, Stella McCartney und Saint Laurent – von denen sie das Wissen erlernte und in ihre eigene Kollektion steckte:

Taschen aus weichem Leder, mit raffinierten Details und in bunten Farben – es ist nicht zu übersehen, dass Estelle ein Auge für die schönen Dinge des Lebens hat. Es ist das Gefühl für Formen, filigrane Silhouetten und das gekonnte Spiel mit Kontrasten, das Estelle und ihr Label ausmacht. Wir haben mit der Karrierefrau über Handtaschen, It-Modelle und Klassiker, sowie Stée und die damit verbundenen Herausforderungen gesprochen.

Handtaschen gibt es in allen Formen, Farben, Größen und Preiskategorien. Was hat dir bei den vorhandenen Modellen gefehlt, weswegen du dein eigenes Label gründen wolltest?

Ich wollte etwas Anderes kreieren, als das, was es gerade auf dem Markt angeboten wird. Bei mir stehen Funktionalität und Charakter im Vordergrund, die Modelle sollen sich von der Masse abheben und durch einen starken Wiedererkennungswert gekennzeichnet sein.

Was bedeutet Stée und wie spreche ich es aus?

Stée steht als Abkürzung für meinen Vornamen Estelle, den meine heute vierjährige Tochter so abkürzte, als sie zu sprechen begann. Das ist auch der Grund dafür, warum alle Modelle nach meiner Tochter und ihren besten Freundinnen benannt sind: Rosa, Aimée, Ivy und Maya. 

Die Aussprache ist französisch, das ist ja auch meine Muttersprache, also liegt die Betonung auf dem langgezogenen „e“ am Ende des Worts.

Was hast du gemacht, bevor du dein eigenes Label gegründet hast? Erzähl uns doch etwas von deinem Werdegang.

Ich bin in Paris geboren und in Frankreich und Deutschland aufgewachsen. Meine Großmutter hatte in ihrer Jugendzeit bei Dior als Couturière ausgeholfen. Ihre Erzählungen haben mich so fasziniert, dass bei mir sehr früh der Wunsch entstand, auch irgendwann in der Mode zu arbeiten.

Nach meinem Studium an der ESMOD in Paris ging ich zunächst nach New York, wo ich die ersten Schritte in Richtung Ready-to-Wear machte. Zurück in Paris habe ich dann recht schnell den Entschluss gefasst, mich nur noch auf Accessoires zu konzentrieren. Ich habe eng mit Phoebe Philo zusammengearbeitet, die zu der Zeit noch die kreative Leitung bei Chloé inne hatte. Dann ging ich zu Saint Laurent und danach zog ich nach London, um bei Stella McCartney die Taschenkollektionen aufzubauen.

Der Liebe wegen bin ich danach nach Deutschland gezogen. Momentan wohne ich in Frankfurt und bin selbstständige Designerin und Design Consultant für internationale Marken in Europa. Seit sechs Jahren arbeite ich für Karl Lagerfeld und kümmere mich um die Taschen-Linien. Ich bin ständig unterwegs und pendle zwischen Deutschland, Amsterdam, Paris und Mailand, um die Designs der Kollektionen zu präsentieren und auszuarbeiten. Und bis vor kurzem habe ich noch die Taschenkollektionen für Marni kreiert, wo ich mit Consuelo Castiglioni zusammengearbeitet und die Accessoires-Linie aufgebaut habe.

Wow, das sind viele große Namen. Was hast du bei Labels wie Stella McCartney und Marni gelernt? Was willst du besser machen?

Bei Marni konnte ich meine Liebe zum Detail ausleben. Seitdem schenke ich auch dem Innenleben der Taschen große Beachtung. Ich konnte lernen, wie man die Funktionalität einer Tasche erweitert, ohne Abstriche in der Optik machen zu müssen. Die Kombination aus Farben und gutem Leder ist für mich ein weiteres wichtiges Designmerkmal und steht – wie bei Marni – auch bei Stée im Vordergrund und prägt unsere DNA.

Ich möchte, dass unsere Taschen ihren Namensgebern gerecht werden und genau so reich an tollen Eigenschaften sind, wie die Charakterzüge meiner Tochter und ihrer Freundinnen. 

Wie ist es, sein eigenes Label zu gründen und auf eigenen Beinen zu stehen – welche Herausforderungen gibt es?

Ich habe Stée gemeinsam mit meinem Mann gegründet. Sein eigenes Label zu entwickeln, ist einfach aufregend. Es macht Spaß daran zu arbeiten, zumal das Feedback nach unserem offiziellen Launch während der Paris Fashion Week sehr positiv war.

Die größte Herausforderung ist es, den gesamten Firmenablauf unter einen Hut zu bringen: vom Design über die Beschaffung der Materialien, bis hin zur Organisation der Produktion, der Preiserstellung, dem Marketing und dem Kommunikationsaufbau. Nicht zu vergessen die Organisation des Showrooms. Die Liste ist lang. Aber ich liebe es! Es ist toll, mich in jedem Bereich einbringen zu können. Und meine Familie sowie Freunde sind uns auch eine große Hilfe.

Möglicherweise erreichen deine Handtaschen auch einmal den It-Bag-Status oder werden sogar zu Klassikern. Was glaubst du, muss eine Tasche für Merkmale haben, damit sie von einer It-Bag zu einem Klassiker wird?

Die Ansprüche an eine It-Bag allein sind hoch. Nicht nur das Design ist wichtig, vor allem muss die Tasche einen großen Wiedererkennungswert haben. Hinzu kommt die Komposition von Form, Material, eventuellen Verzierungen und der richtige Einsatz von Metallteilen wie Verschlüssen, Reißverschlüssen und so weiter. All diese Komponenten müssen miteinander harmonieren.

