Closet Diary mit Künstlerin Juliane Kellersmann

Diese Woche geht es auf die Insel: Wir reisen gedanklich nach London, wo die Künstlerin Juliane Kellersmann lebt und arbeitet. Entdeckt haben wir sie auf Instagram und ihre Werke haben uns beeindruckt, weshalb wir heute umso glücklicher sind, dass wir sie für unser Closet Diary gewinnen konnten.

Juliane verbringt ihre Zeit zur Hälfte in Deutschland und in Großbritannien. „Als die Einladung zum Closet Diary kam, war ich gerade mit meiner 5 Monate alten Tochter Ella zu Besuch in meiner Heimat Norddeutschland. Mein Elternhaus ist ländlich gelegen und wenn ich hier bin, verbringe ich den Großteil meiner Zeit damit, mich im Atelier einzuschliessen und zu malen. Wenn die Großeltern anbieten, auf das Baby aufzupassen, nehme ich das gerne an.“ Ihre Beziehung zu Mode beschreibt die Künstlerin dagegen eher so: „Ich selber würde mich nicht als besonders modisch bezeichnen, merke aber, wie kraftvoll ein gutes Outfit sein kann. Es kann einfach nur Spaß machen und einem ein gutes Gefühl geben.“ Außerdem sieht sie klare Parallelen zur Kunst: „Ein gutes Outfit ist wie ein stimmiges Kunstwerk, farblich, sowie in der Komposition. Es liegt in der Abstimmung der einzelnen Elemente aufeinander, den Proportionen und der Verbindung unterschiedlicher Materialien“, sagt sie. Recht soll sie haben und somit freuen wir uns, euch Juliane und ihre 7 Tage, 7 Looks an dieser Stelle vorstellen zu dürfen.

Montag

Ein monatelang andauerndes Projekt ist im Endspurt: Anfang März wird meine erste Kampagne mit Interior-Vorreiter Westwing veröffentlicht. Aus gegebenem Anlass muss ich deshalb heute vor die Kamera (keine meiner Lieblingsaufgaben). Damit das Outfit und meine Bilder nicht um Aufmerk-samkeit kämpfen, trage ich ein weißes Leinenhemd von Jigsaw, Wildlederstiefeletten und Jeans – unaufgedrängt, schlicht und klassisch.

Diesen Schmuck trage ich so gut wie immer: ein Gliederarmband, das speziell zu meinem 25. Geburtstag von einer Goldschmiedin aus der Heimat angefertigt wurde, ein weiteres Armband von Allsaints zum feingliedrigen Armband mit dem Initial E, das ich zur Geburt meiner Tochter geschenkt bekommen habe. Schmuck ist für mich das, was für andere Leute Tattoos sind: Es gibt immer eine Geschichte oder einen Anlass dazu bzw. es sind schöne, tragbare Erinnerungen. Zwar ist die Anschaffung von Echtgold teurer, aber ich finde den Gedanken lohnenswert, dass der Schmuck über mehrere Generationen getragen werden kann.

Wir verbringen die Stunden damit, Werke ins richtige Licht zu rücken – ganz buchstäblich, denn heute regnet es wie aus Eimern und die Sonne ist gefühlt noch gar nicht aufgegangen. Nach der Arbeit belohne ich mich mit einem Glas Rotwein, am liebsten trocken.

Hemd: Jigsaw (ähnlich hier), Hose: Hudson (ähnlich hier), Ankle Boots: Kennel & Schmenger (ähnlich hier), Schmuck: Unikat + Allsaints (ähnlich hier)

Dienstag

Ein Dienstag beginnt bei mir unspektakulär: Nach einer Dusche gibt es Kaffee und Toast. Dann wird mein Laptop geöffnet und die Arbeit beginnt. Ich beantworte Anfragen, überarbeite meine Webseite und hänge gefühlt stundenlang am Telefon mit verschiedenen Kurierunternehmen. Mittags steht dann ein weiteres Telefonat mit einer Kuratorin auf dem Kalender. Wir arbeiten bereits seit ein paar Monaten zusammen und heute besprechen wir die Einzelheiten für eine neues Projekt.

Ich trage eine ältere Culottes von COS, ein weißes Leinenhemd und drüber einen blauen Pullover, den ich vor Jahren mal bei einem Sample Sale in London für £3 gekauft habe. Wenn man bedenkt, dass man in London sonst kaum etwas für so wenig Geld bekommt, war das eine super Investition!

