Karriere-Interview mit Sue Giers – PR-Chefin von Closed und Inhaberin der Hamburger Boutique Linette

Ein Interview mit Sue Giers stand schon lange auf meiner Liste. Nicht nur, weil sie in ihrer Funktion als PR-Chefin dafür gesorgt hat, dass Closed ein Comeback erlebte und seitdem sämtliche Hollywoodstars und Topmodels regelmäßig in den Jeans der deutschen Modemarke gesichtet werden. Für mich ist Sue Giers selbst eine Stil-Ikone und gibt auf Facebook

Ein Interview mit Sue Giers stand schon lange auf meiner Liste. Nicht nur, weil sie in ihrer Funktion als PR-Chefin dafür gesorgt hat, dass Closed ein Comeback erlebte und seitdem sämtliche Hollywoodstars und Topmodels regelmäßig in den Jeans der deutschen Modemarke gesichtet werden.

Für mich ist Sue Giers selbst eine Stil-Ikone und gibt auf Facebook und instagram die Möglichkeit, hinter die Kulissen ihres aufregenden Lebens als dreifache Mutter und Geschäftsführerin der Hamburger Boutique Linette (Labels: Isabel Marant, Chloe, Miu Miu – you name it) Das ist sie nämlich auch noch! Höchste Zeit also, für Journelles im Rahmen eines Karriere-Interviews mal nach zu horchen, wie sie das alles wuppt.

Dein Traumberuf zu Abi-Zeiten war..?

Journalistin!

Interessant, du bist nämlich erst über Umwege in die Modebranche gekommen. Früher warst du Fernsehreporterin bei ProSieben, mit Schwerpunkt auf Promi-Interviews. Wie kamst du zu diesem Job?

Durch ein Volontariat. Ich kam im richtigen Augenblick zur richtigen Firma. Das damalige Team war gerade dabei eine Filmredaktion aufzubauen – ich kam frisch aus Amerika wieder, konnte sehr gut Englisch und wurde dann gleich ins kalte Wasser geschmissen.

Sue Giers (Foto: Michael Mann)

Gibt es eine Begegnung, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Mein erstes Interview mit Clint Eastwood werde ich nie vergessen. Es zeigte mir sofort, wie unterschiedlich Erwartungen und Realität sein können: Tag und Nacht habe ich alle Western, in denen er mitspielte, geschaut, um ihm dann im Cowboyoutfit top vorbereitet die richtigen Fragen zu stellen. Er aber kam mir im Grandpa-Outfit von Trigema entgegen und wollte lieber über seine neue Aufgabe als Bürgermeister (Anm.d.Red.: Clint Eastwood war von 1986 bis 1988 war Bürgermeister der kalifornischen Kleinstadt Carmel) sprechen. Auch die Begegnung mit dem Regisseur Lars von Trier bei den Filmfestspielen in Cannes ist immer wie der Griff in eine Pralinenschachtel – man weiß nie, was man bekommt…

Toll ist es, wenn man sich näher kennenlernen kann, wie den Schauspieler Kenneth Branagh in Venedig. Das Interview lief so toll, dass wir anschließend noch mit seinem Filmteam von „In the Bleak Midwinter“ den Abend verbracht haben. Ich habe in dieser Zeit sehr viel gelernt, u.a. flexibel zu arbeiten. Auch Druck und Deadlines einzuhalten war danach kein Problem mehr!

Inwieweit haben dir deine Medien-Erfahrungen bei deinen späteren Job als PR-Chefin einer Modemarke noch geholfen?

Ich kann mir gut Themen ausdenken und um die Mode herum eine Geschichte erzählen. Es ist, als kreiere man zu Kollektionen eine passende Welt und umgekehrt.

Heute bist du PR-Chefin von Closed und „nebenbei“ Inhaberin der Hamburger Boutique Linette, die bereits seit 1963 besteht und die du von deiner Schwiegermutter übernommen hast. Man könnte denken, PR-Chefin von einem international bekannten Label ist Aufgabe genug – warum kam es zu dem Entschluss auch die Boutique zu übernehmen?

Die Frage, ob ich Linette übernehmen möchte, stellte sich nicht. Meine Schwiegermutter musste aus familiären Gründen das Unternehmen verlassen. Ich habe die Herausforderung zwangsweise angenommen und bin ins kalte Wasser gesprungen. Obwohl der Schuh anfangs nicht passte, konnte ich auf ein tolles Team und eine gute Struktur zurückgreifen. Das hat mir sehr geholfen und so gewöhnte ich mich schnell an die Abläufe und das Arbeitsvolumen.

In wie weit unterscheidet sich Linette von den anderen Läden in Hamburg?

