Rumour has it – Was passiert, wenn Phoebe Philo Céline verlässt

Die Gerüchteküche brodelt und wir haben alle Fakten für euch. Verlässt Philo wirklich ihren Posten als Chefdesignerin beim französischen Kult-Label?

Dicke Wolken ziehen über Paris auf, ein paar Blitze schlagen ein, der Himmel verdunkelt sich und die Welt scheint unterzugehen. Der Modeolymp wird durch ein heftiges Unwetter erschüttert. Der Grund, Phoebe Philo wird vom Thron gestoßen – oder lässt ihn freiwillig zurück. Wovon wir hier etwas dramatisch reden? Gerüchten zufolge verlässt die Kreativdirektorin nach bald zehn Jahren im Unternehmen Céline – nachdem sie das Traditionshaus nicht nur kräftig entstaubt, sondern auch zu einer der wichtigsten Luxusmarken der Welt gemacht hat.

Bestätigt hat der Mutterkonzern LVMH allerdings noch nichts. Das Unternehmen soll laut Quelle von {Business of Fashion} bereits seit mehreren Monaten Vorstellungsgespräche mit anderen Designern haben, die die Stelle von Philo neu besetzen sollen. Ganz oben auf der Liste der möglichen Kandidaten steht dabei Natasa Cagalj, die gerade Kreativdirektorin bei Ports1961 ist, sowie Ilaria Icardi, die derzeit den Chefdesignposten bei Victoria Beckham inne hat und vorher bei Senior Design Director bei Yves Saint Laurent sowie Design Director bei Céline selbst war.

Philos Designkarriere

Foto via celine.com

Begonnen hat Philos Karriere schon vor 20 Jahren, als sie am berühmten Central Saint Martins College in London zusammen mit Kommilitonin Stella McCartney 1996 ihren Abschluss gemacht hat. Danach blieben die beiden ein eingeschworenes Duo, packten gemeinsam die Koffer, zogen nach Paris und legten den Grundstein für die steile Karriereleiter unter dem Eiffelturm – im Office bei Chloé. Dort war Stella McCartney die Chefdesignerin, während Philo als erste Assistentin tapfer die Stellung hielt. 2001 gründete McCartney ihr eigenes Label, vergaß dabei jedoch die Freundin, die daraufhin bei Chloé zur Kreativdirektorin ernannt wurde. Glück für beide.

Dann traut sich Philo das, was in der Modebranche eigentlich keiner wagt. Sie stellt ihr Privatleben über den beruflichen Erfolg und geht nach der Geburt ihres zweiten Kindes für drei Jahre in Babypause. Doch Philo kehrt zurück und wagt den erneuten Sprung ins Haifischbecken: 2008 wird sie Kreativdirektorin bei Céline.

Damals ist das Label, das 1945 von Céline Vipiana für Kinderschuhe gegründet wurde, zwar in der High Fashion Branche anerkannt – Michael Kors, Roberto Menichetti und Ivana Omazi gehörten zu den Kreativdirektoren – war aber längst kein It-Label. Keiner riss sich um die Kleidung, nur Liebhaber wussten vor allem die Handtaschen-Designs von Kors zu schätzen.

Mit dem Einstieg von Phoebe Philo ändert sich das schlagartig. Für Philo, die zuvor hoch gelobte Arbeit bei Chloé geleistet hatte, wurde sogar ein Céline-Atelier in London eingerichtet – davor lässt sie alle Bestände alter Kollektionen im Pariser Haus vernichten und läutet damit einen radikalen Neustart ein.

Phoebe Philo für Céline – Die Revolution der weiblichen Garderobe

Ähnlich wie Christian Dior in den 1950er-Jahren mit dem New Look läutet Céline Ende der 2000er eine neue Ära für die Geschäftsfrau von heute ein. Sie legt Wert auf eine schlichte, vielseitige Garderobe. Entwirft hochwertige Basics und steht für den ultimativen eleganten Minimalismus. Die Moderne zieht ein und die intellektuelle, selbstbestimmte, erwachsene und unangestrengte coole Céline-Frau erobert die Welt.

Besonders mit ihren Handtaschen schafft sie eine neue Ära der It-Bags. Die schreien weniger nach Aufmerksamkeit, haben kleine Logos, ein zurückhaltendes Design und eine klare Formsprache – die Statussymbole erfolgreicher Frauen sind geboren. Und das, obwohl Philo genau das mit ihren Taschen nicht werden wollte.

Gleichzeitig macht sie Komfort und Hässlichkeit das erste Mal fashionable. In einer patriarchischen Welt stellt sie das Wohlbefinden der Frau an die erste Stelle – und den Geschmack des Mannes ganz hinten an. Denn mit Pelz-Gesundheitslatschen à la Birkenstock, Babouches oder spitzen Elfenballerinas erobert sie das Herz jeder Frau – und macht vorher undenkbare Dinge alltagstauglich. Jahre, bevor Gucci die Fellloafers herausbringt und Christopher Kane mit Crocs kooperiert.

