Die Antwort von H&M auf das Dandy Diary Video

Nachdem ich heute Morgen das Interview mit Jakob von Dandy Diary zum „Fair Trade Video“ mit eindeutigen Anschuldigungen gegenüber H&M veröffentlicht habe, ging quasi zeitgleich meine Anfrage an H&M und die Pressesprecherin Swetlana Ernst raus – mit der Bitte, Stellung dazu zu nehmen. Denn so viel Platz wie wir dem Video eingeräumt haben, so viel Platz sollte

Nachdem ich heute Morgen das Interview mit Jakob von Dandy Diary zum „Fair Trade Video“ mit eindeutigen Anschuldigungen gegenüber H&M veröffentlicht habe, ging quasi zeitgleich meine Anfrage an H&M und die Pressesprecherin Swetlana Ernst raus – mit der Bitte, Stellung dazu zu nehmen. Denn so viel Platz wie wir dem Video eingeräumt haben, so viel Platz sollte auch die andere Seite bekommen.

In diesen Minuten ging nun die offizielle Pressemitteilung des Unternehmens raus:

Gegen das heute veröffentlichte Video von Dandy Diary geht H&M juristisch vor. Die nach eigenen Angaben der Autoren in Indien aufgenommenen Videoaufnahmen zeigen nicht die Produktion von Teilen der Alexander Wang x HM Kollektion. Diese Kollektion wurde nicht in Indien produziert. Zudem duldet H&M ausweislich seines im Internet
abrufbaren Verhaltenskodex
ausdrücklich keine Kinderarbeit und bezieht sich dabei auf die UNO-Konvention über die Rechte des Kindes und die Konventionen 138 und 182 der ILO (International Labour Organization).

Alle unsere Lieferanten verpflichten sich mit ihrer Unterschrift, den Verhaltenskodex von H&M zu befolgen. Unter anderem bedeutet dies, der Forderung von H&M nachzukommen, unter keinen Umständen Kinderarbeit einzusetzen. Unsere H&M Auditoren führen regelmäßige Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass keine Kinder in den Fabriken der Lieferanten arbeiten.

Schnelle Schadensbegrenzung, die in diesen Augenblicken noch vieles unbeantwortet lässt – weil die juristische Abteilung hinter den Kulissen vermutlich ordentlich ackert, um das Gegenteil zu beweisen. Schliesslich steht derzeit Aussage gegen Aussage.

Würden Dandy Diary für einen derartigen PR-Coup wirklich ein gefaktes Video produzieren und sich damit mit einem der grössten Textilunternehmen der Welt anlegen? Jetzt haben sie eine Unterlassungsklage an den Hacken, das Video wurde aber noch nicht runter genommen.

(Dieser Beitrag wird im Laufe der nächsten Stunde noch weiter aktualisiert, weitere Gedanken und Konsequenzen zum dem Thema nehmen wir hier kommende Woche auf.)

Von Jessie

Ich bin Jessie Weiß, 32 Jahre jung, lebe verheiratet in Berlin, bin Mama von Levi (1), schwanger mit dem zweiten Kind sowie Gründerin von Journelles. Ich liebe Phoebe Philo, Stella McCartney und Isabel Marant, kann aus anatomischen Gründen nicht auf hohen Schuhen laufen, habe einen Céline-Taschentick, tanze und höre leidenschaftlich gern Hip Hop, kann mir selten Ironie verkneifen, leider immer noch kein Französisch sprechen, obwohl ich Paris für die schönste Modestadt der Welt halte, gucke am liebsten Jimmy Fallon, Jan Böhmermann, Game of Thrones oder entspanne beim Serienmarathon auf Netflix, bin ein kleiner Workaholic mit Multitaskingtalent, professionelle Instagram-Durchscrollerin, in jeder Lebenslage tollpatschig, habe ein Faible für skandinavisches Interior und einen Kissen-Tick, bin groß im Wellness machen und wäre daher noch lieber professionelle Hoteltesterin. Mode ist meine grosse Liebe, aber meine Kohle investiere ich eher in Reisen und Essen – und neuerdings fast ausschliesslich in mein Kind.

Als alter Bloghase – 2007 habe ich LesMads mitbegründet – ging im Oktober 2012 mein persönlicher Traum in Erfüllung: Ich habe mich mit "Journelles" selbstständig gemacht. Das Blogazine ist mein digitales Zuhause, News-Plattform, Modetagebuch und tägliche Anlaufstelle für spannenden Content rund um die Themengebiete Interior, Reisen, Beauty und sowohl High Fashion als auch Contemporary Labels und Highstreetmode.