Linette ist der erste Multibrand-Store seiner Art in Hamburg. Es verbirgt sich viel Tradition dahinter und ist ein Sprungbrett für internationale Luxuslabels. Meine Aufgabe ist es, dem Stil treu zu bleiben und gleichzeitig vorsichtig zu modernisieren. Wir haben die Shops neu gestaltet und arbeiten kontinuierlich an dem Sortiment. Die Linette Kundin möchte gern sportlich-modisch gekleidet sein ohne aber „lauter“ rüberzukommen, als es ihre Persönlichkeit erlaubt! Es ist eine Herausforderung, nicht jedes Jahr dieselben Sachen zu machen, sondern auf Veränderungen zu reagieren. Durch die Überinformation des Internets sind Frauen oft überfordert. Wir bieten ihnen Guidelines, nur das in den Kleiderschrank zu nehmen, was ihnen auch wirklich steht.

Best of Sue Giers & Linette (Fotos: Facebook)

Du bist viel unterwegs und vertrittst damit die deutsche Modeszene im Ausland: Wie wirst du wahrgenommen und wie denken die Leute auf Deutschland, das Modeland?

Deutschland hat eine hohe wirtschaftliche Stabilität; viele Labels drängen jetzt in unseren Markt. Das hohe Interesse gilt also nicht direkt meiner Person, sondern an mir als potenzielle Käuferin.

PR für ein großes Label machen und eine angesagte Boutique schmeißen – ganz ehrlich: Wie bekommst du beide Aufgaben unter einem Hut?

Für Linette reise ich sehr viel. So verschaffe ich mir einen guten Überblick über Trends, Verkäuflichkeit und Qualitäten. Ich habe ständig den Vergleich zu unserem eigenen Label und kann unsere Kollektion sehr gut in den Markt einordnen. Durch die Kombination meiner Jobs habe ich gelernt, mich nochmal straffer zu organisieren und nur durch ein tolles Team ist beides zu bewerkstelligen.

Du bist dafür verantwortlich, dass Closed heute wieder ein angesagtes Label ist. Eine kurze Zusammenfassung, bitte: Wie habt ihr das geschafft?

Mit viel Geduld und Liebe zum Detail. Wir haben unsere Wurzeln sehr genau hinterfragt, wollten herausfinden wer wir sind, haben uns nicht ablenken lassen und sind uns treu geblieben. Ich bekomme viele Komplimente für unsere tolle Qualität und unsere Preise sind bezahlbar. Die „Pedal Pusher“ war in den 80igern die erste Designer Jeans und die X-Pocket sind zu unserem Markenzeichen geworden. Wir sind schon alle ganz aufgeregt, wenn die modifizierte Version die „Skinny Pusher“ im Juni in die Läden kommt (Skinny, High rise, 7/8 Länge). Die Vorfreude ist immer wieder berauschend und ich finde es erstaunlich, wie schnell sich die Styles im Denim-Bereich immer wieder selbst überholen und die Suche nach der perfekten Jeans nie endet. Aber vielleicht bin ich auch Jeans-süchtig und sollte das mal untersuchen lassen… (lacht)

… Toni Garrn und Andreea Diaconu… (Fotos: Facebook)

Was bedeutet eigentlich „Mode-PR“? Wie würdest du deine Aufgaben einem Kind beschreiben?

Die Frage gefällt mir gut, da meine Kinder mich das tatsächlich sehr oft fragen. Ich erkläre ihnen dann, dass ich versuche das was Papi macht, für andere sichtbar zu machen. (Anm. d. Red: Sue ist mit Gordon Giers, einem der drei Geschäftsführer von Closed verheiratet)

Viele Frauen träumen davon, eine eigene Boutique zu eröffnen. Was wären deine drei Top-Tipps für alle zukünftigen Shop-Besitzer?

  1. Man muss sein Umfeld und seine Kunden sehr genau kennen und sich fragen, ob man eine Boutique eröffnet, weil man es immer wollte oder ob es darum, geht Kunden glücklich zu machen. Eine Boutique darf kein Egotrip sein.
  2. Der Glamourfaktor wird überschätzt. In die Shows zu gehen, ist die große Ausnahme – meistens muss ich absagen, weil ich parallel Ordertermine bei meinen Labels habe.
  3. Als Einkäufer sollte man sich zuerst einen Überblick über Mitbewerber und Marken verschaffen und ein klares Konzept für die Ausrichtung des Einkaufs haben. Ein Gespür für Budget ist Grundvoraussetzung.

Und auf was achtest du bei Bewerberinnen, die dich bei deiner Arbeit unterstützen wollen?

Ich achte sehr auf die Ausstrahlung und das fachliche Knowhow. Was weiß jemand über den Job, der er machen möchte? Wie hat er sich vorbereitet und schon im Vorfeld mit der Marke beschäftigt? Eine ordentliche Portion Leidenschaft und ein Coolnessfaktor setze ich voraus.