Umso erfolgreicher Céline in der Modebranche wird – Grace Coddington soll ein richtiges Fan-Girl der Marke sein – umso stiller wird es um Philo selbst. Ungewöhnlich in einer Zeit, in der Designer oft Stars sind oder Stars oft Designer: Man denke an Victoria Beckham, Olivier Rousteing, Alexa Chung, Rihanna, Karl Lagerfeld. Sie alle stehen gerne im Rampenlicht. Anders Philo: Sie gibt kaum Interviews, hält sich privat aus den Sozialen Medien fern und lässt sich nach den Modenschauen ungerne feiern. Céline selbst trat Instagram übrigens erst Ende 2016 bei, was außerordentlich ist in der heutigen Welt.

Je zurückhaltender Philo ist, desto mehr wurde ihr eigener Look gefeiert, den sie am Ende der Modenschauen zeigte: Weite Marlenehosen zu weissen Sneakern und schlichte Cashmere-Rollkragenpullover zum geschlossenen Zopf sind herrlich unkompliziert.

Das erkennt nicht nur die Modebranche, sondern auch die Highstreet-Marken, die schneller agieren, als man das Wort „Kopie“ aussprechen kann. Schnell hängt bei Zara, Mango, H&M und Co. die komplette Céline-Kollektion auf der Stange – und Phoebe wird vom gefeierten Designstar mit ihren Megatrends zu einer der meist kopierten Designerinnen auf der ganzen Welt.

Die neue Kollektion & das Ende einer Ära

Neben den Gerüchten schien auch die aktuelle Kollektion darauf hinzudeuten, dass ein Wandel im Gange ist. Die Designs für Frühjahr/Sommer 2018, die Philo vor ein paar Wochen in Paris präsentierte, waren eine Hommage an die Firmengeschichte von Céline:

Kastige Anzüge, Gürtel in Form von Hufeisen (einem typischen Céline-Symbol), eine von Pferden gezogene Kutsche und alte Werbeanzeigen, die Philo als Inspiration dienten. Am Ende der Show zeigte sich nicht nur das Publikum begeistert, sondern auch viele Angestellte, die hinter der Bühne fieberhaft auf die Präsentation hingearbeitet hatten, brachen in Tränen aus. Ein emotionales Goodbye für Phoebe?

Doch was passiert, wenn Philo Céline verlässt?

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Doch genau Letzteres wird für LVMH und CEO Bernard Arnault zum Problem. So modern Philo in ihren Kollektionen ist, so rückständig ist sie in ihrer Firmen – und Marktingstrategie und sträubt sich gegen jede Form der Digitalisierung. Kein Onlinevertrieb, kaum soziale Medien – Exklusivität hat Priorität. Philo musste sich jüngst erst dem Zeitgeist beugen und Anfang des Jahres einen Instagram-Account für Céline zulassen – der verzweifelte Versuch, die digitale Aufholjagd zu den anderen Brands noch irgendwie zu gewinnen?

Denn anscheinend muss das Unternehmen mithalten. Nachdem Philo in den ersten Jahren den Jahresumsatz des Unternehmens von 200 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro erhöht hatte, steckt das Label gerade fest. Das Wachstum stagniert und die Umsätze bleiben auf dem gleichen Level.

Ein frischer Kreativdirektor, der nicht nur die Übersicht über alle Kollektionen und Entwürfe hat, sondern auch die Strategie für Marketing und Unternehmen vorgeben kann, könnte helfen. Neue Designs, neue moderne Social-Media-Strukturen, bessere Umsätze? Neue Kundengewinnung?

Doch was passiert mit den Stammkunden und Fan-Women, die echte Céline-Anhängerinnen sind? Verliert das Label vielleicht seine Markenidentität, wenn Philo geht?

Nein. Denn Céline bleibt Céline und Phoebe Philo bleibt Phoebe Philo. Kauft man das eine, kauft man das andere zwar auch, aber fragt man die Kundinnen, die in den Céline-Boutiquen wirklich das Geld in die Hand nehmen und in eine Tasche oder ein Kleidungsstück investieren, wissen in der Realität doch viele nicht, wer die Designerin dahinter ist. Der Markenname zählt auch heute, in der (wie oben genannt) viele Designer selbst im Medienrummel stehen, mehr als der Mensch dahinter.

Leute kaufen Taschen nicht, weil ihnen der Chefdesigner sympathisch ist, sondern weil die Produkte für etwas stehen: Qualität und Innovation sowie ein herausragendes Design. Sie sind Statussymbole und Erkennunsgzeichen einer „elitären“ Gruppe, Lieberhaberstücke. Auch der oder die neue Chefdesigner/in wird das Erfolgskonzept von Céline nicht ganz umkrempeln, schließlich bleiben die Accessoires Beststeller – ob mit oder ohne Philo.