Nebenbei habe ich die Modesendung It's Fashion auf EinsPlus von der ARD moderiert, berate Firmen im Social-Media-Bereich, halte Vorträge und reise um die Welt, um euch täglich den schönsten Content zu präsentieren. Im Juni 2015 habe ich mein eigenes Modelabel JOUUR. gegründet.

2016 ist mein Sohn Levi auf die Welt gekommen. Baby-Themen werden seither auf Mini Journelles behandelt und das nun auch wieder intensiver, da unser zweites Kind unterwegs ist.

Journelles ist inzwischen gewachsen: Wir sind ein sechsköpfiges Redaktionsteam im Berliner Prenzlauer Berg und haben im Sommer 2018 unseren ersten temporären Concept-Store, den Journelles Marché, eröffnet.

Mein Credo: Mode muss Spaß machen, auf Augenhöhe funktionieren und sollte sich nicht so ernst nehmen.

Mehr über mich findet ihr im Presse-Bereich, auf Instagram und ab und an auf YouTube. Subscribe!

Aktuelles Presse-Feature:

VOGUE.DE: "Influencer im Portrait: Jessica Weiß - Alles, nur kein Stillstand"

Kommentare (28) anzeigen

28 Antworten auf „Die Antwort von H&M auf das Dandy Diary Video“

Ich weiss nicht, handelt es sich tatsächlich um Aussage gegen Aussage? In dem Interview, das du geführt hast, will Jakob ja explizit nicht sagen, für welche Firmen in diesen Fabriken produziert wird und ich fand das übrigens super, dass du trotzdem so hartnäckig nachgefragt hast. Als ich dann das Video angeschaut habe, sprang mir wiederum sofort das entsprechenden Logo ins Auge. Hm, auf jeden Fall sehr schwierig zu beurteilen das Ganze.

“Verhaltenskodex an den sich die Lieferanten halten” – ich lach mich schlapp! Für wie naiv halten die uns?
Und wenn H&M nicht in Indien ausbeutet, dann eben woanders. Das Video steht für mich für (fast) alle dieser Unternehmen. Die sind doch sonst gar nicht wettbewerbsfähig.
Mad World.

Also, dass es sich hierbei um einen Fake handelt, ist meiner Meinung nach mehr als offensichtlich. Umso mehr, wenn man das Interview mit Jakob liesst. Es ist demnach ja explizit keine Reportage, sondern ein „Alternative Advertising“. Und warum sollte er nicht sagen können, dass H&M dort produziert, um Quellen zu schuetzen, wenn die Aufnahmen doch genau das zeigen. Bei aller Kritik, die man sicherlich an Arbeitsbedingungen haben kann – Kinderarbeit ist sicherlich heute nicht mehr das Problem bei den Grossen Ketten. Es laesst sich verhaeltnismaessig leicht kontrollieren und der Schaden ist einfach zu gross. Ueberstunden und faire Löhne sind deutlich komplexer und sicherlich das drängendere Problem. In diesem Sinne ist Jakob hier sicherlich eine Kampagne gelungen, die im rechten Moment zum Nachdenken anregen und sicherlich auch schockieren soll. Mit ueberspitzten Bildern, aber sicherlich nicht der Realität.

Hast du richtig gut gesagt! Man weiß nie, wer die Wahrheit sagt. Es gibt immer Miseren überall auf der Welt aber es ist schwierig, dies zu bekämpfen und zu verhindern.

Man muss auch bedenken, dass genau in dieser Zeit die Kollektion rauskommt und die nun so ein Video herausbringen, die als Gegenpropaganda genutzt wird. Allerdings könnte das auch als Werbung für DandyDiary sein.

Es stimmt auch, dass es schwierig ist, alles zu recherchieren, damit man faire Kleidung kauft. Es wird oft über Miseren berichtet aber dennoch passiert nichts…

Egal, wie es ausgeht, es ist immer wieder gut, dass solche Themen diskutiert werden.
Ich finde aber auch, dass (online) realistische Formate zum Thema Mode fehlen. Kaum jemand kann sich die Flut an Designerteilen, die auf diesem und anderen Blogs gezeigt werden, wirklich leisten.
Fängt das Problem nicht genau hier an? Ich sehe Jessie (oder Bloggerin XY) mit diesem schicken Schal und der tollen Céline-Tasche, allerdings machen beide Stücke ungefähr mein Monatsgehalt aus – also gehe ich zu H&M, Zara, COS und Co. und hole mir dort ähnliche Teile zu einem geringeren Preis, um weiter bei den (ständig wechselnden) Trends mitzuhalten…

Wieso muss man denn mithalten? Was veranlasst Dich denn dazu, mithalten zu müssen. Das wäre doch mal die spannendere Frage.