Ein Klassiker ist dazu noch praktisch, ohne so auszusehen – wie die Chanel 2.55 oder die Birkin Bag. Sie muss dem Zeitgeist entsprechen, darf dennoch nicht zu sehr einem bestimmten Trend folgen.

Worauf achtest du beim Kauf einer Handtasche?

Ich habe das Glück, seit Jahren Accessoires zu designen. Daher kommt es eher selten vor, dass ich eine Handtasche wirklich selbst im Laden kaufe.

Aber wenn es mal der Fall ist, dann achte ich besonders darauf, dass die Qualität dem Preis entspricht und dass die Tasche genug Stauraum für mein Handy, meine Geldbörse, meine Lippenstifte und einen kleinen Spiegel hat. Dann muss das Design natürlich zu meinem Stil passen.

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Welche Handtasche aus deinem Kleiderschrank ist dein Lieblingsmodell? Welches besitzt du am längsten?

Mit den Jahren haben sich einige Taschen angesammelt. Ich habe sie noch nie gezählt, aber jede Saison kommen ein paar neue Modelle hinzu. Von meiner Mama habe ich mit 15 Jahren eine cognacfarbene Pollini-Clutch aus den 70er-Jahren geschenkt bekommen – sie ist definitiv am längsten in meinem Besitz und ich hänge sehr an ihr.

Im Moment habe ich allerdings zwei andere Lieblingsmodelle. Beide sind von meinem Label: die Aimée- und Rosa-Tasche. Da ich viel unterwegs bin, trage ich meistens beide gleichzeitig mit mir herum. Die Schultertasche für meine persönlichen Dinge und den Shopper für alle Arbeitsutensilien, mein Ipad und so weiter.

Estelle, verrat uns doch jetzt, wo wir deine Taschen bald kaufen können? Wie sehen die nächsten Schritte für dein Label aus?

Die erste Kollektion kommt im Sommer 2018 in die Läden. Und unsere Pre-Kollektion wird am Ende des Jahres in ausgewählten Läden weltweit und online auf unserer Website erhältlich sein. 

Mit der ersten Kollektion haben wir unsere DNA festgelegt. Stée Spring Summer 2018 ist praktisch, graphisch und reich an Farben. Der von mir speziell für Stée entworfene Metallverschluss wird eines unserer charakteristischen Designmerkmale sein. Und ich hoffe, dass die Taschen jeder Frau Freude bereiten und ein idealer Begleiter im Alltag sein werden. 

Fotos: Portraits fotografiert von Nada Lottermann/ Lookbook fotografiert von Peter Langer

Von Marie

Der erste Satz, wenn mich Leute kennenlernen ist: „Das ist aber selten.“ Ja, ich bin ein seltenes Exemplar: Berliner Eltern, Berliner Blut, Berliner Göre. Tatsächlich bin ich so sehr mit der Hauptstadt verbunden, dass ich meinem Kiez in Schöneberg seit über 20 Jahren die Treue halte und noch nie von hier weggezogen bin – und auch nicht dran denke. Und obwohl wir Schöneberger zwar sehr viel von Bio-Supermärkten und esoterischen Edelsteinläden halten, gibt es hier auch das ganz große Mode-Paradies: das KaDeWe. Der Tempel des Shoppings und der Ersatzkindergarten für meine Eltern, sozusagen das Småland bei Ikea für mich (andere Kinder haben dort ihren ersten Wutanfall, ich schmiss mich in voller Rage im Atrium des KaDeWe auf den Boden und weigerte mich zu gehen). Kein Wunder also, dass Mode und ich nie wirklich Berührungsängste hatten.

Spätestens seit der Oberstufe, in der ich – dank Blair Waldorfs Inspiration aus Gossip Girl (ja, das war meine Serie zusammen mit Gilmore Girls) – die Schule nie ohne Haarreif, Fascinator oder eine gemusterte Strumpfhose betrat, hatte auch mein Umfeld begriffen: Marie macht was mit Mode. Und weil ich damit in meinem katholischen "Elite-Gymnasium" so ziemlich die Einzige war, suchte ich meine Verbündeten 2011 woanders: im Internet. Auf meinem Blog Style by Marie. Und so begann meine modische Laufbahn.

Noch mehr Gleichgesinnte und vor allem Freunde fand ich auf der Akademie für Mode & Design in Berlin, bei der ich 2013 meine Ausbildung in Modejournalismus und Medienkommunikation startete. Was für mich seit der 1. Klasse klar war, nämlich das Schreiben mein Ding ist, wurde jetzt zu meinem Beruf: Journalistin. (Denn ja Oma, es gibt noch etwas anderes als Modedesignerin). Dank meines Blogs und einem Praktikum bei der Harper’s Bazaar Germany in der Online-Redaktion blieb ich auch dem Internet und dem Online-Journalismus treu. Und ratet mal, wo ich jetzt bin: Genau, bei Journelles, dem Blogazine, was alle meine Leidenschaften verbindet: Bloggen, Schreiben, online sein – zusammen mit euch!

Kommentare (5) anzeigen

5 Antworten auf „Label to watch: Im Interview mit Estelle Orilland von Stée über die It-Bags von morgen“

Sommer 2018? Oh, das dauert noch so lange. Ich habe mich nämlich bereits in ein Modell verguckt!

Hallo Bee, habe mal das Preis-Sheet angefordert, die Taschen kosten zwischen 389 – und 1300 Euro!

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.