Vielleicht liegt aber auch gar keine finanzielle Absicht hinter dem Designerwechsel, sondern wieder nur Phoebe Philo, die schon – wie damals mit ihrer dreijährigen Babypause – auf die Businesskonventionen keine Rücksicht nimmt und die Familie in den Vordergrund stellt, Lust auf neue Abenteuer hat uns sich sagt: Man soll gehen, wenns am schönsten ist. Und mal ehrlich, nach zehn Jahren können wir es ihr nicht verdenken.

Alles Gute Phoebe, wir hoffen, man sieht sich bald an einer anderen Stelle wieder. Fangirls bleiben wir eh immer…

Header: Vogue Runway & Courtesy of Céline

Von Marie

Der erste Satz, wenn mich Leute kennenlernen ist: „Das ist aber selten.“ Ja, ich bin ein seltenes Exemplar: Berliner Eltern, Berliner Blut, Berliner Göre. Tatsächlich bin ich so sehr mit der Hauptstadt verbunden, dass ich meinem Kiez in Schöneberg seit über 20 Jahren die Treue halte und noch nie von hier weggezogen bin – und auch nicht dran denke. Und obwohl wir Schöneberger zwar sehr viel von Bio-Supermärkten und esoterischen Edelsteinläden halten, gibt es hier auch das ganz große Mode-Paradies: das KaDeWe. Der Tempel des Shoppings und der Ersatzkindergarten für meine Eltern, sozusagen das Småland bei Ikea für mich (andere Kinder haben dort ihren ersten Wutanfall, ich schmiss mich in voller Rage im Atrium des KaDeWe auf den Boden und weigerte mich zu gehen). Kein Wunder also, dass Mode und ich nie wirklich Berührungsängste hatten.

Spätestens seit der Oberstufe, in der ich – dank Blair Waldorfs Inspiration aus Gossip Girl (ja, das war meine Serie zusammen mit Gilmore Girls) – die Schule nie ohne Haarreif, Fascinator oder eine gemusterte Strumpfhose betrat, hatte auch mein Umfeld begriffen: Marie macht was mit Mode. Und weil ich damit in meinem katholischen "Elite-Gymnasium" so ziemlich die Einzige war, suchte ich meine Verbündeten 2011 woanders: im Internet. Auf meinem Blog Style by Marie. Und so begann meine modische Laufbahn.

Noch mehr Gleichgesinnte und vor allem Freunde fand ich auf der Akademie für Mode & Design in Berlin, bei der ich 2013 meine Ausbildung in Modejournalismus und Medienkommunikation startete. Was für mich seit der 1. Klasse klar war, nämlich das Schreiben mein Ding ist, wurde jetzt zu meinem Beruf: Journalistin. (Denn ja Oma, es gibt noch etwas anderes als Modedesignerin). Dank meines Blogs und einem Praktikum bei der Harper’s Bazaar Germany in der Online-Redaktion blieb ich auch dem Internet und dem Online-Journalismus treu. Und ratet mal, wo ich jetzt bin: Genau, bei Journelles, dem Blogazine, was alle meine Leidenschaften verbindet: Bloggen, Schreiben, online sein – zusammen mit euch!

Kommentare (8) anzeigen

8 Antworten auf „Rumour has it – Was passiert, wenn Phoebe Philo Céline verlässt“

Interessanter Text!
Ich fand Céline ganz toll, als Michael Kors dort Ende der Neunziger Jahre Chefdesigner war. Inzwischen geht es mir eher so, dass ich den Namen Céline nach dem Hype der letzten Jahre nicht mehr hören kann…schade eigentlich.

Ich habe gelesen, dass es schon Gerüchte um
Phoebe und Chanel gibt…
Es bleibt spannend!

Toller Artikel- wie immer.

seit Marc Jacobs von LV weggegangen ist, kann ich mit den Taschen leider nichts mehr anfangen. Der jetzige Designer ( dessen Namen ich mir nicht merken kann ….) hätte bei Balenciaga bleiben sollen, denn seine Entwürfe dort fand ich großartig und deshalb kann ich mit Bal – Taschen, mich heute nicht mehr anfreunden… Wie wird das erst, wenn Karl mal Chanel verlässt? :O

Mir geht’s genauso mit YSL und Hedi Slimane. Ich weiß zwar, dass die Taschen sich großer Beliebtheit erfreuten und der Umsatz durch Slimane auch stark gestiegen ist, aber ich konnte mich nie wirklich mit seinen Designs anfreunden und fand die Taschen irgendwann fast schon trashig. Ich denke also schon, dass viele Konsumenten nicht nur auf die Marke achten, wie im Artikel beschrieben, sondern ihren Kauf ganz einfach vom Aussehen, also Design der Mode und Accessoires abhängig machen, welches ja wiederum vom aktuellen Designer bestimmt wird.

was nur dagegen spricht ist, dass mich die Taschen vom heutigen MJ leider nicht interessieren, obwohl sie toll aussehen. Vermute, es muss die Zusammenarbeit von einem Label + dem angesagten Designer sein…

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.