Die Marken aus dem neuen nachhaltigen Luxusmode-Onlineshop Almasanta kennen wir schon lange, aber keines der Labels brüstet sich ausschliesslich mit dem ökologisch korrekten Entstehungsprozess. Wahrscheinlich, weil es heutzutage eigentlich selbstverständlich sein sollte – oder?
Schön wäre es, aber das Image nachhaltiger Mode wandelt sich nur im Schneckentempo. Umso nachvollziehbarer, dass es einen weiteren Onlinestore wie eben Almasanta auf dieser Welt braucht.
Denn Almasanta (alma steht für soul, santa für holy) hat sich als Ziel gesetzt, die Konsumenten eines Besseren zu belehren: High-End-Mode und soziales ökologisches Bewusstsein passen sehr wohl zusammen. Und das sieht auch unheimlich gut aus, wie das aktuelle Lookbook beweist. Die sommerlichen Brands wie Re/Done, Marysia Swim, Lemlem oder Faithfull stehen ganz oben auf meiner Einkaufsliste, und zwar nicht zuletzt dank Claudia Magrina, die zusammen mit Mercedes Escobar vor einem Jahr das digitale Green-Fashion-Paradies gegründet hat.
Warum wir das Thema Nachhaltigkeit allzu gerne von uns schieben und wie wir das in Zukunft ändern können? Darüber haben wir uns vorige Woche eingehend in Berlin unterhalten.
Warum hast du dich vor einem Jahr dazu entschieden, zusammen mit Mercedes einen Onlineshop für nachhaltige Mode zu gründen?
Das war keine Entscheidung, die von heute auf morgen kam. Den Trend für biologisches Essen, einen gesunden Lebensstil und Yoga und Pilates gibt es schon länger, aber die Leute schließen diesen ökologischen Zirkel nicht vollständig ab. Sie essen biologisch, sie gehen ständig zum Sport. Dabei ist Mode doch der einfachste Weg, seine Persönlichkeit auszudrücken. Aber das Thema Green Fashion schreckt viele eben noch ab. Und dieses Problem haben wir gesehen und gedacht: Das müssen wir schnell ändern!
Kannst du das Konzept des Onlineshops in drei Wörtern beschreiben?
Qualität, Modebewusstsein, Nachhaltigkeit.
Modebewusstsein, stimmt! Als ich in euer Marken-Portfolio geschaut habe, war ich überrascht. Ich wusste zum Beispiel gar nicht, dass Re/Done nachhaltig produziert...
Genau das meine ich. Re/Done ist eine großartige Marke, sie produzieren sehr ökologisch, in dem sie den Verbrauch von Wasser reduzieren und alles in den USA produzieren. Und ich sage dir, jede Jeans ist ein Unikat: Sie sammeln alte Levi’s, nehmen sie auseinander, wenden ein besonderes Verfahren an, das den Stoff extrem weich und strapazierfähig macht und nähen sie dann wieder zusammen. Du kannst 15 Stück anprobieren – jede wird anders ausfallen und aussehen.
Aber das klingt doch eher nach einem großen Problem für einen Onlineshop, oder?
Ja, das ist ein Problem. Die Re/Done Jeans haben zwar eine Standard-Größe und Passform, aber sie haben zum Beispiel sehr schmale Beine. Wenn man dort etwas kräftiger ist, muss man mehr probieren. Am Besten bestellt man also gleich mehrere Größen. Der Rückversand ist schließlich gratis.
Das führt mich direkt zur nächsten Frage: Wie bleibt man in Sachen Logistik nachhaltig?
Ein Thema, das man nicht vernachlässigen darf. Natürlich wollen wir den Kunden das angenehmste Shopping-Erlebnis vermitteln, dazu gehört nun mal eine schnelle und günstige Versandoption. Dafür arbeiten wir mit zwei Partnern zusammen: UPS und DHL. Aber wir haben uns für die „Carbon Footprint Initiative“ entschieden. Das kostet uns zwar etwas mehr, aber das ist es wert, schließlich nimmt man so weniger negativen Einfluss auf die Umwelt.
Trendorientierte Green Fashion – wie geht das zusammen?
Oft denken die Leute ja, dass Green Fashion nicht sexy sein kann. Das war auch einer der Gründe, warum wir Almasanta gegründet haben, weil dieses Vorurteil einfach geändert werden muss. Denn es stimmt nicht und auf dem Markt ändert sich gerade einiges. Mittlerweile müssen auch nachhaltige Labels bei den Trends mithalten, um weiter vorne mit dabei zu sein. Und das ist eine der Aufgaben, die wir haben: Die besten Brands zu finden. Auch wenn diese nicht immer kommunizieren, dass sie ökologisch produzieren.
Woran liegt das? Haben die Labels Angst, ihren Coolness-Faktor einzubüßen?
Bei Re/Done denke ich, gehört das zum Beispiel ganz klar zur Markenstrategie, so wie bei vielen. Sie wollen sich erst einmal in der Modebranche positionieren und wenn Eco-Fashion dann richtig boomt, fangen sie an auch diesen Aspekt zu kommunizieren.
Schade. Weil ich, nachdem du mir die Herstellungsweise erklärt hast, jetzt eher gewillt bin, mehr Geld für so eine Jeans auszugeben...
Ja, genau das ist das Problem, das wir oft haben. Die Leute klicken kurz in den Onlineshop und sagen dann zu mir: „Aber Claudia, die Sachen sind wirklich teuer.“ Aber gleichzeitig wollen wir ein Produkt, das in Europa gefertigt ist mit allen fairen Arbeitsbedingungen und Regulierungen, am besten ökologisches Material. Das ist nicht günstig. Ein T-Shirt für fünf Euro ist nicht okay und das muss man dem Konsumenten beibringen.