Best of Sue Giers & Linette (Fotos: Facebook)

In einem Interview hast du mal gesagt, dass du dich nur schwer Klamotten trennen kannst: Was sind deine 5 Lieblingsteile in deinem Kleiderschrank?

  1. Meine Closed Jeans „Sue „, die nach mir benannt wurde (Vintage Wash)
  2. Ein T-Shirt mit Hand- und Fußabdruck (ein Geschenk zum Muttertag)
  3. Ein selbstgestrickter Norweger von meiner Omi
  4. Ein Paul Smith Smoking – gekauft von meinem ersten Gehalt.
  5. Mein Burberry Trench.

Dein Lieblingstrend für diesen Sommer?

Sporty Look, gerne auch mit perforiertem Leder, China Bomber Jacken (je nach Budget von Saint Laurent oder Closed) und meine „Love and Life Surf“- Sneaker von Céline.

Wie sieht dein typischer Look für jeden Tag aus?

Jeans, Sneaker & oversized Pullover oder Boyfriend Blazer.

Und welcher Klassiker steht auf deiner Wunschliste?

Hmm, ich bin nicht so der klassische Typ!

Wer oder was hat dich in Sachen Mode besonders geprägt?

Vielleicht mein erster Beruf bei ProSieben als Filmredakteurin? Ich gehe jedoch auch immer mit offenen Augen durch die Welt und beobachte gerne Menschen, wie sich in Form von Kleidung ausdrücken und bewegen. Als Teenager habe ich Jeans mit selbstgezimmerten Leder-Patches, knallige Lacoste-Hemden und auch gerne auch mal ein Stirnband dazu getragen. (lacht)

Ich folge dir seit einiger Zeit auf Instagram und bin immer wieder von deinen Looks begeistert. Wessen Bilder schaust du dir gerne an?

Ich lasse mich aus vielen verschiedenen Bereichen und von vielen verschiedenen Persönlichkeiten inspirieren – von Sarah Jessica Parker (sie ist Closed Fan) bis zu meiner Tochter Emily. Ich folge außerdem u.a. Toni Garrn, Dries van Noten, Maison Michel, Rita Ora, Luludepew, Maison Kitsune, Coco Rocha, Refinery29, Man Repeller, Virgil Abloh, Eye Swoon uvm.

Letzte Frage: Welcher Moment in deiner Karriere hat dich besonders stolz gemacht?

Auch wenn das sehr kitschig klingt, ist es für mich nach wie vor die größte Herausforderung, zwei Jobs und drei Kinder unter einen Hut zu bekommen. Es ist sehr wichtig, alle Bereiche klar zu trennen und es kostet mich viel Kraft, meine Kinder aus dieser Welt vorerst noch raus zu halten und ihnen die richtigen Werte zu vermitteln. Ich lebe für den Moment und es macht mich sehr stolz, wie gut mein Alltag klappt. Das alles zu schaffen ist ein sehr schönes Gefühl.

 

Von Alexa

Ich liebe schreiben, bloggen und schöne Dinge zu entwerfen, also mache ich all das.

Als Journalistin habe ich für Magazine und Zeitungen wie Business Punk, Fräulein, Gala, FTD/how to spend it, Instyle, Lufthansa Magazin, Stern, Tagesspiegel, Vanity Fair und zitty gearbeitet. Meine Online-Erfahrungen habe ich u.a. Stylebook und styleproofed gesammelt. Mein Blog heißt Alexa Peng, mein Schmuck-Label vonhey. Ich komme aus dem Rheinland und bin in einem Dorf am Waldesrand aufgewachsen, wo nur einmal in der Stunde ein Bus fuhr. Da muss man sich was einfallen lassen, um sich nicht zu langweilen. Meine Tante hatte in der Stadt eine Boutique und einen Schrank voller Kleider, Schuhe und Taschen, mit denen wir Kinder verkleiden spielen durften. Wir haben Modenschauen im Hobbykeller veranstaltet und die ganze Nachbarschaft eingeladen. Dass ich mal was mit Mode machen würde, war also klar. Nach dem Abi habe ich an der AMD in Hamburg Mode-Journalismus studiert und später an der UdK in Berlin einen Master of Arts in Kulturjournalismus gemacht. In Zukunft will ich mein Label weiteraufbauen, die Welt sehen und gute Geschichten schreiben.

(Foto: Sandra Semburg)

Kommentare (8) anzeigen

8 Antworten auf „Karriere-Interview mit Sue Giers – PR-Chefin von Closed und Inhaberin der Hamburger Boutique Linette“

Sehr schönes Interview! Interessante Fragen und spannende Antworten, da macht das Lesen Freude!

Hi, @AlexavonHeyden:disqus Danke für den Tipp, ich habe schon gegoogelt, aber leider nichts gefunden ;(

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.