Hemd: Jigsaw (ähnlich hier), Pullover: Vintage (ähnlich hier), Hose: COS (ähnlich hier), Schuhe: AGL (ähnlich hier)

Mittwoch

Auch das “Nicht-Malen” ist für mich Teil des Malens. Oft brauche ich Abstand zu meinen Werken, um sie dann gegebenenfalls mit einem frischen Blick weiterzuentwickeln: Einen Perspektivenwechsel und neue Inspiration bekomme ich vor allem bei einer kreativen Pause in der Natur. Wie gut, dass meine beste Freundin extra aus Düsseldorf in den Norden angereist ist, um mit mir spazieren zu gehen (okay, das war jetzt nicht der einzige Grund). Umso besser: Ihr Elternhaus ist das reinste Paradies im Grünen und eine willkommene Abwechslung zur Schnelligkeit Londons. Die umgebende Natur und Ruhe erdet mich und gibt mir neue Energie.

Der Teddy-Mantel in Oversize ist ein Klassiker und stammt von Stand Studio, einem Label, das ich bei meinem letzten Besuch in Kopenhagen sehr ins Herz geschlossen habe. Er ist einfach so ein Kleidungsstück, das man sich überwerfen kann, wenn der Rest des Outfits eher schlichter ist. Darunter trage ich einen weiteren XXL-Look: Ein schwarzes, aussortiertes Hemd aus dem Kleiderschrank meines Bruders zu meinen Nanette Grenson Boots und die klassische “Half Moon Bag” von A.P.C.- beides echte Wardrobe Staples!

Mantel: Stand Studio (ähnlich hier), Ankle Boots: Grenson,Tasche: A.P.C., Hemd: Vintage (ähnlich hier), Hose: Hudson (ähnlich hier), Ringe: Monica Vinader und Saskia Dietz (ähnlich hier)

Donnerstag

Zur Kunst gehört eine ganze Menge mehr als der Prozess des Malens: der Einkauf von Materialien, Social Media, Fotografie für die Website, Kundenkommunikation. Das Versenden war ein besonders lästiges Thema, das ich nach Jahren jetzt endlich perfektioniert habe. Jedes Werk bekommt eine speziell gefertigte Holzbox, um sicher zu gehen, dass keine unvorsichtigen Kurierdienste auf meinen Leinwänden spazieren gehen, bzw. selbst, wenn sie es tun, bleibt das Werk unbeschädigt.

Hierfür arbeite ich mit einem Bautischler zusammen, den ich gerne persönlich in der Werkstatt besuche, um alles mit ihm zu besprechen. Ich trage eine lockere Kordhose mit hoher Taille, ein weißes T-Shirt, schwarze Lederstiefel und eine Jacke vom neu entdeckten Label Raey. Die Kollektionen sind so wunderbar clean und minimalistisch. Sie lassen sich super einfach kombinieren.

Jacke: Raey (ähnlich hier), T-Shirt: American Vintage (ähnlich hier), Hose: Zara (ähnlich hier), Uhr: Calvin Klein, Ankle Boots: Grenson,

Freitag

Neben meinen Originalen und Prints machen Auftragsarbeiten einen sehr großen Anteil meiner Arbeit aus. Dafür bespreche ich mit meinen KundInnen individuell die Wünsche und Anforderungen an die Arbeit. Hier geht es vor allem darum, ein Gefühl für die Person hinter dem Auftrag zu bekommen und zu verstehen, was wichtig ist. Digital projiziere ich eine Arbeit von mir in den vorgesehenen Raum. So kann man sich gemeinsam auf die gewünschte Größe und Gestaltung festlegen.Der direkte Austausch mit meinen Kunden ist genau das, was ich an meinem Beruf so liebe. Auch nach 6 Jahren freue ich mich wie ein kleines Kind, wenn ich von den glücklichen Besitzern ein Foto vom fertigen Werk in deren Haus geschickt bekomme.

Meine Pause verbringe ich im Garten. Heute scheint seit langem mal wieder die Sonne und die seltene Gelegenheit muss ich einfach ausnutzen, um meinen Vitamin-D Vorrat aufzutanken. 

Hemd: Filson (ähnlich hier), Hose: Zara (ähnlich hier), Ankle Boots: Grenson, Schmuck: Unikate, Sonnenbrille: Burberry (ähnlich hier)

Mein Outfit ist heute reinste Arbeitskleidung. Wenn ich im Atelier stehe muss ich mich in meiner Kleidung wohlfühlen und frei bewegen können. Seit Jahren werfe ich hier das aussortierte Hemd meines Bruders über: Ein kariertes Holzfäller-Piece aus Flanell, das ich bei meinem damaligen Studentenjob in Münster als Fotografin beim Onlineshop Cultizm gekauft habe.

Der Ring war eine Spezialanfertigung einer Goldschmiedin aus meiner Heimatstadt, die wir nach dem Tod meiner Oma beauftragt haben. Hierzu wurden all ihre dicken Klunker eingeschmolzen und zu einem neuen Ring gefertigt. Eine schöne Erinnerung im Alltag und so viel besser als auf Schmuck zu sitzen, der dann nicht getragen wird!

