„Designer for Tomorrow“-Award: Die 5 Finalisten + Interview mit Jury-Mitglied Marcus Luft

Bald ist es wieder soweit: Dann wird im Rahmen der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin am 9. Juli zum 8. Mal der Gewinner des „Designer for Tomorrow“-Award gekürt und damit der Nachfolger von Matteo Lamandini, der den Nachwuchspreis 2014 abstaubte. Wir durften vorab wieder einen Blick auf die Kollektionen der fünf Finalisten im Rahmen des Preparation Days werfen

Bald ist es wieder soweit: Dann wird im Rahmen der Mercedes-Benz Fashion Week Berlin am 9. Juli zum 8. Mal der Gewinner des „Designer for Tomorrow“-Award gekürt und damit der Nachfolger von Matteo Lamandini, der den Nachwuchspreis 2014 abstaubte.

Wir durften vorab wieder einen Blick auf die Kollektionen der fünf Finalisten im Rahmen des Preparation Days werfen und zudem Jury-Mitglied Marcus Luft, Fashion Director und Mitglied der Chefredaktion Gala, mit Fragen löchern, wie er über die Entwürfe und überhaupt den modischen Nachwuchs aus Deutschland denkt. Damit passt dieser Artikel perfekt in die Newcomer-Serie, für die wir bereits mit Chen Jerusalem, Malaika Raiss und Herbert Hofmann gesprochen haben.


Wie jedes Jahr konnten sich bei dem von Peek & Cloppenburg und seinem Online-Shop Fashion ID initiierten Wettbewerb Modestudenten aus ganz Europa bewerben. (Es gibt zwei unabhängige Unternehmen Peek & Cloppenburg mit Ihren Hauptsitzen in Düsseldorf und Hamburg. Dies ist eine Kooperation der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf.)

Die Top 5 sind: Oksana Anilionyte vom London College of Fashion, Nicolas Martin Garcia, Student der Accademia Costume E Moda in Rom, Victoria Irving von der Northumbria University in Newcastle, Mareike Massing, die an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin studiert hat und Syed Shahid Nisar, zukünftiger Absolvent der Kingston University, die ebenfalls in London sitzt.

Finalisten Designer for Tomorrow DfT 2015 Mareike Massing, Syed Shahid Nisar, Victoria Irving, Nicolas Martin Garcia, Oksana Anilionyte
Die 5 Finalisten des DfT 2015: Mareike Massing, Syed Shahid Nisar, Victoria Irving, Nicolas Martin Garcia, Oksana Anilionyte (v.l.n.r.)

 

Prominenter Schirmherr ist in diesem Jahr Zac Posen und in der Jury des DfT-Awards sitzt wie jedes Jahr das Who’s who der deutschen Mode, angefangen von Christiane Arp (Vogue), John Cloppenburg (Peek & Cloppenburg und Fashion ID), Melissa Drier (Women’s Wear Daily), Karen Heumann (thjnk), Annette Weber (InStyle), Michael Werner (TextilWirtschaft) und last but not least Marcus Luft von der Gala, mit dem wir wie ankündigt ein Interview geführt haben:

Marcus Luft

 

Lieber Marcus, wenn du den Begriff „Designer for Tomorrow“ hörst: Welches Bild entsteht dann in deinem Kopf?

Ein wunderbares Gespräch mit unserer damaligen Jury-Präsidentin Stella McCartney, die mir noch einmal einen völlig neuen Blick auf die Luxusindustrie gegeben hat. Ganz allgemein denke ich beim DfT daran, dass eine wunderbare Symbiose entstehen kann, wenn ein großer Konzern wie Peek & Cloppenburg junge Talente fördert.

Was macht deiner Meinung nach eine Kollektion „zukunftsweisend“?

Sie muss durchdacht und stimmig sein. Vor allem muss sie bei mir ein Gefühl auslösen. Das kann von Gänsehaut bis „Muss ich sofort haben oder in Gala zeigen“ alles sein. Mode funktioniert ausschließlich über Emotionalität. Alles andere sind Anziehsachen.

Was hat dich davon überzeugt, einen Platz in der Jury des DfT-Awards zu einzunehmen?

Man hat mich gefragt – das fand ich schon toll. Ich bin von Anfang an dabei und finde es enorm wichtig, dass gerade etablierte Medien oder Marken dem Nachwuchs eine Chance geben.