die echten Labels in der Kollektion sind uebrigens schwarz und nicht weiss, aber dann hätte man es in dem Film ja nicht so gut sehen können..;)

Vermutlich ists dann juristisch nicht so leicht gegen den weißen Hintergrund vorzugehen. Schlaue Jungs!

oh ich habe den Satz abgeschnitten. Wollte sagen, dass diese Tatsache doch wohl alles zeigt. Und die Sache mit den Auditoren kenne ich persönlich zur Genüge. Genau an dem Tag ist alles rein für das Audit und am nächsten Tag läuft es wie es sonst eigentlich üblich ist, nämlich nicht sauber.

das es ein Fake ist, war doch offensichtlich. Die Jungen wirken wie kleine Schauspieler… trotzdem gut, dass man zum Nachdenken angeregt wird. Ob wir unser Kaufverhalten ändern, kann nur jeder leise, für sich selbst beantworten 😉 Auf deinen USA Reise – Fotos, sprang mir sofort die hellblaue Bluse mit den Trompetenärmeln ins Auge, natürlich H&M, die wollte ich dann auch…

hey jessie,
ich find in diesem fall bist du ein bisschen zu objektiv. wäre cool, wenn du selbst mal stellung dazu beziehen würdest u nicht nur infos importieren. mir fehlt da einfach herzblut. lässt dich die sache mit den arbeitsbedingungen wirklich so kalt oder tust du nur so?
du trägst finde ich ’ne große verantwortung gegenüber deinen lesern.

liebe grüße,
iris

Findest du? Ich denke, man muss da erst mal viele Infos sammeln, sacken lassen und nachdenken. Wie schon im Artikel steht, kommt da noch was zu.

[…] seit heute vormittag zieht ein alternatives werbe-video, produziert von den dandy diary-jungs, seine kreise im internet. beworben wird die WANG x H&M-kollektion, die seit heute in den läden ist. prinzipiell eine gute idee, mithilfe eines spots pünktlich zum kollektionslaunch auf die teils prekären arbeitsbedingungen bei konzernen wie H&M und co. hinzuweisen. aber: muss das mithilfe eines gefakten videos geschehen? im interview mit journelles wird klar: alle szenen im video sind nachgestellt. beweis dafür sind auch die weißen etiketten, die die kinder im clip nähen – zum einsatz kommen in der gesamten kollektion nämlich schwarze etiketten. H&M reagierte am späten nachmittag dann mit der androhung rechtlicher konsequenzen. […]

Ganz ehrlich haben die Jungs von DD dem Schweden doch schon fast einen Gefallen getan. Jetzt redet man zumindest über die Kollektion. Der sonstige Designer-Kollab-Hype blieb doch total aus, die Kollektion schaffte es auf kaum ein Blog. Und alle Blogger (oder zumindest die, die ich verfolge) haben sich nur negativ/gelangweilt über die Kollektion geäußert.
In diesem Sinne „es gibt keine schlechte Werbung“…

Dieses ständige Abgeben von Verantwortung durch die großen Unternehmen an ihre Lieferanten (bei gleichzeitig größtem Druck möglichst schnell und billig zu liefern) und der gebetsmühlenartig wiederholte Verweis in solchen Statements auf irgendwelche Kodexe ist echt, tschuldigung, zum Kotzen. Dahinter steckt „Die anderen sollen sich ändern, nicht wir“.

Ich finde es gut, dass das Thema Kinderarbeit und Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern auf den Plan kommt. Aber dass es sich bei dem Video nicht um investigativen Journalismus handelt, ist wohl offensichtlich. Nachweise, Belege, dass es sich tatsächlich um Alexander Wang-Kollektion für H&M handelt (ist das das echte Etikett?), gibt es nicht und will der Macher bewusst nicht vorlegen. Da will jemand aufrütteln, und er nutzt eine weltweit beachtete Kollektion und einen Global Player, um Gehör zu finden. Eine geschickte Öffentlichkeitsstrategie, und zwar mit ehrbarem Ziel, ohne Zweifel. Ich würde auch nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass der Verhaltenskodex von H&M Wirkung zeigt und sie tatsächlich nur unter menschenwürdigen Bedingungen und von Erwachsenen produzieren lassen. Aber dennoch: Das ist kein sauberer, vertrauenswürdiger Journalismus, sondern Polemik. Wer dem Unternehmen grundlos schaden wollte, würde es genau so machen: Einfach irgendetwas behaupten und mit (gestellten?) Bildern versehen und sich nachher auf Informantenschutz berufen. Die öffentliche Diskussion heizt das VIdeo an, aber wäre es nicht besser, die Öffentlichkeit würde über Fakten diskutieren als über „Alternative Advertising“?