Samstag

Mir ist es wichtig, dass ich mir immer auch die Zeit zur künstlerischen Weiterentwicklung nehme. Inspiration zu finden, stellt sich in einer Welt in der Museen geschlossen und Zusammenkünfte verboten sind, manchmal schwierig dar. Auch wenn ich Instagram oft verfluche, so hat mir die App über die letzten Monate einen Austausch mit Künstlern aus der ganzen Welt ermöglicht, der mich inspiriert hat. Die Initiative #artistsupportpledge, bei der Künstler Werke bis zu 200€ anbieten, hat es zum Beispiel ermöglicht, die Kunstwelt zugänglicher zu machen und Sammlern so den Einstieg zu vereinfachen.

Meine letzte Serie ‘Subtly out of control’ war das Ergebnis eines solchen, eigeninitiierten Projekts: Ich habe den Fokus auf das Zusammenspiel von Leinwand und Farbe gelegt. In der Serie tritt die aufgetragene Farbe in den Dialog mit der Struktur der Leinwand und macht diese zu einem aktiven Teil des Bildes. Heute plane ich wie ich den Ansatz, Teile der Leinwand unbearbeitet zu lassen, über die nächsten Monate weiter entwickeln kann.

Mein Outfit ist heute ehrlicherweise eher unspektakulär und besteht aus einer einfachen Jeans, Reebok Sneakern, einem schwarzen Rollkragenpullover und einer weichen, himmelblauen Jacke, die mich in mei- nem Studio ohne Heizung warm hält.

Jacke: Vintage (ähnlich hier), Rollkragenpullover: Arket, Jeans: Zara (ähnlich hier), Schuhe: Reebok (ähnlich hier)

Sonntag

Als das Geld früher knapp war, hat meine Oma immer zu meiner Mutter gesagt: „Zieh den Kindern eine ordentliche Jacke an. Darunter kann man einiges verstecken.“ Was sie eigentlich meinte: Es ist total legitim, mehr Mäntel als Kleider, Hosen und Oberteile zusammen zu besitzen. Ich kann es gar nicht mehr genau sagen, wie meine Liebe zu Mänteln anfing, aber sie ist groß. Dieser hier ist ein Vintage-Stück aus einem Seidengemisch, das ich beim Stöbern im Charityshop Oxfam in Notting Hill gefunden habe.

Sich selbst etwas gönnen, einem Kleidungsstück ein zweites Leben zu schenken und obendrein wichtige Projekte zu unterstützen, macht den Einkauf um einiges bedeutungsvoller. Um der Farbe des Mantels Raum zu geben, trage ich eine schlichte Jeans und einen beigen Rollkragenpullover. Einen schönen Kontrast gibt die kleine, weisse Ledertasche, in der übersichtlich alles Wichtige seinen Platz hat.

Heute geht es an die frische Luft. Nach einer langen Woche zwischen Studio, Flughafen und Mama-Sein braucht meine Stimmung ein kleines ‘pick me up’. Mein Partner und ich haben vor Monaten angefangen uns jedes Wochenende eine neue Route zum Spazierengehen vorzunehmen. Hierbei lassen wir die vergangene Woche Revue passieren und besprechen, was in der kommenden Woche so ansteht.

Mantel: Vintage (ähnlich hier), Rollkragenpullover: H&M (ähnlich hier), Jeans: H&M (ähnlich hier), Ledertasche: COS (ähnlich hier), Wollschal: Arket (ähnlich hier), Schuhe: Adidas (ähnlich hier)

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13 Antworten auf „Closet Diary mit Künstlerin Juliane Kellersmann“

Awww, so ein schöner Closet-Diary Beitrag! Die Bilder sind wirklich toll und der Teddy-Mantel-Look gefällt mir am besten <3

Verfolge Juliane und ihre Kunstwerke schon länger auf Instagram. Umso schöner jetzt auch einen Blick hinter die Kulissen zu bekommen und ihr Kleidungsstil entspricht genau meinem Geschmack. Super inspirierend. 🙂

Oh! Ein sehr schönes, sympathisches Closet Diary. Bodenständig und gleichzeitig sehr charmant. Gefällt mir sehr gut 🙂

Sehr schöne Outfits, ganz besonders gefallen mir Ihre Bilder, ich habe auf den Fotos vom Dienstag Ihre wunderschönen Esstischstühle gesehen. Darf ich fragen von welcher Firma bzw. wo Sie die gekauft haben? Vielen Dank.

So ein schönes Closet Diary! Toll, wie offen und liebevoll es geschrieben ist. Der Style ist absolut on Point, aber auch total bodenständig und realistisch! Ich verfolge Julianes wunderschöne Kunstwerke schon seit langer Zeit und hoffe bald endlich zugreifen zu dürfen – danke! 🙂

sagt mal, gibts das closet diary nicht mehr oder macht es bloß gerade pause? (hoffentlich seid ihr bald wieder da, das diary ist meine liebste rubrik!)

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