Designer for Tomorrow Award 2015 Entwurf von Oksana Anilionyte
Entwurf von Oksana Anilionyte

 

Warum sollte ein junger Designer deiner Meinung nach daran teilnehmen?

Weil man heutzutage jede Chance ergreifen muss.

Was macht dir bei diesem Job die größte Freude?

Ich freue mich immer, wenn das PDF mit den Einsendungen kommt und ich mir die Kollektionen anschauen darf. Spannend ist dann am Finaltag, wenn wir als Jury den Gewinner küren müssen – und uns meistens ziemlich einig sind.

Was beeindruckt dich bei den diesjährigen Finalisten des DfT besonders?

Ich finde das Niveau der Kollektionen besser als im vergangenen Jahr und mag die Vielfältigkeit. Einige Kollektionen fand ich richtig super.

Designer for tomorow Awards 2015 Victoria Irving
Entwurf von Victoria Irving

 

Was versprichst du dir von Zac Posen, der in diesem Jahr die Schirmherrschaft übernimmt?

Dass er ganz viel von seiner Erfahrung mit den Finalisten teilt. Ich war damals dabei, als Stella die Finalisten traf und glaube, dass diese Begegnung wahnsinnig viel bei ihnen ausgelöst hat.

Du bis als Modechef der Gala ständig von Mode umgeben: Wie können Jungdesigner mit ihren Kollektionen neben Chanel, Gucci & Co. deine Aufmerksamkeit erregen?

Eine gute Kollektion zeigen. Klar haben die großen Marken einen riesigen Einfluss auf die Branche. Anderseits würde Miuccia Prada auch mit wenig Budget und im Berliner Catwalk-Zelt Bahnbrechendes zeigen. Und einige Berliner Designer würden mich auch mit einem Millionen-Budget á la Chanel nicht überzeugen. Am Ende zählt nicht die Kohle, sondern Talent und Vision.

Was muss man machen, damit du als Gast zu einer Fashion Show kommst?

Mich einladen.

In welcher Stadt schaust du dich am liebsten um, was es „Neues“ gibt?

Kopenhagen. Schon alleine deshalb, weil ich dann noch schnell bei Hay shoppen kann und nonstop von lässigen Menschen umgeben bin.

Inwieweit könntest du dir vorstellen, dein Wissen noch mehr an Modestudenten weiterzugeben, z.B. im Rahmen von einem Workshop? Was stünde dann auf dem Stundenplan?

Würde ich total gerne machen. Mich fragt nur niemand. Ich würde Modestudenten dann versuchen zu erklären, wie sie ihre Visionen zu einem verkäuflichen Produkt machen.

Was wünschst du dir umgekehrt von den deutschen (Mode-)Journalisten hinsichtlich der Berichterstattung über Mode?

Dass sie nicht die ganze Zeit über Berlin meckern. Und dass sie sich mit der Mode beschäftigen und nicht damit, wie spektakulär eine Show war oder wer in der ersten Reihe gesessen hat.

Wie geht ihr bei euch in der Redaktion mit neuen Modetalenten um? Wie berichtet ihr über den Nachwuchs? Wer oder was interessiert euch am meisten?

Das Gute an meiner Position als stellvertretender Chefredakteur ist: Ich kann selbst entscheiden, wen wir vorstellen. Ich finde es beispielsweise sehr schade, dass einige Kollegen ausschließlich danach gehen, ob eine Marke Anzeigen schaltet. Das machen wir nicht. Man muss den Nachwuchs fördern und vorstellen. Bei der Bewertung achte ich auf zwei Sachen: Finde ich die Kollektion gut und sollte unsere Leser davon erfahren.

Designer for tomorrow 2015 Mareike Massing
Entwurf von Mareike Massing

 

Wenn du den internationalen Vergleich wagst: Welche Nischen sind noch nicht besetzt, wo wird Nachwuchs deiner Meinung nach dringend gebraucht?

Also wer bei seiner kreativen Arbeit sich fragt, welche Nische noch frei ist, sollte erst gar nicht anfangen. Nachwuchs wird überall gebraucht. Auch im Modejournalismus. Wir brauchen dringend Menschen, die gut schreiben können und sich für Mode interessieren. So bin ich vor Jahren, auf Anraten von Christiane Arp, die damals noch Modechefin bei AMICA war, reingerutscht. Unser heutiger Moderedakteur Sebastian fing als Praktikant an und war so gut, dass wir ihn uns gleich „geschnappt“ haben.