Den Informanten-Schutz empfinde ich nicht als so negativ. Natürlich ist es in diesem Zusammenhang und den behaupteten Vorwürfen besonders verquer – man sollte aber nicht vergessen, dass ZDF und ARD sich in genau diesen Fällen und in dem gleichen Kontext eben auch auf diesen Informanten-Schutz berufen. In den wenigsten Reportagen erfährt man wo eine Fabrik steht UND wer der Verantwortliche ist. Oder man bekommt das Gesicht der Arbeit nicht zu sehen. Ganz transparent geht es nie. Am Ende eben um die Arbeitsplätze der dort arbeitenden Menschen zu sichern und damit einhergehend ihre Existenz. Aber das ist natürlich nur ein teil-Aspekt dieses Videos.

Es freut mich, daß eine klassische Modebloggerin wie Du so ein Video postet und sich dann zum Thema Arbeitsbedingungen bemüht. An den Reaktionen einiger Deiner LeserInnen ist nun die Irritation zu sehen. Die Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Faktor eines Kleidungsstücks- und eben Dein Blog postet normalerweise lieber Kleider. Auch von H&M. Und deine LeserInnen wollen diese dann auch haben. Und so etwas wie Arbeitsbedingungen oder ökologischer Fußabdruck fallen unter den Tisch. Ich würde sagen, daß somit auch Blogs wie diese zeigen, daß sie auf tönernen Füßen gebaut sind. Nur auf die schöne Optik- ohne die ganze Geschichte dahinter. Das sollte Euch allen zu wenig sein. Wie kommen wir Menschen hier in den reicheren Ländern dazu zu glauben, daß uns dies zusteht? Uns permanent um unsere Optik Gedanken zu machen, immer schön gekleidet zu sein, selbst dann zu shoppen, wenn wir die Teile nicht brauchen? Wegzuwerfen und wieder zu kaufen? Natürlich angeregt von Blogs wie diesen, die genau aus dieser Sucht Profit schlagen und perfekte Werbeplattformen für H&M und Co liefern. Es gibt zum Glück auch schon Blogs, die hier weiter denken und über Labels schreiben, die öko und fair produzieren. Seht mal hier rein, als Anfang. http://www.utopia.de/magazin/nachhaltige-mode-die-besten-blogs

Fakt ist auf alle Fälle, dass man T-Shirts für 5€ und Jeans für 20€ nicht produzieren lassen kann, ohne irgendjemanden (Kinder, Frauen, Männer aller Farben) oder irgendetwas (zB. Umwelt) auszubeuten! Wir sollten alle anfangen nicht mehr so unbewusst zu konsumieren. Übrigens lassen auch teure Marken billig produzieren, teuer heisst nicht gleich fair… Und ich möchte mich Frau Jona&Son anschließen, Jessie. Chapeau!!! *l

Ich finde es ja toll von den Dandy Diary Boys, dass sie auf Kinderarbeit aufmerksam machen, aber so wie das in dem Interview klingt, sind Ihnen die Kinder egal und sie wollten nur mal wieder Aufmerksamheit und provozieren. Ich finde das ist ein wichtiges Thema und wenn es Ihnen wichtig gewesen wäre, was die Kinder dort mitmachen, dann müssten Sie auch Ihre Quellen verraten und die Fabrik nennen, nur so kann den Kindern geholfen werdne. Klar, dann verlieren sie ihre Arbeit etc. und ich weiß, dass das keine pauschale Lösung ist, aber Dandy Diary versucht NUR zu provozieren und würden sogar diesen Streit mit H&M auf sich nehmen nur um in den Medien zu sein….

Ich habe vor einiger Zeit den H&M Firmen Check in der ARD gesehen. Die Journalisten, welche für die Reportage tätig waren sind ohne große Anstrengung auf für H&M arbeitende Kinder gestoßen.
H&M wurde mit dem belastenden Videomaterial konfrontiert.
Ein Marketingmanager anworte: „Wir halten uns an die gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Produktionslandes.“ (fand ich sehr zynisch und widerlich)
Schuld sind laut H&M die Subunternehmer.
Von Verantwortung keine Spur.

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Journelles ist das grösste unabhängige Mode-Blogazine in Deutschland und wurde 2012 von Jessie Weiß gegründet. Die 37-jährige Unternehmerin legte 2007 den Grundstein für die Modeblogosphäre mit dem Netz-Urgestein LesMads und arbeitet seither als Journalistin, Moderatorin und Kreativdirektorin.