Ich habe mir vor einigen Jahren eine Handtasche von Stella McCartney gekauft, und noch heute bin ich jedes Mal auf’s Neue fasziniert, wenn ich sie aus dem Schrank nehme: Das Material ist so unglaublich weich und sieht (auch nach so manchen Partynächten) noch immer nagelneu und super hochwertig aus.
Das ist noch unglaublicher, wenn man bedenkt, dass dafür kein tierisches Leder sondern eine pflanzliche Alternative verwendet wurde. Denn die Designerin verzichtet ja bekannterweise konsequent auf die Verarbeitung von tierischen Stoffen, womit sie zu einer Gallionsfigur für nachhaltige und ökologisch wertvolle Mode wurde.
Ich würde behaupten, das ist Stella McCartney mittlerweile gelungen. Und sie kämpft an dieser Fashion-Front auch schon lange nicht mehr alleine. Immer mehr Labels arbeiten heute mit veganen Lederalternativen, was dazu führt, dass weltweit fleißig nach neuen, umweltschonenderen Produktionsmethoden und pflanzlichen Rohstoffen geforscht wird. Taschen und Schuhe aus Ananas-Fasern? Völlig chemiefrei gegerbt mithilfe von Rhabarber und Olivenblättern? Na klar geht das. Und ein gutes Gewissen ist doch immer noch der größte Luxus, oder?
Das sind die neusten, umweltschonenden Rohstoffe und Produktionsverfahren:
Ananasleder
Jawohl, man kann aus Ananas tatsächlich Leder herstellen. Genauer gesagt aus den stabilen Fasern der Blätter, die bei der Ernte auf den Farmen normalerweise als Abfallprodukt weggeschmissen werden. Die spanische Designerin Dr. Carmen Hijosa tüftelte jahrelang an der Entwicklung eines sogenannten Piñatex (Ananastextils) – und hatte Erfolg. Das neue Material kann auf ökologisch verträglichem Wege hergestellt und genauso wie Leder zugeschnitten, genäht und nach Wunsch bedruckt werden. Es ist atmungsaktiv, wasserabweisend und als Rohstoff im Einkauf sogar günstiger als die tierische Variante. Unter dem Namen Ananas Anam produziert das Start-up nun eigene Produkte, verkauft sein Rohmaterial aber auch an andere Firmen weiter, die daraus sogar Sofas und Autositze fertigen.
Pilzleder
Auch aus Pilzen lassen sich vegane Handtaschen, Schuhe und Co. fertigen. Dafür arbeitet man mit dem Wurzelgeflecht der Pflanzen, dem sogenannten Myzel. Für die Verarbeitung wird diese Struktur gepresst, getrocknet und mit den unterschiedlichsten Farben und Mustern versehen. Das Material ist wasserabweisend, extrem reißfest und gleichzeitig sehr flexibel. Das Forschungsteam des Start-ups MycoWorks aus San Francisco hat für 2017 den Beginn einer Schuhproduktion angekündigt, langfristig soll aus der Lederalternative auch Baumaterial für Häuser und das Interieur von Autos und Raumfahrtschiffen hergestellt werden.
Lachsleder
Die Verarbeitung von Fischhäuten – etwa Lachs oder Barsch – gilt ebenfalls als ökologisch wertvoll, da sie ein Abfallprodukt der Lebensmittelindustrie sind und auf diesem Wege sinnvoll recycelt werden können. Das Hamburger Label Nine to Five bezieht sein Material von einer zertifizierten Bio-Lachsfarm in Südbayern. Aufgrund einer kreuzweise verlaufenden Faserstruktur gilt Lachsleder nicht nur als strapazierfähiger und reißfester als Kalbsleder, sondern auch als pflegeleichter.
Rhabarberleder
Im Unterschied zu den vorigen Lederalternativen bezieht sich diese Bezeichnung nicht auf die Materialherkunft, sondern lediglich auf das umweltschonende Gerben. Denn anders als bei normalen Verfahren wird hier völlig chrom- und schwermetallfrei und ohne krebserregende Giftstoffe gearbeitet, die bei der Produktion sonst nicht nur auf die Haut, sondern auch in Flüsse und Seen gelangen. Bei der pflanzlichen Haltbarmachung mithilfe von Rhabarber werden Stoffe aus der Wurzel verwendet, die das Leder besonders weich und langlebig machen. Die Berlinerin Anne-Christin Bansleben gilt als Erfinderin des Rhabarberleders. Jahrelang forschte die Wissenschaftlerin an einem ökologischen Verfahren, mittlerweile verkauft sie unter ihrem Label Deepmello eigene Produkte.
Olivenleder
Auch dieser Begriff bezeichnet Leder, das auf natürlichem Wege mit Olivenblattextrakt gegerbt wird. Das kürzlich patentierte Verfahren des deutschen Unternehmens Wet-Green will die weltweite Lederproduktion nachhaltiger gestalten, da bei diesem pflanzlichen Verfahren nicht nur auf Giftstoffe verzichtet, sondern auch mit einem Rohstoff gearbeitet wird, der andernfalls verbrannt würde. Was durch eine Weiterverarbeitung zum Klimaschutz beitragen soll. Das Frankfurter Label Early etwa hat diesem extrem weichen Leder nun eine eigene Produktlinie gewidmet.
(Fotos Header: Early, Deepmello, MycoWorks)
7 Antworten auf „Ananasleder & Co: Das sind die Lederalternativen der Zukunft“
Super interessant, was es mittlerweile für Möglichkeiten gibt 🙂 Ich freue mich total über die Entwicklung und hoffe es wird sich durchsetzen.
Super Artikel! Danke dafür!!
Aber wo sind denn die schönen Coats die im Bild unter der Artikelunterschrift abgebildet sind? 🙂
guter artikel, super interessantes und wichtiges thema, toll geschrieben.
ich mag die note und die tiefe, die du hier einbringst:
ein grosses herz fuer recherchearbeit und information,
schoene und interessante aufarbeitung,
und sowieso fuer slow, fair and sustainable fashion und DIY
<3
Oh wow, das ist ja lieb! Vielen Dank, es freut mich riesig, dass dir das Thema so gut gefallen hat <3
wie wunderbar, und ganz lieben Dank ??
Wir hatten in Frankfurt gerade vom Museum Angewandte Kunst ein 3.tägiges Modefestival zum Thema, was mir u.a. gezeigt hat wie wichtig Modeblogger als Multiplikatoren sind, der Hinweis auf Labels und dass es bei dem Thema keine einfachen Antworten gibt. Freu mich also; dass ihr das aufgreift…LG Sabina