Welchen inzwischen etablierten Designer/in hast du in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt und was hat sie oder er deiner Meinung nach richtig gemacht? Inwiefern?

Ich glaube, wir gehörten zu den Ersten, die groß über Achtland oder Daniel Blechmanns Marke Sopopular geschrieben haben. Einfach nur deshalb, weil ich deren Arbeit umwerfend finde und immer diesen magischen Moment spüre, wenn ich die Kollektion sehe. Umso mehr freut es mich, dass ihre Arbeit erfolgreich ist.

Als deutsche Designer werden nach wie vor die großen Namen wie Jil Sander, Karl Lagerfeld oder Tomas Maier genannt. Wie siehst du die deutsche Modeszene heute? Welche Designer begeistern dich am meisten und warum?

Die deutsche Modeszene entwickelt sich sehr gut und ich halte überhaupt nichts davon, sie mit anderen Ländern zu vergleichen. Damit macht man sich nur klein. Es geht viel eher darum, seinen Weg zu gehen und für sich eine Lösung dafür zu finden, kreativ zu bleiben – aber auch kommerziellen Erfolg zu haben.

Macht euch nicht kleiner als ihr seid – nehmt euch aber auch nicht zu wichtig. Mich begeistert aber auch Philipp Plein, dessen Shows in Mailand zu den absoluten Highlights gehört und der von den Wichtigsten der Branche geradezu hofiert wird. Über seine Mode kann man streiten, über den Erfolg nicht. Hier hat es ein Deutscher geschafft, zu den erfolgreichsten Designern der Welt zu gehören. Solche Geschichten werden von jungen Designern oft belächelt. Dabei wäre es viel wichtiger zu schauen, was man sich davon abschauen kann.

Kurzum: Für was steht Mode aus Deutschland deiner Meinung nach im Jahr 2015?

Zum Glück steht sie nicht mehr für die Style Nite eines „Star-Designers“. Sondern dafür, dass es sehr wohl wunderbare Kollektionen gibt, die entweder schon ihren Platz gefunden haben oder endlich mal von Einkäufern, Stylistin und Journalisten entdeckt und gefördert werden müssen.

Vielen Dank für das Interview, lieber Marcus!

Alle Finalisten des diesjährigen DfT-Award samt ihrer Entwürfe seht ihr in der Galerie:

– In Kooperation mit Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf –

Von Alexa

Ich liebe schreiben, bloggen und schöne Dinge zu entwerfen, also mache ich all das.

Als Journalistin habe ich für Magazine und Zeitungen wie Business Punk, Fräulein, Gala, FTD/how to spend it, Instyle, Lufthansa Magazin, Stern, Tagesspiegel, Vanity Fair und zitty gearbeitet. Meine Online-Erfahrungen habe ich u.a. Stylebook und styleproofed gesammelt. Mein Blog heißt Alexa Peng, mein Schmuck-Label vonhey. Ich komme aus dem Rheinland und bin in einem Dorf am Waldesrand aufgewachsen, wo nur einmal in der Stunde ein Bus fuhr. Da muss man sich was einfallen lassen, um sich nicht zu langweilen. Meine Tante hatte in der Stadt eine Boutique und einen Schrank voller Kleider, Schuhe und Taschen, mit denen wir Kinder verkleiden spielen durften. Wir haben Modenschauen im Hobbykeller veranstaltet und die ganze Nachbarschaft eingeladen. Dass ich mal was mit Mode machen würde, war also klar. Nach dem Abi habe ich an der AMD in Hamburg Mode-Journalismus studiert und später an der UdK in Berlin einen Master of Arts in Kulturjournalismus gemacht. In Zukunft will ich mein Label weiteraufbauen, die Welt sehen und gute Geschichten schreiben.

(Foto: Sandra Semburg)

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2 Antworten auf „„Designer for Tomorrow“-Award: Die 5 Finalisten + Interview mit Jury-Mitglied Marcus Luft“

Der Entwurf von Mareike Massing ist wirklich spannend und gefällt mir. Warum sitzen die Menschen dann in der 1. Reihe, wenn sie nicht erwähnenswert für die Presse sind? Ich denke auch an die Berichte in der FAZ und denke nicht, dass die Modeberichte wenig von Mode handeln. Ich bin zur FW eingeladen und bin auch auf diesen Nachwuchspreis sehr gespannt, den wir in Frankfurt seit einigen Jahren ja auch international vergeben….LG Sabina | Oceanblue Style

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.