Und wie wollt ihr das schaffen? Mit eurem dazugehörigen Blog, auf dem ihr Artikel wie Reisetipps und Trendberichte veröffentlicht?
Ja, zum Beispiel mit dem Blog. Es reicht nicht mehr, nur einen Onlineshop zu haben, man muss eine kleine Welt kreieren. Und damit erzieht man den Kunden am besten. Aber das ist nicht nur eine Aufgabe für uns, sondern auch für die Brands, die Medien und die Regierung – denn je öfter man über etwas liest oder hört, desto eher wird es ein Trend.
Wie könnt ihr wirklich sicherstellen, dass die Arbeitsbedingungen in den Fabriken auch euren Ansprüchen genügen?
Im Moment schaffen wir es noch nicht, selbst in die Fabriken zu reisen. Dafür gibt es uns erst ein Jahr und wir haben schon 60 Brands, die wir bei Almasanta verkaufen. Aber wir sichern uns ab, dass in allen Fabriken die Konditionen stimmen, wir achten sehr auf Transparenz. Bevor wir eine Marke unter Vertrag nehmen, fragen wir eine Menge Zertifikate an und jeder unserer Lieferanten muss einen Anti-Korruptionsvertrag unterschreiben.
Und wie integrierst du Nachhaltigkeit selbst in deinen Alltag? Der erste Schritt ist bekanntlich ja immer der schwerste, oder?
Man muss klein anfangen. Wenn man seine ganze Garderobe von Null auf Hundert neu und nachhaltig kaufen will, kostet das ein Vermögen. Ich esse zum Beispiel sehr gesund und fahre viel mit dem Fahrrad, das sind die ersten kleinen Schritte. Und natürlich einfach ausgewählter kaufen und nicht mehr so viel.
Das ist ein guter Tipp: Langsam beginnen und dann immer konsequenter werden.
Wir sind eine Use-and-throw-Generation. Natürlich fällt es uns schwer, weniger zu konsumieren. Und wir versuchen wirklich nur Produkte zu haben, die man auch mehrere Saisons tragen kann. Einen Cashmere-Pullover aus der Mongolei etwa: den kann man vom Schnitt her ewig tragen und der ökologische Fußabdruck wird mit Jahr zu Jahr kleiner. Daneben kann man dann noch Sachen kaufen, die den aktuellen Trends entsprechen.
Gerade in Zeiten von Fast Fashion ist das ein guter Tipp.
Und so hat man auch noch einmal die Chance, individueller zu werden. Gerade bei uns in Barcelona fällt mir das immer wieder auf, denn wir sind das Land von Zara. Bei uns sehen alle gleich aus, tragen dasselbe T-Shirt oder Kleid.
Hast du eine Green-Fashion-Modeikone?
Gwynelth Paltrow. Sie hat vor Jahren schon den Nachhaltigkeits- und Gesundheitstrend erkannt und ist früh auf den Zug aufgesprungen. Ehrlich gesagt kenne ich nicht viele, die sich so konsequent mit dem Thema beschäftigen. Die ersten Blogger fangen jetzt an, sich damit mehr zu beschäftigen.
Mit den ganzen Fast Fashion Brands habt ihr natürlich harte Konkurrenz, was das angeht.
Ja, viele Fast-Fashion-Ketten bringen elf Kollektionen im Jahr raus. Elf?! Natürlich versuchen wir mit unserem 5-köpfigen Team in Barcelona da mitzuhalten, deswegen sind wir auch alle sehr jung. Wir überlegen uns jede Woche neue Strategien.
Bei Zara kommen jeden Tag neue Teile in den Onlineshop. Wie haltet ihr eure Kunden da interessiert und motiviert?
Naja, mit 60 Brands haben wir ein großes Angebot und wir launchen zwei bis drei Produkte pro Woche. So machen wir es momentan, aber ja, das ist für einen kleinen Onlineshop auf jeden Fall eine Herausforderung. Das liegt aber auch am Konsum-Druck der Medien, weil jeder mittlerweile in den Netzwerken ein Mikro-Celebrity ist, der seine Follower beeinflussen kann. Da müssen wir die Art des Konsums einfach überdenken. Weniger ist mehr.
Wie sieht die Zukunft von Almasanta und Green Fashion aus?
Wir denken viel über den stationären Handel nach. Das wäre ein logischer und ökologischer Schritt, da dann ein Großteil der Logistik wegfällt. Und manchmal muss der Kunde die Kleidung auch einfach sehen, fühlen und tasten können. Momentan probieren wir uns auf diesem Gebiet mit Pop-ups aus, im Mai kommt auch einer nach Berlin! (Anm. d. Redaktion: Der Pop-up Shop findet vom 11. bis 13. Mai in der Auguststrasse 22 statt.)
Wow, das klingt toll, wir sind gespannt! Vielen Dank für das Interview, liebe Claudia.
Foto Header: Links: Mercedes Escoda, rechts: Claudia Magrina
2 Antworten auf „High End Green Fashion? Und ob! Das Interview mit Claudia vom nachhaltigen Onlineshop Almasanta“
Das klingt sehr gut!
Ich werde mir direkt mal die Wickelkleider anschauen…
Danke für den interessanten Artikel und ausdrücklich auch an Marie für die gut ausgewählten Interview-Fragen! Den Online-Shop werde ich mir auch mal ansehen, mir macht es mittlerweile auch viel mehr Freude, auf gut ausgewählte Stücke zu sparen als (mehr oder weniger) blind billige Teile zu kaufen.